Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Hepatitis C: Noch mehr Patienten angesteckt?
Die Behörden haben neue Erkenntnisse, wonach der unter Verdacht stehende Narkosearzt bereits im Sommer 2016 infektiös gewesen sein könnte. Deshalb werden noch mehr Operierte angeschrieben
Donauwörth Möglicherweise waren noch mehr Patienten, die in der Donau-Ries-Klinik in Anwesenheit eines bestimmten Narkosearztes operiert wurden, der Gefahr ausgesetzt, mit Hepatitis C angesteckt zu werden. Weil dies nach neuesten Erkenntnissen der Behörden nicht ausgeschlossen werden kann, werden in den nächsten Tagen wohl schätzungsweise weitere 400 Personen angeschrieben und gebeten, sich auf dieses Virus testen zu lassen. Der Grund dafür ist laut Landratsamt, dass sich bei einem der mittlerweile 62 Patienten, bei denen der Test positiv ausfiel, die Infektion auf den Februar 2017 datieren lässt.
Die Infektion ist durch Antikörper nachweisbar. Bis sich diese bilden, kann es laut Dr. Rainer Mainka, Leiter des Gesundheitsamts Donau-Ries, bis zu sechs Monate dauern. Dies bedeutet: Der Überträger kann das Virus schon so lange im Blut haben und verbreiten, hat aber noch keine Antikörper gebildet.
Der unter Verdacht stehende Anästhesist wurde während seiner Zeit an der Donauwörther Klinik zuletzt am 22. November 2016 getestet – und zwar negativ. Durch die Infektion des Patienten nur drei Monate später müsse man davon ausgehen, dass der Mediziner relativ kurz nach der betriebsärztlichen Untersuchung infektiös geworden sei.
Die Behörde schließt daraus, dass er das Virus auch schon rückwirkend bis zum 22. Mai in sich gehabt haben könnte. In dieser möglichen Übergangsphase von einem halben Jahr bis zur Antikörperbildung könnte der Medikamentensüchtige bei Operationen auch Patienten angesteckt haben.
All diese Betroffenen, bei deren OP der Mediziner dabei war, werden nun ebenfalls angeschrieben. Nach Auskunft des Landratsamts ist das Krankenhaus gerade dabei, entsprechende Namenslisten zu erstellen. Mainka rechnet damit, dass auf diesen wohl 350 bis 400 Patienten stehen, die zwischen dem 22. Mai und 22. November 2016 in Donauwörth operiert wurden. Dieser Personenkreis werde dann umgehend schriftlich benachrichtigt.
Der Leiter des Gesundheitsamts glaubt nicht, dass sich die Zahl der infizierten Patienten nochmals deutlich erhöht: „Ich erwarte keine großen Zahlen mehr.“Dafür spräche die Tatsache, dass mit zunehmender Infektionsdauer die Viruszahl größer werde. Dies zeige sich an den bisher bekannten Fällen: 85 Prozent der 62 Infizierten seien zwischen Ende 2017 und April 2018 operiert worden, nur wenige seien davor angesteckt worden.
Das Gesundheitsamt betont, dass es sich bei der neuerlichen Briefaktion um eine Vorsichtsmaßnahme handle, „mit der auch jeder erdenkliche Einzelfall einer erfolgten Ansteckung aufgedeckt und einer gegebenenfalls notwendigen Therapie zur Vermeidung bleibender Schäden zugeführt werden kann“. Dies alles geschehe in Absprache mit dem Landesuntersuchungsamt.
Unterdessen verdichtet sich dem Landratsamt zufolge der Verdacht, dass der Narkosearzt die Infektionsquelle ist, immer mehr. In dieser Woche seien die schriftlichen Ergebnisse aus dem Robert-Koch-Institut eingegangen, welches das Blut der bislang bekannten Infizierten untersucht. Demnach wurde bei 30 Patienten der gleiche Genotyp festgestellt wie bei dem Mediziner. Auch die aktuell vorliegenden Zwischenergebnisse der NukleinsäureSequenzen deuteten auf ein einheitliches Ergebnis hin. Weitere Tests von nachträglich eingehenden Blutproben folgten.
Die Behörde kommt zum Schluss: „Wir können zwischenzeitlich von einer einzigen gemeinsamen Ansteckungsquelle ausgehen.“Abgesehen von besagtem Anästhesisten habe unter den Mitarbeitern des Symbolfoto: Barbara Wild Krankenhauses bisher keine andere Quelle ermittelt werden können. Nur von wenigen Beschäftigten, die inzwischen an anderen Orten tätig seien, stünden die Untersuchungsergebnisse auf Hepatitis C noch aus.
Von den 1286 Personen, die zwischen dem 22. November 2016 und dem 24. April 2018 operiert wurden und bereits Post vom Gesundheitsamt Donau-Ries erhielten, haben sich etwa 150 noch nicht gemeldet. Die Behörde bittet diese Personen in einer Pressemitteilung, ihre Testergebnisse zu schicken.
Zudem verweist das Amt auf die Möglichkeit von kostenlosen Schnelltests in den Kliniken in Donauwörth und Nördlingen.