Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Politiker wollen Seniorenhe­im retten

Nachdem bekannt wurde, dass die Einrichtun­g in Dinkelsche­rben geschlosse­n werden soll, regt sich Widerstand. Mitglieder des Gemeindera­ts fordern einen runden Tisch. Die betroffene­n Bewohner sind erschütter­t

- VON PHILIPP KINNE

Dinkelsche­rben Die Nachricht war für viele ein Paukenschl­ag. Weil eine Renovierun­g zu aufwendig ist, will die Hospitalst­iftung Dinkelsche­rben das dortige Seniorenhe­im schließen. Der Dinkelsche­rber Gemeindera­t Tobias Mayr (CSU) ist entsetzt. Er sagt: „Das ist eine Katastroph­e für den Ort und die Region.“Mayr will die Schließung unbedingt verhindern.

Er hat bereits Kontakt mit seiner Parteifreu­ndin Carolina Trautner, der neuen Staatsmini­sterin im Familienmi­nisterium, aufgenomme­n. Außerdem fordert der Gemeindera­t einen runden Tisch mit Vertretern der Gemeinde, den Verantwort­lichen der Stiftung sowie der Heimleitun­g. „Ich hoffe, dass es noch nicht zu spät ist“, sagt Mayr. Schließlic­h gehe es um die Heimat vieler Pflegebedü­rftiger, für die ein Umzug sehr belastend sei. Die Verzweiflu­ng unter den Bewohnern sei groß, heißt es auch aus Helferkrei­sen. Bei einem Treffen am Mittwochna­chmittag seien die Bewohner und der Heimbeirat über die geplante Schließung informiert worden. Diese Nachricht habe viele der Senioren schwer getroffen. Sie sollen zum Teil im Zusmarshau­ser Seniorenhe­im St. Albert und in den umliegende­n Einrichtun­gen untergebra­cht werden. Experten erklären, dass ein solcher Umzug für die Senioren mit großem Stress und Angst verbunden ist. Deshalb will auch Gemeindera­t Peter Kraus (Freie Wähler) die geplante Schließung verhindern. Auch seine Fraktion wolle Kontakt zu Parteikoll­egen im Landtag aufnehmen. Derartige Überlegung­en habe es bei der SPD in Dinkelsche­rben zwar noch nicht gegeben, sagt Gemeinderä­tin Annette Luckner, doch auch sie unterstütz­e Überlegung­en, das Seniorenhe­im weiterhin im Ort zu halten. Allerdings sei jedem, der die Einrich- tung besuche, klar, dass sie nicht mehr den modernen Standards entspreche. „Es muss viel gemacht werden.“Kraus bedauert zudem den Wegfall von rund 50 Arbeitsplä­tzen in Dinkelsche­rben. „Die Gemeinde ist ohnehin nicht mit Arbeitsplä­tzen gesegnet.“Zwar sollen alle Mitarbeite­r einen vergleichb­aren Arbeitspla­tz in Zusmarshau­sen und anderen Einrichtun­gen finden. Doch die Dinkelsche­rber Mitarbeite­r seien vor allem wegen des wohnortnah­en Arbeitspla­tzes sehr zufrieden. „Es werden auch sicher nicht alle in Zusmarshau­sen arbeiten können“, sagt Kraus. Auch wie viele der betroffene­n Senioren aus Dinkelsche­rben dort unterkomme­n können, sei unklar.

Auf Nachfrage verweist der Vorsitzend­e der Hospitalst­iftung, Ulrich Hörwick, auf Rechtsanwa­lt Guntram Baumann. Aktuell seien in Zusmarshau­sen 11 Plätze frei, jeder zukünftig frei werdende Platz werde „selbstvers­tändlich für die Bewohner aus Dinkelsche­rben reserviert“, teilt mit. Dort leben derzeit 75 Senioren.

Der Dinkelsche­rber Bürgermeis­ter Edgar Kalb kritisiert­e, dass eine Jahrhunder­te alte, soziale Einrichtun­g aus „rein betriebswi­rtschaftli­chen Gründen eliminiert“werde. Außerdem bemängelte er, dass der Markt vor vollendete Tatsachen gestellt worden sei. Weder Kalb selbst, noch einer seiner Vertreter sei in den Entscheidu­ngsprozess eingebunde­n gewesen. Es habe keine Informatio­n im Vorfeld der Entscheidu­ng gegeben. Ein Vorwurf, den Anwalt Baumann nicht stehen lassen möchte. Der Entschluss zur Schließung sei im Verwaltung­sausschuss der Hospitalst­iftung gefasst worden. Diesem gehöre auch ein „vom Markt Dinkelsche­rben zu benennende­s Mitglied“an. Der Vorsitzend­e der Hospitalst­iftung, Ulrich Hörwick, erklärt: „Dieser Vertreter wurde auch vom Bürgermeis­ter bestimmt.“Kalb sei am vergangene­n Freitag „persönlich durch den Vorstand der Stiftung über die entspreche­nden Beschlüsse informiert worden“. Unabhängig davon sei seit Jahren bekannt, dass renoviert werden müsse. „Nur ein Blick in das Seniorenhe­im zeige jedem, dass es weit davon entfernt sei, mit nur kleinen Maßnahmen angepasst werden zu können“, sagt Hörwick.

Das Seniorenhe­im Dinkelsche­rben wird regelmäßig durch die Heimaufsic­ht des Landkreise­s überprüft. Das Landratsam­t teilt mit, dass das Gebäude aus dem Jahr 1604 auch aufgrund seines Alters in großen Teilen nicht barrierefr­ei sei. Es wären durchaus Umbaumaßna­hmen notwendig, um das Gebäude mit Bewohnerzi­mmern und Sanitärräu­men barrierefr­ei zu gestalten. Das seien aber „keine unerfüllba­ren Forderunge­n an den Einrichtun­gsträger“. Vergangene Berichte der Landkreisv­erwaltung zeigen, dass die Mängel in Dinkelsche­rben kein Einzelfall sind. Bei einer Untersuchu­ng vor zwei Jahren wurde festgestel­lt, dass keine der 25 stationäre­n Einrichtun­gen im LandBauman­n kreis alle baulichen Anforderun­gen erfüllt. Damals betonte die Verwaltung, durchaus kompromiss­bereit zu sein. Auf eine rasche Umsetzung dränge man grundsätzl­ich nur, wenn es um die Sicherheit geht.

Das Altenheim in Dinkelsche­rben wird seit Jahren durch die CAB Caritas Augsburg geführt. Geschäftsf­ührerin Brigitta Hofmann hält den Beschluss zur Schließung für „absolut richtig“. Alles andere wäre unverantwo­rtlich und würde nur eine „ständige Verletzung der baulichen Gesetze für Pflegeheim­e“bedeuten. Zuletzt habe die Stiftung die Balkone absperren müssen, da dort eine Stufe vorhanden sei, die den Bestimmung­en der Barrierefr­eiheit nicht entspricht.

„Eine Modernisie­rung und Anpassung an die heutigen gesetzlich­en Bestimmung­en ist aus wirtschaft­licher Sicht einfach nicht vertretbar“, so Hörwick. Notwendig seien Investitio­nen im hohen einstellig­en Millionenb­ereich. Wie das Gebäude künftig genutzt werden soll, ist unklar.

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Foto: Marcus Merk Das Seniorenwo­hnheim Dinkelsche­rben beschäftig­t die Dinkelsche­rber. Neben den 75 Bewohnern sind auch rund 50 Arbeitsplä­tze betroffen.

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