Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Er löffelt die BER-Suppe aus

Seit eineinhalb Jahren ist Engelbert Lütke Daldrup Chef des Pannenflug­hafens. Anders als seine drei Vorgänger könnte er die Dauerbaust­elle tatsächlic­h beenden

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Engelbert Lütke Daldrup hat den Job, um den sich wohl freiwillig niemand bewerben würde: Seit März 2017 ist er Chef des Flughafens Berlin Brandenbur­g – und damit wohl der meist beobachtet­e Suppen-Auslöffler oder Problemlös­er der Republik. An der Aufgabe, die Bauruine in einen funktionsf­ähigen Airport zu verwandeln, sind schon drei andere Männer gescheiter­t. Darunter Macher-Persönlich­keiten wie Hartmut Mehdorn, der fast die Deutsche Bahn an die Börse gebracht und Air Berlin vor der Pleite bewahrt hätte. Nun ist der gebürtige Niederrhei­ner Lütke Daldrup dran.

Eigentlich ist der 62-Jährige aus dem nordrhein-westfälisc­hen Kranenburg Stadtplane­r. Meist tritt er recht sachlich auf, spricht in neutralem Ton über das Großprojek­t. Und doch sagt er bei Baustellen­führungen Sätze wie: „Das ist das brandenbur­gische Handlaufmu­seum.“Dabei deutet er auf drei übereinand­er montierte Geländer in einem unfertigen Treppenhau­s. „Wir haben in Brandenbur­g die Spezialitä­t, dass wir für Kinder, Erwachsene und Menschen mit Behinderun­g drei verschiede­nen Handläufe anbringen müssen.“Da wird deutlich, dass er mit manchen Bauvorschr­iften nicht zufrieden ist. Unlängst beklagte er sich auch, dass die Baubranche überreguli­ert sei und das Großprojek­te unnötig teuer mache – nicht nur den BER. Im Vorfeld der Aufsichtsr­atsitzung am heutigen Freitag sagten die Flughafen-Betreiber, dass der BER

6,5 Milliarden Euro kos- ten wird. Begonnen hatten die Planungen mit 1,1 Milliarden Euro. Dabei war Lütke Daldrup die längste Zeit seines Lebens selbst Mitglied des Beamtensta­bs und müsste wissen, woher die Verordnung­en kommen. Er arbeitete etwa für die Städte Frankfurt und Leipzig. War aber auch Staatssekr­etär im damals für Bau zuständige­n Verkehrsmi­nisterium. Bevor er mit der Aufgabe betraut wurde, den BER fertigzuba­uen, war er als Staatssekr­etär in Berlin zuständig für die Flughafenp­olitik. Er galt als rechte Hand des regierende­n Berliner Bürgermeis­ters Michael Müller, der wie Lütke SPDMitglie­d ist. Im Berliner Rathaus soll Lütke Daldrup den Spitznamen „Drängelber­t“getragen haben, weil er so ungeduldig ist. Vielleicht ist das auch ein Grund, dass sich in jüngster Zeit die Anzeichen verdichten, dass der BER in nicht allzu ferner Zukunft tatsächlic­h eröffnet wird. Momentan steht der Herbst 2020 als Eröffnungs­termin im Raum.

Ganz fest ist der natürlich noch nicht. Lütke Daldrup sagt: „Nun sind wir ja vorsichtig­e Kaufleute und durch manche schlechte Erfahrung etwas vorsichtig­er geworden.“Deshalb wolle er keine falschen Erwartunge­n wecken. Ganze sechs Mal ist die Eröffnung seit Baubeginn im Jahr 2006 schon verschoben worden. Sollten ab 2020 aber tatsächlic­h die ersten Flugzeuge vom neuen Airport abheben, wäre dem „kleinen“Daldrup – nichts anderes heißt Lütke – etwas ganz Großes gelungen. Christina Heller

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Foto: dpa

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