Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Was hat das Bürgergesp­räch zum Elias-Holl-Platz gebracht?

Anwohner schildern dem Oberbürger­meister und der Polizei, wie unerträgli­ch die Situation hinter dem Rathaus für sie geworden ist. Gemeinsam wurden auch Lösungsvor­schläge gesammelt. Wie es jetzt weitergehe­n soll

- VON INA MARKS

Worum ging es genau im Bürgergesp­räch?

Nachdem Anwohner des Elias-HollPlatze­s von den Missstände­n auf dem Platz unterhalb des Rathauses berichtet haben, lud Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU) Mittwochab­end zum „Bürgertalk“ins Rathaus ein. Er wollte selbst die Anwohner hören. „Unterschie­dliche Informatio­nen werden an uns herangetra­gen, die nicht ganz widerspruc­hsfrei sind“, sagte er. Gribl ging es darüber hinaus um die generelle Nutzung öffentlich­en Raums in der Stadt und wie mit Lärm und anderen Problemen umgegangen werden kann.

Wer war an dem Abend dabei?

Es kamen rund 80 Augsburger, darunter etwa 30 Anwohner aus dem Umfeld des Elias-Holl-Platzes. Auch ansässige Geschäftsl­eute waren dabei. Manche Bürger verfolgten den Abend aus reinem Interesse. Wie etwa eine Sozialpäda­gogin einer Augsburger Mittelschu­le. Sie wollte hören, wie man mit der Problemati­k umzugehen gedenke. Als Experten diskutiert­en neben OB Gribl und den Referenten Stefan Kiefer, Dirk Wurm sowie Migrations­referent Reiner Erben Vertreter der Polizei und des Stadtjugen­drings mit.

Was sagten die betroffene­n Anwohner und Geschäftsl­eute?

Ihr größtes Ärgernis ist die laute Musik. Teilweise würden die Jugendgrup­pen auf dem Platz versuchen, sich gegenseiti­g mit ihren Musikboxen an Lautstärke zu übertreffe­n. Anwohner müssen sich morgens oft den Weg durch hinterlass­enen Müll bahnen. Auch von aggressive­m Verhalten wurde erzählt. Ein Anwohner sei schon zwei Mal angegriffe­n worden. Eine Schwester des benachbart­en Klosters Maria Stern schilderte, dass sie morgens nicht nur viel Müll vor ihrem Eingang wegräumen müssen. Teils fänden sie an einer Hintertür auch Spritzen. Laut Oliver Ganteför, Betreiber des Ratskeller­s, würden auf dem Platz Drogen konsumiert. Auch führten manche Jugendlich­e Waffen mit sich. Er monierte, dass sich Mitarbeite­r des Ordnungsdi­enstes teilweise gar nicht zu den Jugendlich­en hintrauten und stattdesse­n weiterging­en. Kritisiert wurden die neuen Sitzmöbel auf dem Elias-Holl-Platz. Das Geld dafür hätte man lieber in die Jugendarbe­it gesteckt, befand ein Anwohner. Die Sitzmöbel würden eben auch nachts die Menschen anlocken, um sich dort niederzula­ssen. Die Objekte würden gerne verrückt, was wiederum sehr laut sei.

Was sind das für Jugendlich­e, die sich auf dem Holl-Platz aufhalten? Die Gruppen sind je nach Tagesund Nachtzeit unterschie­dlich, das wurde deutlich. Aus Sicht der Streetwork­er des Stadtjugen­drings erschwert das die Arbeit. Während sich tagsüber eher Schüler und Stu- dort treffen, ändert sich die Klientel, je später es wird. Abends hält sich dort Publikum auf, das vom Elias-Holl-Platz aus ins Nachtleben startet. Andere wiederum machen dort bis in die Morgenstun­den Party und damit Ärger. Wie Anwohner berichtete­n, handelt es sich um junge Menschen mit und ohne Migrations­hintergrun­d. Ein Polizeispr­echer sagte unlängst gegenüber unserer Redaktion, einige Jugendlich­e mit Migrations­hintergrun­d hätten sich früher am Königsplat­z aufgehalte­n. Durch die verstärkte Polizeiprä­senz dort seien sie eben an den EliasHoll-Platz weitergezo­gen. Diesen Verdrängun­gseffekt wollen die Experten mit einem neuen Konzept verhindern. Warum hat die Stadt so lange am Elias-Holl-Platz zugesehen?

Laut Stadtjugen­dring seien die Streetwork­er im Frühsommer vergangene­n Jahres abends dort massiv im Einsatz gewesen. Man habe den Eindruck gehabt, dass sich die Lage gebessert habe. Ordnungsre­ferent Dirk Wurm (SPD) sprach von einer unterschie­dlichen Wahrnehmun­g der Anwohner und des Ordnungsdi­enstes. Er erklärte das damit, dass die Mitarbeite­r des Ordnungsdi­enstes keine Dauerpräse­nz auf dem Platz gewährleis­ten könnten. Dadurch könnten sie sich kein Gesamtbild der Lage verschaffe­n. Oberbürger­meister Gribl betonte, die Problemati­k sei bei der Stadt auch schon vor der aktuellen Diskussion angedenten kommen. Er gab offen zu, dass diesbezügl­ich auch eine gewisse Ratlosigke­it herrschte. Jetzt sei man an dem Punkt, an dem es so nicht mehr weitergehe­n könne.

Welche Lösungsmög­lichkeiten wurden an dem Abend vorgeschla­gen? ● Die Polizei will sich entspreche­nd aufstellen, um im Frühjahr, wenn der Platz wieder stärker genutzt wird, vorbereite­t zu sein.

● Die Polizei schlug ein Lautsprech­erverbot vor.

● Mehr Streetwork­er-Präsenz.

● Es wird geprüft, ob der Kauf von Alkoholika an Tankstelle­n ab einer gewissen Uhrzeit untersagt werden könnte und ob dies sinnvoll wäre.

● Auch wird ein generelles Alkoholver­bot auf dem Platz geprüft.

● Ordnungsre­ferent Dirk Wurm plädierte dafür, den Elias-HollPlatz besser zu beleuchten. Bestimmte Personengr­uppen würden die Dunkelheit gezielt aufsuchen. Außerdem verbessere eine hellere Beleuchtun­g das subjektive Sicherheit­sgefühl. Darüber hinaus wolle man die Parksituat­ion am Platz überdenken.

● Zudem schlug Wurm vor, einen sogenannte­n Nachtmanag­er einzuführe­n, der sich in der Nacht längere Zeit auf entspreche­nden Plätzen aufhält. Er soll dafür sorgen, dass die Stimmung nicht kippt. Er könnte eine Bindeglied zwischen Jugendlich­en, Streetwork­ern, Ordnungsdi­enst und Polizei sein. Als Vorbilder nannte Wurm Städte, wie Mannheim, Stuttgart und München, wo es diese Einrichtun­g bereits gebe.

● Es wird über weitere Angebote für Jugendlich­e mit Migrations­hintergrun­d nachgedach­t.

Wer bewertet diese Ansätze und setzt sie um?

Die Vorschläge von Bürgern und Experten sollen im Januar im Rahmen eines Arbeitstre­ffens geprüft und bearbeitet werden. Oberbürger­meister Kurt Gribl rechnet hier Ende Januar mit Ergebnisse­n.

Das Fazit des Oberbürger­meisters nach dem Bürgertalk

Der Abend habe laut Gribl die Erkenntnis gebracht, dass das Problem vielschich­tig sei. Er bewertete es als sehr positiv, dass so vernünftig diskutiert wurde. Gribl sagte, er sei hoffnungsf­roh, dass man das ein oder andere zustande bringe, um die Situation am Elias-Holl-Platz zu verbessern. Alles werde man jedoch nicht erfüllen können. „Aber wir werden liefern – das ist selbstvers­tändlich.“

Das Fazit der Betroffene­n

Die Veranstalt­ung vermittelt­e vielen Anwohnern das Gefühl, dass das Thema Elias-Holl-Platz endlich bei der Stadt gesetzt ist. Nun ist man gespannt auf ein Konzept. So sagte ein Betroffene­r im Anschluss: „Ein Alkoholver­bot kann man schon fordern. Aber das muss vor Ort auch personell durchgeset­zt werden.“

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Foto: Silvio Wyszengrad Der leere Elias-Holl-Platz an einem frühen Novemberab­end. Wenn es wärmer ist, treffen sich dort viele junge Leute. Anwohner klagen über Lärm, Müll und Ärger. Die Stadt will nun handeln.
 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Rund 80 Augsburger kamen zum „Bürgertalk“mit Oberbürger­meister Kurt Gribl und Vertretern von Polizei, Stadt und Stadtjugen­dring.
Foto: Silvio Wyszengrad Rund 80 Augsburger kamen zum „Bürgertalk“mit Oberbürger­meister Kurt Gribl und Vertretern von Polizei, Stadt und Stadtjugen­dring.

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