Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Nur Fliegen ist schöner
Werbung Ein letztes Mal noch soll es an dieser Stelle um Ihre liebsten Werbeklassiker gehen, zumindest für dieses Jahr. Nicht, dass ich Sie damit nerve, zumal Sie sich ja in der Vorweihnachtszeit ohnehin vor Werbung kaum mehr retten werden können. In den vergangenen Wochen haben mir viele von Ihnen auf meinen Aufruf hin geschrieben: Welche Werbung ist Ihnen im Gedächtnis geblieben? Hier weitere Auszüge aus Ihren Mails:
● Rainer Scheuringer, Jahrgang 1961, erinnert sich noch gut an den Algemarin-Werbespot – „da kam immer so ein Seepferdchen darin vor und es gab auch eine hübsche Melodie dazu“. Tiere plus eingängiges Lied, das ist – und da muss man kein Experte sein – fraglos das Erfolgsrezept für TV-Werbung in den vergangenen Jahrzehnten. ● „Woher die das wissen wollen?“, fragte sich dagegen Reinhard Wiesemüller immer bei dem Slogan „Bauknecht weiß, was Frauen wünschen“. Der Spruch ist einer der ganz großen Klassiker unter den Werbesprüchen, hatte einst einen Bekanntheitsgrad von 96 Prozent und wurde 2010 eingemottet. 1954 war er erfunden worden – und damals in den Nachkriegsund Wirtschaftswunderzeiten traf er den Zeitgeist. Jahrzehnte später schüttelte man über ihn eher irritiert den Kopf. ● Wie heute über den Nescafé-Spot mit „Herrn Angelo“(„Isch habe gar kein Auto!“) aus den 90ern, der voller Klischees steckte. Siehe die Medienkolumne der vergangenen Woche. In der fragte ich Leser ClausJürgen Krenz, ob man diese Werbung als beleidigend verstehen könne. Er antwortete: „Wenn man den Film durch den heutigen strengen Filter der politischen Korrektheit anschaut, wird man immer eine Gruppe finden, die sich diskriminiert und beleidigt fühlen kann, etwa blonde Nachbarinnen, quirlige Italiener, mit Akzent Sprechende, Autoparkplatzbesitzer, Nicht-Autobesitzer, Kaffeepuristen…“Er hat recht. Heute würde so ein Spot jedenfalls so nicht mehr zu sehen sein, glaube ich. Der Zeitgeist …
● „Wie altbacken, aus heutiger Sicht, aber trotzdem ,nachhaltig‘ sich diese Botschaften bis heute im Kopf gehalten haben, ist schon bemerkenswert!“, schreibt Andreas Fechter. Und er weist auf Negativbeispiele hin wie den Spruch der Postbank: „Unterm Strich zähl ich.“2014 schickte die Bank den Spruch aufs Altenteil; „Schluss mit dem Ego-Trip“, kommentierte das Fachmagazin Werben & Verkaufen. ● Einen schönen Satz hat mir Dieter Bodenstein, Jahrgang 1942, geschrieben: „Das Alter verklärt so manches, vielleicht auch die damalige Werbung.“Auch wieder wahr! ● Und dank Britta Lenzen kenne ich nun die „Rote Klara“, die Lenzen ihrer Mutter einst zu Weihnachten schenkte. „Meine Mutter hat sie heute noch!“Was sie hat, fragen Sie? Die „Rote Klara“, „das war ein super Dosenöffner, kompakt, rot, zuverlässig, unkaputtbar!“
● Ein großer Dank ebenfalls an Bernd Mögele, der mir die Werbung für den Opel GT (unser Foto) ans Herz legte: „Nur Fliegen ist schöner.“Er schreibt: „Als Kind war ich so begeistert von der OpelGT-Werbung, dass ich mit 14 Jahren anfing, Ferienjobs und andere Arbeiten anzunehmen, um mir das Geld für meinen Traum zu besorgen. (…) Zum Führerschein hatte ich dann – ich war noch auf dem Gymnasium – endlich das Geld, um mir meinen eigenen Opel GT kaufen zu können.“
Das waren sie nun, Ihre Erinnerungen. Ob man 2058 die TV-Spots von heute kennen wird? Ob es dann überhaupt noch Fernsehen gibt?