Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Frauenpower in der „Zauberflöte“
Regisseurin Andrea Schwalbach inszeniert Mozarts Opernklassiker im Martinipark unter dem Motto „Zurück zu den Wurzeln“. Gleichzeitig setzt sie aber auch heutige Akzente
Die Regisseurin Andrea Schwalbach kommt von der Neuen Musik. In ihrer Vita finden sich Inszenierungen von Uraufführungen, aber auch Neuauflagen vergessener Werke. Darüber hinaus brachte sie auch Broadway-Musicals wie „My Fair Lady“oder die „West Side Story“auf deutsche Bühnen. Sie wurde von namhaften Theater- und Opernhäusern engagiert, darunter von der Oper Frankfurt und der Staatsoper Berlin. Nun ist die Spezialistin für Musiktheater zum ersten Mal in Augsburg im Einsatz und inszeniert einen Repertoireklassiker am Staatstheater – Mozarts „Zauberflöte“.
Vorab erzählt die 55-jährige Theaterregisseurin, dass ihre Inszenierung unter dem Motto „back to the roots“(zurück zu den Wurzeln) stehe. Das trifft sich insofern gut, da Augsburg 2019 den 300. Geburtstag von Mozarts Vater Leopold in großem Stil begehen wird. Schwalbach verfolgt einen weiteren Gedanken: Ihr seien viele Inszenierungen der großen Opernhäuser zu überfrachtet. Das sei nicht im Sinn von Mozart. Die Musik in überschaubarer sei durchsichtig, es gebe keine dramatischen und großen Auf- und Abgänge. „Ich suche die Größe im Kleinen“, erklärt die Regisseurin. Das totalitäre System in der „Zauberflöte“könne man auch in kleinerem Rahmen präsentieren. Wichtig sind für Schwal- bach die Übergänge. Denn so durchsichtig die Musik ist, so undurchsichtig ist die Handlung auf den ersten Blick. Die verwobenen Handlungsstränge fordern vom Zuschauer sehr viel Aufmerksamkeit ein. Schwalbach merkt an, dass viele Zuschauer nicht wissen, um was es eigentlich in der „Zauberflöte“geht. Dass die Oper heute gerne als Kinderoper inszeniert wird, sei nicht Mozarts ursprüngliche Intention gewesen.
Der große Wechsel auf der Bühne habe seinen Grund in der chaotischen Entstehungsphase: Komponist Mozart war sich nicht immer einig mit seinem Librettisten Emanuel Schikaneder. Herausgekommen ist ein Konvolut aus verschiedenen Genres, verpackt in zwei Akte: Märchen, Singspiel, Liebesgeschichte und Königsdrama. Kurzum, die Zauberflöte repräsentiert eine ganze Welt, die – bis heute – nicht einfach zu greifen ist.
Schwalbach schwärmt von der Zusammenarbeit mit dem Orchester, dem Chor und den Solisten. Übrigens, Sänger der Augsburger Domsingknaben haben in der „Zauberflöte“auch einen Auftritt. Die Interimsspielstätte hält die RegisOrchesterbesetzung seurin für eine Bereicherung, die Schlankheit des Hauses passe gut zur Inszenierung. Schwalbach sagt augenzwinkernd: „Als Regisseurin könnte ich auch mit Nichts arbeiten.“Sie ist vollkommen zufrieden mit den örtlichen Gegebenheiten. Die Akustik der umgebauten Industriehalle habe bei ihr sogar für eine positive Überraschung gesorgt. Sie findet, dass die Intimität und der Kontakt zwischen Zuschauerraum, Orchester und Bühne einen eigenen Charme habe.
Mozarts „Zauberflöte“inszeniert Andrea Schwalbach in flottem Tempo, inklusive der Pause dauert der Opernabend zwei Stunden 45 Minuten. Der Zuschauer kann sich auf eine handwerklich ansprechende Darbietung einstellen, in gewisser Weise eine traditionelle, aber keineswegs überladene Zaubershow. Themen, die in der heutigen Zeit von Bedeutung sind, würden nicht vernachlässigt. So würden die Frauen unter Schwalbachs Leitung eine wichtigere Rolle spielen als ursprünglich von Mozart gedacht. Die Internationalität des Ensembles wird ebenfalls thematisiert und sorgt für den einen oder anderen Überraschungseffekt.