Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Die Königin der Kleider
Katharina Wackernagel spielt Aenne Burda – jene Verlegerin, deren Magazin „Burda Moden“samt seiner Schnittmusterbögen legendär wurde. Heute zählt Hubert Burda Media zu den größten Medienunternehmen des Landes
Frau Wackernagel, Sie spielen im ARD-Zweiteiler „Aenne Burda – Die Wirtschaftswunderfrau“die berühmte Verlegerin. Deren erste Zeitschrift „Favorit“, ein Vorläufer von „Burda Moden“, erschien 1949 und beinhaltete Tipps zum Selberschneidern. Können Sie eigentlich nähen?
Katharina Wackernagel: Nein, ich habe keinerlei handwerkliche Begabung mit in meine Rolle gebracht. Ich kann gerade mal einen Knopf annähen, aber wie aus einem Schnittmusterbogen ein fertiges Kleid wird, ist mir ehrlich gesagt auch nach den Dreharbeiten immer noch ein Rätsel.
Machen Sie sich viel aus Mode? Wackernagel: Ich weiß ja schon allein von meiner Arbeit her, dass Kleidung unheimlich viel ausmacht. Privat liebe ich schöne und weich fallende Stoffe, die sich gut anfühlen. Ich ziehe sehr gerne hübsche Kleider an, gerade zum Ausgehen oder für Abendveranstaltungen. Aber es müssen gerade, klare Schnitte sein, ohne viel Chichi – keine Rüschen, Bommeln und Schnüre.
Welche Kostüme tragen Sie als Aenne Burda?
Wackernagel: Meine Filmgarderobe basiert auf Schnitten aus dieser Zeit, die mir sofort einen Teil von ihr mitgegeben haben. Einiges war mir aber völlig fremd, zum Beispiel der Pelzmantel. Ich habe noch nie im Leben einen Pelzmantel besessen und möchte das auch nicht. Aber es war interessant zu spüren, wie es ist, wenn man so einen Sechs-Kilo-Bären auf den Schultern liegen hat. Das macht schon was mit einem.
Die Handlung des Films beginnt in der Nachkriegszeit …
Wackernagel: Ende der 40er Jahre war Deutschland noch grau und zerstört vom Krieg. Aenne Burda wollte den Frauen Farbe, Schönheit und Sinnlichkeit zurückgeben, und dabei spielte bezahlbare Kleidung eine Rolle. Sie lieferte die Schnitte, um sich aus Stoffen selber etwas Tolles zu nähen. Sie hat damit viel verändert und den Frauen etwas gegeben, sonst wäre ihre Zeitschrift wohl kaum so berühmt geworden.
In Zeiten von Billigketten ist Mode inzwischen zum Wegwerfprodukt geworden. Kaufen Sie in solchen Läden ein? Wackernagel: Ich bin zwar kein Markenfetischist, weil ich schlichtweg zu geizig bin, hunderte von Euro für eine Jacke oder eine Hose eines berühmten Designers auszugeben. Ich bin aber auch gar kein Fan der Billigmode-Ketten, weil ich die Massenproduktion ablehne. Natürlich ist es schön, dass alle Menschen möglichst gleichberechtigt einkaufen können. Aber man muss sich darüber im Klaren sein, dass diese Massenware unter fragwürdigen Bedingungen hergestellt wird, unter
Ausbeutung von Mensch und Natur. Deshalb kaufe ich bei solchen Ketten höchstens mal Socken.
Aenne Burda hat ihre Karriere als Verlegerin in einer Zeit begonnen, in der Frauen für vieles noch die Erlaubnis ihres Mannes brauchten. Wackernagel: Ja, sie war eine Vorreiterin der Emanzipation, aber sie selber hat sich meines Wissens nicht so gesehen. Sie sagte, dass sie nie aus politischen Gründen für Gleichberechtigung gekämpft hat, sondern der jüngste Sohn von Franz und Aenne, zu dem Film?
Wackernagel: Ich habe Hubert Burda getroffen, nachdem der Film fertig war. Er hat ihn gesehen und ist offenbar sehr einverstanden damit. Er hat mir eine sehr liebenswürdige Mail geschrieben, in der steht, dass er das Gefühl habe, seine Mutter werde in ihrem Temperament und Tatendrang gut dargestellt. Ich finde das bewundernswert von ihm, denn es ist ja eine sehr intime Geschichte, die da erzählt wird, und es war sicher nicht immer leicht für die drei Kinder aus dieser Ehe.
Worin sehen Sie die aktuelle Bedeutung dieses Film-Stoffes? Wackernagel: Die Frage nach Frauen in Führungspositionen ist nach wie vor aktuell. Wo stehen wir denn heute? Wir müssen eine Quote einführen, damit Frauen in den Chefetagen gleichberechtigt sind – da hätte man sich Anfang der 40er einen anderen Verlauf vorstellen können. Wir schreiben das Jahr 2018, aber ich habe den Eindruck, dass das Thema Gleichberechtigung noch lange nicht zu Ende erzählt ist. Und ich finde es in unserer schnelllebigen Zeit extrem wichtig zu zeigen, dass gute Ideen einen langen Atem brauchen. Heutzutage posten die Leute irgendwas bei Instagram, und wenn das nicht sofort tausende Male geliked wird, dann war es nichts.
Was fasziniert Sie so an Aenne Burda? Wackernagel: Vor allem der Facettenreichtum dieser Frau. Sie hatte eine große Zerbrechlichkeit und eine enorme Herzlichkeit, konnte aber auch extrem zornig werden und schreien. Sie war außerdem eine sehr moderne Frau. Sie war einfach eine spannende Figur, und ich wusste schon nach wenigen Drehbuchseiten, dass ich sie spielen möchte. Aenne Burda hat immer an ihre Vision geglaubt. Sie musste so viele Rückschläge erleiden und hat doch nie aufgegeben. Das bewundere ich.
Gab es denn im Laufe Ihrer eigenen Karriere auch Hindernisse, mit denen Sie zu kämpfen hatten? Wackernagel: Selbstverständlich gab es Enttäuschungen: Rollen, für die ich vorgesprochen habe und die ich nicht bekommen habe; Filme, die nicht finanziert wurden, und immer wieder Leerlauf. Es gibt Zeiten, in denen ich keine Angebote habe und sich nichts bewegt – das verunsichert mich immer wieder. Obwohl ich schon so lange in dem Beruf arbeite, habe ich noch keine Lösung gefunden, damit umzugehen.
Interview: Cornelia Wystrichowski
OTV-Tipp „Aenne Burda – Die Wirtschaftswunderfrau“läuft am 5. und 12. Dezember um jeweils 20.15 Uhr in der ARD. Im Anschluss an den zweiten Teil kommt um 21.45 Uhr die Doku „Aenne Burda – Die Königin der Kleider“.