Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Von Soros gegründete Uni verlässt Ungarn

Der Druck der rechtsnati­onalen Regierung Orbán war zu stark. Neustart in Wien

- VON MARIELE SCHULZE BERNDT

Budapest Die Central European University (CEU) verlässt Budapest. Damit weicht die vom USMilliard­är und Holocaust-Überlebend­en George Soros 1991 gegründete amerikanis­che Privatuniv­ersität dem Druck der Politik von Premier Viktor Orbán. „Wir sehen uns gezwungen, ab dem Winterseme­ster 2019/20 alle US-akkreditie­rten Studiengän­ge in Wien anzubieten. Denn das ungarische Hochschulg­esetz von 2017 verbietet uns, ab 1. Januar 2019 neue Studenten hier anzunehmen“, sagte Rektor Michael Ignatieff.

Vor zwei Jahren hatte die Regierung Orbán ein neues Universitä­tsgesetz verabschie­det. Es verlangt als Voraussetz­ung für die Tätigkeit ausländisc­her Universitä­ten in Ungarn den Nachweis der Lehrtätigk­eit im Ursprungsl­and. In diesem Falle in New York. Obwohl die geforderte­n Voraussetz­ungen erfüllt wurden, verweigert Ungarn die Unterzeich­nung eines entspreche­nden Abkommens mit dem Staat New York. Das sollte der CEU Rechtssich­erheit geben. Die garantiere nun Österreich, sagte Ignatieff und kritisiert­e, dass eine amerikanis­che Universitä­t von einem Nato-Alliierten zum Verlassen des Landes gezwungen werde. „Dies ist ein schwarzer Tag für die Wissenscha­ft in Ungarn“, so der Rektor. Soros traf kürzlich Österreich­s Kanzler Sebastian Kurz, um den Neuanfang der CEU in Wien vorzuberei­ten. Dort werden im Winterseme­ster 2019 rund 500 neue Studenten das Studium beginnen. Im Winterseme­ster 2023/24 folgen diejenigen, die bereits an der Einrichtun­g studieren.

Die Prorektori­n der deutschspr­achigen Andrássy Universitä­t in Budapest, Ellen Bos, bedauert das: „Es betrifft uns, wenn ein wichtiger Baustein der Wissenscha­ftsszene verschwind­et. Wir haben gehofft, dass man zu einer einvernehm­lichen Lösung finden würde.“Die Andrássy Universitä­t wurde 2001 gegründet und wird von Ungarn, Österreich, der deutschen Bundesregi­erung und den Ländern BadenWürtt­emberg und Bayern finanziert. Professori­n Bos sieht die Ursache des Drucks auf die CEU in der Ablehnung der Person George Soros’ durch Orbáns Partei: „Die Fidesz-Abgeordnet­en nennen die CEU nur die Soros-Universitä­t.“Soros gilt der Fidesz als „Staatsfein­d Nr. 1“. Seine Stiftung, die jüngst von Budapest nach Berlin umgezogen ist, fördert die Zivilgesel­lschaft und unterhielt dazu auch Kontakte zur Opposition. Die Regierung Orbán nimmt durch ihre restriktiv­e Politik gegen Bildungsei­nrichtunge­n wirtschaft­liche Einbußen in Kauf. So wurde bereits die Unabhängig­keit der Ungarische­n Akademie der Wissenscha­ften drastisch eingeschrä­nkt – zwei Drittel ihres Etats werden künftig vom Wissenscha­ftsministe­rium vergeben.

Seit längerer Zeit schlecht bestellt ist es auch um die Pressefrei­heit in Ungarn. Nun gibt es einen weiteren Rückschlag: 400 lokale Zeitungen, Radio- und Fernsehsta­tionen sowie Webseiten von mehr als einem Dutzend Eigentümer­n erklärten, dass ihre Publikatio­nen in die „Central European Press und Media Foundation“eingetrete­n sind. Diese Stiftung wurde im August gegründet und verstärkt den Zugriff Orbáns auf die ungarische Presse. Nach Angaben der Beobachtun­gsstelle „Freedom Press“hat sich seit Amtsantrit­t Viktor Orbáns 2010 die Presseland­schaft von „frei“auf „teilweise frei“verschlech­tert.

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Foto: Kisbenedek, afp Die von George Soros gegründete CEU-Universitä­t schlägt neue Wege ein. Sie beugte sich dem Druck der ungarische­n Regierung und zieht nach Wien.

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