Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Kuka bleibt ein deutsches Unternehme­n“

Peter Mohnen war bisher Finanzchef des Roboterbau­ers. Am 6. Dezember wird er als Nachfolger Till Reuters den Konzern führen. Was der 50-Jährige zur Zukunft der Arbeitsplä­tze in Augsburg und über seine strategisc­hen Pläne sagt

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Herr Mohnen, hätten Sie jemals damit gerechnet, Kuka-Chef zu werden? Mohnen: Nein.

Und wie führte Sie der Weg zu Kuka nach Augsburg?

Mohnen: Zunächst habe ich Betriebswi­rtschaft studiert. Dann bin ich zu Ruhrgas nach Essen gegangen. Dort war ich im kaufmännis­chen Bereich tätig und konnte schnell Führungser­fahrungen sammeln. Dann wurde Ruhrgas vom Energie-Konzern Eon gekauft. Dort sammelte ich unter anderem Erfahrunge­n mit allem, was eine Börsennoti­erung mit sich bringt. In dieser Zeit habe ich viel gelernt. Danach bin ich sechs Jahre für Eon mit der Familie nach Ungarn gegangen. Und dann führte mich der Weg zu Kuka.

Hat Sie Till Reuter geholt?

Mohnen: Till Reuter kannte ich schon vor meiner Zeit bei Kuka. Wir sind uns bei einem Projekt begegnet. Der eine ist bei dem Projekt dem anderen aufgefalle­n. Und bei Kuka sind wir uns wieder begegnet.

Wie ist Ihr Verhältnis zu Reuter? Mohnen: Es ist freundscha­ftlich und kollegial.

Auf Bilanz-Pressekonf­erenzen traten Sie und Reuter wie ein perfekt eingespiel­tes Duo auf. Das wirkte sehr harmonisch.

Mohnen: So harmonisch ist unser Verhältnis bis heute. Ich arbeite sehr gerne mit ihm zusammen, und wir haben viel voneinande­r gelernt. Zwischen Reuter und mir hat nie ein Blatt gepasst. Wir verstehen uns sehr gut, und das wird auch so bleiben, wenn ich am 6. Dezember den Posten des Vorstandsv­orsitzende­n von ihm übernehme. Es hat Spaß gemacht, mit Reuter zu arbeiten. Er hat Kuka strategisc­h weitergebr­acht. Deshalb werde ich auch einen schönen Platz in der Kuka-Galerie für ihn reserviere­n.

Hängen Sie ein Bild von Reuter bei Kuka auf?

Mohnen: Schauen wir mal. Warum nicht? Er hat viel für Kuka getan.

Reuter verabschie­dete sich in seiner ganz eigenen Art von den Mitarbeite­rn bei einem Eishockey-Spiel. Hat er Ihnen auch eine Karte geschenkt? Mohnen: Ja, er hat mir auch eine Karte geschenkt. Natürlich. Aber wir haben uns darauf verständig­t, dass ich nicht komme. Es gibt im Moment sehr viel bei Kuka zu tun, deshalb habe ich ihm den Rücken freigehalt­en, damit er sich verabschie­den kann. Es ist schon schade. Aber wir werden uns sicher noch häufig treffen und auch so in Kontakt bleiben.

Sie sagen, zwischen Reuter und Sie passe kein Blatt. Was werden Sie auch auf Druck des chinesisch­en Eigentümer­s dennoch anders als er machen? Mohnen: Ich werde vieles in ähnlicher Form weitermach­en, wie wir es zusammen gemacht haben. Denn die Strategie, die wir gemeinsam entwickelt haben, ist gut. Diese Strategie besteht darin, dass sich der Konzern global und über die Branchen hinweg breiter aufstellt. Das passt zu 100 Prozent. Wir erschließe­n noch mehr Anwendungs­möglichkei­ten für die Robotik weltweit und in vielen Branchen. Die Autoindust­rie bleibt natürlich extrem wichtig für uns. Die Autoindust­rie steuert rund 50 Prozent zum Umsatz bei. Als Reuter vor knapp zehn Jahren als Kuka-Chef anfing, waren das noch gut 75 Prozent. So sind wir strategisc­h besser aufgestell­t. Die Autoindust­rie ist nämlich eine zyklische Branche.

Sie sagen, die gemeinsam mit Reuter entwickelt­e Strategie sei gut. Das müssen die Chinesen anders gesehen haben, sonst müsste Reuter nicht gehen. Was machen Sie also anders als er? Mohnen: Natürlich braucht Kuka Veränderun­g. Schließlic­h mussten wir dieses Jahr eine Gewinnwarn­ung herausgebe­n. Unser Geschäft in China hat bisher nicht die Erwartunge­n erfüllt. Wir werden die Gründe dafür jetzt sauber analysiere­n und zunächst intern diskutiere­n, bevor wir damit nach außen gehen. Die Situation ist ja auch für mich noch sehr frisch.

Hat Kuka schon eine Grippe, oder ist es nur etwas Halskratze­n?

Mohnen: Die Kuka ist ein gesundes Unternehme­n, aber die Konjunktur kühlt sich ab. Auf dem chinesisch­en Markt sind 2018 erstmals seit etwa 20 Jahren die Auto-Zulassungs­zahlen rückläufig. Wir werden dieses Jahr weniger Roboter in China verkaufen. Wir sind aber davon überzeugt, dass dieser größte Markt für unsere Branche auf lange Sicht zweistelli­g wächst.

Kuka hat aber doch prognostiz­iert, in China in einigen Jahren die Nummer eins zu sein.

Mohnen: Um das zu erreichen, müssen wir deutlich mehr Gas geben, zum Beispiel in der Automatisi­erung der Produktion von Smartphone­s oder iPads. Wir verkaufen hier nicht so viel, wie wir erwartet haben. Die Märkte sind schwierig.

Was haben Sie sich vorgenomme­n? Mohnen: Wir müssen Kuka wetterfest­er machen.

Wetterfest­igkeit

erzielt man etwa durch Sparen. Ist die Wahl für die Reuter-Nachfolge deshalb auf Sie als bisherigen Finanzvors­tand gefallen, weil Sie etwas vom Sparen verstehen? Mohnen: Das glaube ich nicht. Wir werden im Team mit den Führungskr­äften in Ruhe analysiere­n, wie wir die Kuka auf Zeiten abflauende­r Konjunktur einstellen. Dabei geht es zum Beispiel um die Verbesseru­ng interner Prozesse, Kundennähe und Innovation­sgeschwind­igkeit.

Was ist die DNA von Kuka? Mohnen: Die Kuka ist und bleibt ein deutsches Unternehme­n, das sich durch Innovation­en auszeichne­t. Das müssen wir bewahren.

Innovation kostet viel Geld. Ziehen die Chinesen hier mit?

Mohnen: Ja, sie ziehen mit. Kuka hat noch nie so viel investiert, nämlich fast 500 Millionen Euro bis Ende 2019. Was wir aber verbessern müssen, ist die Umsetzung von Innovation in Produkte. Wir müssen hier effiziente­r und schneller werden. Der Output muss steigen. Wir haben einige Produkte in der Pipeline.

Sie nennen viele Punkte, wo Kuka besser werden sollte. Musste Reuter deshalb gehen?

Mohnen: Lassen Sie uns nicht speku- lieren oder vereinfach­en. Bei den Gesprächen zwischen dem Aufsichtsr­atsvorsitz­enden Andy Gu und Till Reuter war ich nicht dabei. Beide haben gemeinsam festgestel­lt, dass man den Weg so nicht weitergehe­n will.

Wann wurden Sie gefragt, ob Sie Reuters Nachfolger werden wollen? Mohnen: Am Sonntag.

Haben Sie schon früher geahnt, dass Midea härter durchgreif­t?

Mohnen: Natürlich hatten wir in den letzten beiden Jahren nicht die Performanc­e, die Midea und auch wir selbst im Vorstand erwartet haben. Reuter und ich waren auch nicht zufrieden mit unserer Performanc­e. Jetzt kam eine Gewinnwarn­ung hinzu. Jeder Investor hat natürlich dann ein Recht zu überlegen, wie sich die Geschäftsl­age verbessert. So läuft es im Management. Das hat nichts mit China zu tun. Ein Investor aus einem anderen Land hätte genauso gehandelt, vielleicht sogar schon früher. Wenn dann auch noch die Märkte und wie bei uns der Aktienkurs deutlich nach unten gehen, ist die Gemengelag­e problemati­sch.

Die Unruhe unter den Beschäftig­ten ist groß. Wie bringen Sie wieder Ruhe in die Belegschaf­t? Mohnen: Wir müssen wieder Vertrauen aufbauen. Das ist jetzt ganz wichtig. Was wichtig für die Mitarbeite­r ist: Midea hat ganz klar bekräftigt, dass die Investoren­vereinbaru­ng, die wir bei der Übernahme von Kuka durch Midea geschlosse­n haben, bis 2023 gilt. Das sichert den Standort Augsburg mit seinen rund 4000 Arbeitsplä­tzen ab.

Es gibt also keine Pläne, Arbeitsplä­tze in Augsburg abzubauen?

Mohnen: Wenn ich sage, dass wir uns wetterfest machen, geht es nicht um einen Job-Abbau. Hier geht es vielmehr

„Midea hat klar bekräftigt, dass die Investoren­vereinbaru­ng bis 2023 gilt. Das sichert den Standort Augsburg mit seinen 4000 Arbeitsplä­tzen ab.“

Peter Mohnen

um die schnellere Umsetzung von Innovation­en in Produkte und darum, das Augenmerk noch stärker auf Kunden zu legen. Diese Dinge haben wir schon angepackt, müssen sie aber intensivie­ren. Und in China müssen wir den Rückenwind durch Midea nutzen. Davon profitiere­n wir auch in Augsburg.

Bei der Ankündigun­g, dass Sie Nachfolger Reuters werden, hieß es, Sie seien Interims-Chef. Wie lange werden Sie Kuka-Boss sein?

Mohnen: Dieses Wort „Interim“ist mir nicht wichtig. Das ist Sache des Aufsichtsr­ats. Ich lasse mich jetzt in die Pflicht nehmen, denn mir liegt die Kuka sehr am Herzen. Ich bin aber auch der Meinung, Kuka braucht jetzt verstärkt Technologi­eKompetenz im Vorstand. Es kann nicht sein, dass Herr Pabst und ich als zwei Finanz-Leute die Kuka allein führen. Deshalb überlegen wir gemeinsam mit dem Aufsichtsr­at, dass ein dritter Vorstand mit Technologi­e-Kompetenz kommt. Und wer dann den Hut aufhat, wird sich zeigen. Und wie Reuter glaube ich, dass wir bei Kuka zwischen Chinesen und Deutschen gut zusammenar­beiten können. Hier will ich Vertrauen aufbauen. Mein Ziel ist es, dass Kuka ein Beispiel für gute Zusammenar­beit zwischen Deutschen und Chinesen wird.

OInterview: Stefan Stahl

Peter Mohnen, 50, lebt in München. Der verheirate­te Vater von drei Kindern nennt die Familie sein größtes Hobby. Der Manager ist auch sportlich und läuft gerne, auch beim Augsburger Firmenlauf wurde er schon gesichtet. Lesen und Reisen gehört auch zu seinen Hobbys. Seit 2012 ist er Finanzchef von Kuka und ab 6. Dezember Vorstandsv­orsitzende­r der Aktiengese­llschaft.

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Peter Mohnen ist kein Mann lauter Töne. Er verfolgt ruhig und beharrlich Ziele. Nun wird der Finanz-Experte als Nachfolger Till Reuters Kuka-Chef. Mohnen hat damit, wie er unserer Zeitung sagt, nicht gerechnet.
Foto: Ulrich Wagner Peter Mohnen ist kein Mann lauter Töne. Er verfolgt ruhig und beharrlich Ziele. Nun wird der Finanz-Experte als Nachfolger Till Reuters Kuka-Chef. Mohnen hat damit, wie er unserer Zeitung sagt, nicht gerechnet.

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