Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Thriller im Dinkelscherber Pfarrsaal
Leonhardsberger und Schmid kommen nach Dinkelscherben. Weshalb sich der Oberösterreicher und der Mittelschwabe auf der Bühne so gut verstehen
Dinkelscherben Wenn in Dinkelscherben der Name Stefan Leonhardsberger fällt, erklärt man es am besten so: Das ist der österreichische Schauspieler, mit dem der Martin Schmid Gitarre spielt. Der stammt nämlich aus Dinkelscherben. Und so kam es, dass sich alte Freunde und heutige Heimatvereinsaktivisten mit ihm an jener Stelle zum Gespräch trafen, wo alles begann, im Deutschen Haus am Bahnhof Dinkelscherben.
Der Heimatverein Reischenau lädt nach dem großen Erfolg mit dem Programm „Da Billi Jean is ned mei Bua“die beiden Künstler Stefan Leonhardsberger und Martin Schmid mit ihrem Nachfolgestück „Rauhnacht“wieder nach Dinkelscherben ein.
Martin Schmid erzählt, wie es nach dem in Süddeutschland und Österreich sehr erfolgreich laufenden Billi-Jean-Programm zur Rauhnacht kam: Beim gelernten Schauspieler Stefan Leonhardsberger sei der Wunsch entstanden, wieder richtig Theater zu machen. Also ta- ten sich er und sein Autor Paul Klambauer zusammen und entwickelten ein spannendes, vielschichtiges Theaterstück, das die Dramatik von Shakespeare, die Mystik von Dario Fo und den Witz eines Bauernschwanks enthält. Martin Schmid, der Spezialist an der Lagerfeuergitarre, kam dann ins Spiel, um dem Stück ein akustisches Bühnenbild zu geben. Als einziges Requisit ist nämlich nur ein Stuhl vorhanden. Die Frage der beiden Texter, die immer wieder aufkam, war: „Martin, geht des?“
Und so entstand nach zweijähriger Schreibarbeit und unzähligen Proben das Stück „Rauhnacht“, das auch als kabarettistischer MysteryThriller bezeichnet werden kann. „Eine Sauarbeit“, wie Martin anmerkt. In Schwarz gekleidet, spielt sich Leonhardsberger durch neun Rollen: die verwirrte Großmutter, den bangen Bauern, den schlaganfallgeschädigten Grubenbesitzer, die flegelhafte Zwillingsbrut, die distinguierte Ehefrau, die mailiziöse Tochter, den servilen Vorarbeiter und den plumpen Tankwart. Er gibt jeder Figur eine neue Stimme, eine andere Körperlichkeit, eine Eigenart, einen Spleen, sodass die einzelnen Charaktere schon bald an einer kleinen Geste erkannt werden können.
Schmid ist dabei zuständig für den gesamten Soundtrack. Er gibt den gespenstischen Windhauch, das Telefonklingeln, ein Uhrenticken, den Anrufbeantworter und den alten Bulldog. Darüber steuert er Schnulzen wie „Lady in Red“oder Hymnen wie „Heroes“bei. Und er hat dafür nicht mehr als seine drei Gitarren und seine Stimme zur Verfügung. Seine Herausforderung dabei, so betont er, seien die Präzision, das richtige Timing und die Lust am Aberwitz.
Auf die Frage, wie die Kombination Oberösterreich und Mittelschwaben funktioniere, antwortet der Künstler: Von Anfang an hätte es wie von selbst funktioniert. So gebe es im Oberösterreichischen und Mittelschwäbischen Dialektwörter wie „zualosen“für zuhören oder „Mensch“für Mädchen. Auf dem Fußballplatz von Lasberg, der Heimat Stefan Leonhardsbergers, heißt es in der Pause: „Nicht vergessen, Bosna essen“, und die SchuachIrmi von Lasberg sei so etwas wie der Weindl-Otto von Dinkelscherben, die leider beide zugemacht haben.
Und so spielt die Geschichte der Rauhnacht eben auch in so einem Dorf mit seinen eigenen Spielregeln des Zusammenlebens. Denn da findet man eben genau diese Archetypen, die im Stück vorkommen. Somit hat es für die beiden Künstler eine besondere innere Bewandtnis, zu Hause in ihrer Heimat aufzutreten, für den einen wie für den anderen.
OArchivfoto: Thorsten Jordan
Termin Das Theaterstück „Rauhnacht“wird am 9. Dezember um
20 Uhr im Pfarrsaal Dinkelscherben aufgeführt. Es gibt noch Karten bei Musicpoint Hofmann in Dinkelscherben, unter www.musicpoint-hofmann.de oder an der Abendkasse (Vorverkauf 19 Euro, Abendkasse 20 Euro).