Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ein Freundeskr­eis soll das Grandhotel retten

Nach ihrem Hilferuf vor wenigen Wochen erfahren die Macher der Einrichtun­g im Domviertel große Hilfsberei­tschaft. Sie erklären, warum sie eine dauerhafte finanziell­e Unterstütz­ung für ihr Projekt benötigen

- VON MIRIAM ZISSLER

Das Video ist geschnitte­n und bearbeitet und wird bald ins Internet gestellt. Einige Menschen sind darin zu sehen, die in verschiede­nen Sprachen „Danke“sagen. So bedanken sich die Hoteliers des Augsburger Grandhotel Cosmopolis bei ihren Freunden, Wegbegleit­ern und Gönnern. Vor wenigen Wochen erst hatten sie sich mit einem Hilferuf an die Öffentlich­keit gewandt und um finanziell­e Unterstütz­ung gebeten. Seither ist viel passiert.

Über 600 kleine und große Geldspende­n haben die Einrichtun­g erreicht. Die Band Mississipp­i Isabel gab ein Solidaritä­tskonzert, Fikret Yakaboylu sammelte in seinem Kulturcafé Neruda und Hans Söllner zeigte ebenfalls Herz. Der Liedermach­er wird noch im Dezember ein Benefizkon­zert im Spectrum an der Ulmer Straße geben – sowohl er, seine Crew als auch die Mitarbeite­r des Clubs arbeiten an diesem Abend umsonst. „Wir sind sehr dankbar und überrascht, wie viele uns spontan geholfen haben“, sagt Micha Kfir. Es habe zahlreiche Rückmeldun­gen gegeben. „Es wurden die unterschie­dlichsten Aktionen gestartet, um Geld für uns zu sammeln. Einer hat FCA-Kapuzenpul­lis verkauft und uns das Geld gespendet“, erzählt Stef Maldener.

Für die Hoteliers kommt diese Welle der Hilfsberei­tschaft einer Aufforderu­ng gleich, weiterzuma­chen – das Projekt weiterzude­nken, das sie seit dem Jahr 2011 beschäf- Damals tat sich eine Gruppe von Künstlern und Aktivisten zusammen, die einen ganz besonderen Ort in dem leer stehenden Seniorenhe­im der Diakonie im Springergä­ßchen im Domviertel schaffen wollten. Lange bevor die große Flüchtling­swelle einsetzte, war ihr Ziel, Menschen zusammenzu­bringen: Künstler und Gäste mit und ohne Asyl – Reisende und Flüchtling­e. Das Konzept wurde von der Stadt eingehend geprüft – Anfang 2013 durften die idealistis­ch handelnden Macher mit einer Vielzahl von freiwillig­en Helfern durchstart­en.

Knapp 60 Flüchtling­e sind in dem ehemaligen Seniorenhe­im untergebra­cht, daneben gibt es Hotelzimme­r, einen Seminarrau­m, ein Café und vegetarisc­he Mittagsver­pflegung. Die Einrichtun­g hat sich auch durch ihre vielfältig­en kulturelle­n Veranstalt­ungen einen Namen gemacht. Sie würden eine Politik der offenen Tür verfolgen, so Stef Maldener, ein Miteinande­rleben, das Bewohnern und Besuchern gleicherma­ßen Möglichkei­t zur Kontaktauf­nahme biete. „Das Grandhotel ist nicht unser aller Hobby. Wir nehmen hier eine gesellscha­ftliche Aufgabe wahr und wurden dafür mehrfach ausgezeich­net“, betont Micha Kfir, die wie Stef Maldener von Anfang an dabei ist.

Für die Macher sei das Miteinande­r in ihrem Grandhotel Cosmopolis kein Traum, sondern schlichtwe­g Realität. Jeder der acht Mitstreite­r, die Verantwort­ung für einen Bereich des Grandhotel­s übernommen haben, hätten in den vergangene­n Jahren berufliche und finanziell­e Entwicklun­gen zurückgest­ellt, um das Haus am Laufen zu halten und das Konzept weiterzuen­twickeln. Ihnen gehe es nicht um geflüchtet­e Menschen allein. „Da gibt es weitere Themen, die dahinter stehen, wie Klima, Ernährung, Lebenssitu­ationen in den verschiede­nen Ländern“, sagt Stef Maldener. Es sind Themen, die sie in ihrer Akademie in Workshops und Seminaren behandeln. Für Micha Kfir zeigen die Hotigt. teliers des Grandhotel­s mit all ihrem Tun eine Haltung, die weit über die lokalen Grenzen hinaus ausstrahlt.

Diese Haltung habe in den vergangene­n Jahren viel Zuspruch erfahren. „Über 600 Menschen haben erst jetzt wieder mit ihrer Spende gezeigt, dass sie hinter unserem Konzept stehen. Das ist gut, denn unser Projekt soll von einem ganzen Netz von Leuten getragen werden“, betont Micha Kfir. Das Grandhotel Cosmopolis benötige eine dauerhafte finanziell­e Unterstütz­ung, um weiter bestehen zu können. Kfir: „Wir wollen das finanziell­e Drama beenden. Ständig kurz vor knapp zu sein, zehrt ganz schön an einem.“Denn entgegen aller Gerücht würde das Hotel kein Geld mit den dort untergebra­chten Flüchtling­en machen. „Das läuft alles über die Regierung von Schwaben.“Das Grandhotel profitiert­e zuletzt von umfangreic­hen finanziell­en Zuwendunge­n der Kulturstif­tung des Bundes oder der Robert-Bosch-Stiftung. Doch diese Finanzspri­tzen sind ausgelaufe­n.

Nach Angaben der Macher habe das Grandhotel einen monatliche­n Bedarf zwischen 40000 und 50000 Euro, der durch Miet- und Nebenkoste­n, Personalko­sten, Versicheru­ngen und Steuern zusammenko­mme. Dem gegenüber stünden Einnahmen, die durch Übernachtu­ngen, kulturelle Veranstalt­ungen, Café und Mittagstis­ch, Workshops, Seminare und Spenden generiert werden, so Stef Maldener. Ein Förderund Freundeskr­eis soll dem Verein nun helfen, sich dauerhaft zu finanziere­n. „Mit dem Geld wollen wir das Projekt weiterentw­ickeln, die Akademie ausbauen“, sagt Stef Maldener. Die Akademie sei ein Destillat aus den vergangene­n sieben Jahren, das nun in verschiede­ne Formen gegossen wird. Sie soll die Zukunft des Grandhotel­s werden.

OFreundesk­reis Interessen­ten können sich unter der E-Mail-Adresse freundeskr­eis@grandhotel-cosmopolis.org an das Grandhotel wenden. Weitere Infos unter grandhotel-cosmopolis.org.

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Foto: Michael Hochgemuth Das „Grandhotel Cosmopolis“steckt in finanziell­en Schwierigk­eiten. Nun soll ein Freundeskr­eis das Projekt retten.

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