Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Der Kampf ums Scheinwerf­erlicht

Neureuther, Dahlmeier, Wellinger: Die großen Namen verdienen großes Geld. In ihrem Schatten bangen aber viele Athleten um Sponsoren und ihre sportliche Zukunft

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München An den TV-Wochenende­n regieren wieder Winterspor­tler – von einer königliche­n Entlohnung sind die meisten Athleten auf Schnee und Eis aber weit entfernt. Neben Szenestars wie Biathletin Laura Dahlmeier, Andreas Wellinger im Skispringe­n oder dem Alpin-Routinier Felix Neureuther kann der überwiegen­de Großteil der Protagonis­ten nicht vom Sport allein leben. „Wegen dem, was man bei uns verdient, braucht man nicht Leistungss­portler werden“, sagt Snowboarde­rin Selina Jörg – daran habe auch ihr Olympia-Silber nichts geändert.

Der deutsche Winterspor­t ist finanziell eine Zweiklasse­ngesellsch­aft mit wenigen Topverdien­ern wie Dahlmeier, die Anfang 2018 in einem Interview bei ispo.com sagte: „Geld sollte nie die Motivation Nummer eins sein. Aber mit Biathlon lässt sich sicher gutes Geld verdienen.“Nicht weniger als 18 – teilweise namhafte – Sponsoren unter- die Biathletin, die es pro Winter auf mehrere Hunderttau­sende Euro Einnahmen bringt, zusammenge­setzt aus Preis- und Sponsoreng­eldern.

Auch andere können von ihrem Sport leben – weil dieser viel TVZeit bekommt und für Geldgeber interessan­t ist. Skirennfah­rer Neureuther ist seit Jahren das

Gesicht der Alpin-Sparte und deshalb über etliche Sponsorenv­erträge auch finanziell abgesicher­t. Skispringe­r Wellinger erhielt am Sonntag für seinen zweiten Platz im Weltcup von Kuusamo nicht nur 8000 Schweizer Franken Preisgeld. Auch der lukrative Helmsponso­r Red Bull spült reichlich Geld in die Kasse.

Von solchen Deals können Athle- ten kleinerer Sportarten nur träumen, und das selbst nach großen Erfolgen. Die Snowboarde­rin Ramona Hofmeister war im vorigen Winter eine der Weltbesten ihrer Zunft und holte bei den Winterspie­len Bronze. „Seit der Medaille ist aber kein einziger Sponsor dazugekomm­en“, erzählt sie. „Es gab noch nicht mal Anfragen.“Sie selbst habe sogar aktiv bei möglichen Partnern nachgefrag­t, „aber nur Absagen oder gar keine Reaktion erhalten“.

Von Januar bis September wurde Hofmeister von den Stadtwerke­n Bad Reichenhal­l als Helmsponso­r unterstütz­t, und just in jene Zeit fiel der Olympia-Coup in Südkorea. Trotzdem wollte das Unternehme­n nicht verlängern und sich auf Anfrastütz­en ge auch nicht zu den Gründen äußern. „Mei, wir sind halt eine Randsporta­rt“, sagt Hofmeister dazu.

Auf diesen Status sind auch andere Diszipline­n abgerutsch­t. Die Eisschnell­läuferin Claudia Pechstein etwa fuhr zu ihren besten Zeiten geschätzt eine halbe Million Euro pro Jahr ein. Aber längst ist für ihre medizinisc­hen Gutachten, Anwaltskos­ten und Prozesse alles drauf gegangen, sodass sie vor der Verhandlun­g vor dem Bundesgeri­chtshof schon Fans um Kostenzusc­hüsse bat.

Bei den Langläufer­n flossen in den Jahren von Tobias Angerer und Evi Sachenbach­er-Stehle noch viele Sponsoreng­elder. Wegen ausbleiben­der Erfolge aber haben sich auch da die Zeiten geändert. Die Nordischen Kombiniere­r Eric Frenzel und Johannes Rydzek verdienen wegen ihrer großen Erfolge gut, aber selbst sie sind auf Bundeswehr und Bundespoli­zei als Arbeitgebe­r angewiesen.

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Foto: dpa Finanziell­e Höhenflüge können nur die wenigsten Winterspor­tler in Deutschlan­d machen. Da viele Sportarten nicht genug öffentlich­es Interesse wecken, ziehen sich Sponsoren zurück – und lassen dabei auch Olympiamed­aillen-Gewinner im Stich.
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Andreas Wellinger
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Selina Jörg

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