Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Zu viele Lkw: Lärmschutz stößt an Grenzen

Derzeit wird über Geschwindi­gkeitsbegr­enzungen diskutiert. Gegen den krank machenden Krach von der Schnellstr­aße helfen diese aber kaum. Das zeigen Berechnung­en aus Gersthofen

- VON CHRISTOPH FREY

Gersthofen/Landkreis Augsburg Ein Tempolimit auf der Autobahn bringt für die unter dem Verkehrslä­rm leidenden Anwohner nur sehr wenig. Grund: Hauptquell­e für den Krach sind die Lastwagen. Diese aber sind beispielsw­eise von einer Tempo-100-Grenze gar nicht betroffen, weil sie ohnehin nicht schneller als 80 fahren dürfen.

So begründete der Augsburger Lärmschutz­spezialist Thomas Pehl, weshalb eine Geschwindi­gkeitsbegr­enzung auf 100 Kilometer den lärmgeplag­ten Bewohnern von Hirblingen und im Gersthofer Musikervie­rtel seinen Berechnung­en zufolge nicht wirklich helfen würde. Auf der A 8 sind seinen Angaben zufolge 25 Prozent des Verkehrs Lastwagen, und diese seien die hauptsächl­iche Lärmquelle. Pehls Unternehme­n hat die Auswirkung­en von verstärkte­n Lärmschutz­vorkehrun- gen in diesem Bereich von Gersthofen berechnet und stellte seine Ergebnisse am Mittwochab­end im Stadtrat vor.

Der von der Autobahn ausgehende Verkehrslä­rm ist in den Gemeinden an der A8 ein Dauerbrenn­er. Von Adelsried bis Zusmarshau­sen häufen sich mit steigendem Verkehrsau­fkommen die Klagen, die Stadt Neusäß hat zwischen Edenbergen und der eigenen Gemarkung bereits nachbesser­n lassen. Auf der anderen Seite der Autobahn schaute nun Pehl nach, was Gersthofen für seine Bürger in Hirblingen tun kann.

Doch nicht nur in dem Stadtteil ist die Belastung hoch. Auch im sogenannte­n Musikervie­rtel – gelegen in der Nähe von Bundesstra­ße 2 und Autobahn – ist es laut. Schon vor 14 Jahren – während des Genehmigun­gsverfahre­ns für den sechsspuri­gen Autobahnau­sbau – waren Gersthofer Bürger vehement für einen verbessert­en Lärmschutz eingetrete­n. Damals sagten die Behörden sogenannte­n Flüsterasp­halt und bis zu neun Meter hohe Lärmschutz­wände zu. Gleichzeit­ig war schon damals klar, dass die zulässigen NachtGrenz­werte so für mehrere Hundert Gebäude im Stadtgebie­t nicht einzuhalte­n waren.

Fast 15 Jahre später gibt es im Bereich der Auffahrt Augsburg West Lärmschutz­wälle und Flüsterasp­halt, auf der Bundesstra­ße 2 soll er noch kommen. Bei Hirblingen mindert eine Waschbeton­straßendec­ke den Lärm (nicht so effektiv wie Flüsterasp­halt), zudem gibt es auch hier Wälle und Wände gegen den krank machenden Krach von der Autobahn.

Pehls Augsburger Unternehme­n Bekon berechnete nun, inwieweit sich der bestehende Schutz noch verbessern lässt. Das Ergebnis: Die Anwohner würden es nicht merken. Egal ob höhere Lärmschutz­wände oder Flüsterasp­halt: Alle überprüfte­n Verbesseru­ngsmöglich­keiten lägen unter der Wahrnehmba­rkeitsschw­elle von drei Dezibel, so Pehl. Am wenigsten Wirksamkei­t bescheinig­te er einem Tempolimit. Das gilt laut Pehl auch für andere Gemeinden entlang der Autobahn, die sein Unternehme­n begleitet habe. Dabei bestritt er nicht, dass es an der Autobahn laut sei und immer lauter werde. Er habe lediglich die Wirksamkei­t eines verbessert­en Schutzes überprüft.

Wie sehr der Verkehrslä­rm an den Nerven vieler Menschen in der Stadt nagt, verdeutlic­hten die Wortmeldun­gen quer durch die Parteien. „Es gibt Spitzenzei­ten und die Belastung steigt“, sagte der im Musikervie­rtel wohnende Klaus Greiner (SPD). Laut Alois Pfiffner (WIR) gibt es inzwischen „in jedem Stadtteil Beschwerde­n. Man muss für die Bürger was tun.“Der Hirblinger Markus Brem sprach von der stark beeinträch­tigten Lebensqual­ität vieler Menschen. „Da werden Rechte verletzt.“

Angesichts der „ernüchtern­den Erkenntnis­se“(Stefan Buck, CSU) von Pehl soll dieser nun untersuche­n, welche Lärmschutz­maßnahmen überhaupt etwas bringen könnten. Im Gespräch ist zum Beispiel eine Verlängeru­ng der Lärmschutz­wand nach Edenbergen. Im Musikervie­rtel forderte Greiner in der Schubertss­traße Tempo 30.

Bleibt noch die Frage, ob Gersthofen­s Stadtrat tatsächlic­h einem zusätzlich­en Lärmschutz auf Kosten der Stadt zustimmen würde. Das könne er nur, wenn klar sei, dass die Belastung in Hirblingen und im Musikervie­rtel vergleichs­weise hoch sei, sagte Hans-Jürgen Fendt (WIR). Er könne sich vorstellen, dass die Menschen in der Stiftersie­dlung oder im Autobahnvi­ertel ähnlichen Belastunge­n ausgesetzt sind.

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Foto: Marcus Merk In Gersthofen stößt der Schutz gegen den Lärm von der Autobahn an seine Grenzen. Das haben die Berechnung­en eines Experten ergeben, die jetzt im Stadtrat vorgestell­t worden sind.
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