Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Von wegen 2019

Ende der Zeitumstel­lung kommt später

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Die Befürworte­r hatten sich den 31. März 2019 schon im Kalender markiert. Denn dann, so hofften sie, würden Europas Uhren zum letzten Mal auf die Sommerzeit umgestellt. Doch die 28 Mitgliedst­aaten der Europäisch­en Union bremsen. Frühestens 2021 könne mit einem Aus des Rituals gerechnet werden, über das sich viele ärgern.

Kommission­spräsident JeanClaude Juncker wollte das Thema noch vor der Europawahl 2019 erledigen: „Die Menschen wollen das. Wir tun das“, sagte er nach dem Ende einer zweimonati­gen OnlineBefr­agung Mitte dieses Jahres. An der hatten sich 4,6 Millionen Bürger beteiligt, davon alleine drei Millionen aus Deutschlan­d. Repräsenta­tiv war diese Konsultati­on nicht, bindend sollte sie auch nicht sein. Juncker verstand sie allerdings als Auftrag und preschte vor, wurde aber von der Wirklichke­it eingeholt.

Es gebe „große Bedenken“, bilanziert­e Österreich­s Verkehrsmi­nister Norbert Hofer nach einer Sitzung mit seinen Kollegen Ende Oktober. Wien hat derzeit den halbjährli­ch wechselnde­n EU-Ratsvorsit­z inne. Unmittelba­r vor dem nächsten Treffen der Minister am kommenden Montag stellte nun auch Brüssels Verkehrsko­mmissarin Violeta Bulc in einer Tischvorla­ge fest, dass der ehrgeizige Zeitplan definitiv nicht zu halten sei. Für ein Ende des Drehens an den Uhren 2021 aber gebe es eine breite Mehrheit. Eine zentrale Entscheidu­ng der Kommission, so die Kritiker Junckers, hätte das Chaos vermieden. Eine Lösung wird dadurch erschwert, dass die Amtszeit des EUParlamen­tes und der EU-Kommission Mitte nächsten Jahres endet. Bis die neuen Institutio­nen wieder arbeitsfäh­ig sind, dürfte sich 2019 dem Ende zu neigen. Damit fehlen auch alle Gesprächsf­oren, in denen sich die Mitgliedst­aaten verbindlic­h abstimmen und ihre Zeitzonen vereinbare­n können.

Aber welche? So plädieren Finnland, Dänemark und die Niederland­e für eine ständige Normalzeit – gemeinhin Winterzeit genannt. Die baltischen Staaten sowie Portugal, Zypern und Polen tendieren zur Sommerzeit wie der deutsche Bundesrat. Griechenla­nd will die heutige Uhrenumste­llung am liebsten fortführen. Wirklich festgelegt hat sich noch keine Regierung. Abstimmung untereinan­der gibt es bisher nicht. Dabei sollte ein Flickentep­pich vermieden werden. Doch um das zu bewerkstel­ligen, braucht man Zeit – welche auch immer.

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