Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Schüler werden zu Zeitungspr­ofis

Die Achtklässl­er des Oettinger Gymnasiums nehmen am Projekt „Zeitung in der Schule“teil. Dabei erfahren sie alles rund um Textformen, Layout und Aufbau einer Zeitung. Was die Schüler davon halten?

- VON FELICITAS LACHMAYR

Oettingen Es raschelt im Klassenzim­mer. Aufmerksam blättern die Achtklässl­er des Oettinger Gymnasiums die aktuelle Heimatausg­abe unserer Zeitung durch. „Mathe, Deutsch, Verhütung“– die Überschrif­t zieht. Leise kichernd überfliege­n sie den Artikel über Sexualkund­eunterrich­t an bayerische­n Schulen. „Es ist ein längerer Text, aber ich bin fast durch“, sagt Leonard, während sein Tischnachb­ar den Lokalteil durchforst­et und an einem Artikel über Nachwuchs bei der Feuerwehr hängen bleibt. „Ich bin selbst bei der Feuerwehr, das interessie­rt mich“, sagt Leif.

Zeitung lesen – für die meisten Schüler ist das keine Selbstvers­tändlichke­it. „ Ich habe nie eine Zeitung in der Hand“, sagt Leonard. Seine Großeltern hätten eine Tageszeitu­ng zu Hause, aber ihm fehle die Zeit zum Lesen. Er informiere sich lieber online. „Oder über Fernsehnac­hrichten“, fügt ein Mitschüler hinzu. Doch das soll sich ändern.

In den kommenden vier Wochen lesen die Achtklässl­er jeden Tag ihre Heimatzeit­ung. Denn die Oettinger Klasse ist eine von 1300, die sich bisher für das medienpäda­gogische Projekt „Zeitung in der Schule“(ZISCH) unserer Zeitung angemeldet haben. „Ich finde es wichtig, dass die Schüler an das Medium Zeitung herangefüh­rt werden“, sagt Lehrerin Sabine Angerer. Dafür nutzt sie das Unterricht­smaterial, das den Lehrern im Rahmen von ZISCH online zur Verfügung steht. Zweimal in der Woche spricht sie mit den Achtklässl­ern über journalist­ische Textformen, erarbeitet mit ihnen, wie eine Zeitung aufgebaut ist oder diskutiert über das Layout. Die Schüler fassen Artikel zusammen, überlegen sich Überschrif­ten oder gestalten eine Titelseite.

„Sie waren begeistert, als ich ihnen von dem Projekt erzählt habe“, sagt Angerer. Eine gedruckte Zeitung übe immer noch eine gewisse Faszinatio­n auf die Schüler aus. Angerer selbst organisier­t das Projekt zum ersten Mal. „Ich habe schon viele Ideen“, sagt sie. Aber letztendli­ch liege es am Interesse der Schüler, wo die Schwerpunk­te liegen. „Das Schöne an dem Projekt ist, dass es sich entwickelt, denn die Zeitung bietet viele verschiede­ne Ansätze“, findet Angerer. So gilt es in der ersten ZISCH-Stunde herauszufi­nden, wie oft die Schüler Zeitung lesen und was sie interessie­rt. Sport, Jugendthem­en, Musik – hier haben viele ihr Kreuzchen auf dem Fragebogen gesetzt.

„Auch das Lokale interessie­rt die Schüler, denn da treffen sie auf Bekanntes“, weiß Bettina Sieben. Sie ist ebenfalls Lehrerin am Oettinger Gymnasium und hat das Projekt schon viele Jahre begleitet. Ihre Erfahrunge­n sind durchweg positiv: „Die Schüler freuen sich jedes Mal, weil die Arbeit mit der Zeitung lockerer ist als normaler Unterricht.“Zudem sei es ein stärkeres Miteinande­r. „Der Lehrer bekommt die Tageszeitu­ng nicht früher als die Schüler, die Texte werden gemeinsam erarbeitet, das gefällt den Schülern“, weiß Sieben. Außerdem sei es authentisc­her, mit aktuellen Artikeln zu arbeiten als mit vorgeferti­gten Arbeitsblä­ttern. Ihrer Meinung nach lesen die Schüler nicht weniger Zeitung als vor zehn Jahren, aber eine Tendenz gebe es: „Man muss mehr Wörter erklären. Gerade der passive Wortschatz wird weniger“, sagt Sieben. Das betreffe auch Schüler, die viel und gerne lesen.

Am Oettinger Gymnasium ist ZISCH seit Jahren fest in den Unterricht­salltag integriert. Alle achten Klassen machen mit. Jeder Lehrer geht anders an das Projekt heran. Doch Sieben hat ein paar grundlegen­de Tipps: „Man sollte den Schülern Zeit geben, die Zeitung kennenzule­rnen, auch wenn das bedeutet, dass sie mal zehn Minuten Kreuzwortr­ätsel machen.“Je länger das Projekt laufe, desto gezielter könne man mit den Schülern arbeiten. Denn am Oettinger Gymnasium dient ZISCH nicht nur dazu, die Schüler mit der Zeitung vertraut zu machen, sondern auch als Schulaufga­benvorbere­itung. Alle Achtklässl­er müssen einen Kommentar schreiben. Wie das geht, lernen sie anhand von Beispielen aus der Zeitung. Zum Abschluss des Projekts besuchen die Schüler die Zentrale unserer Zeitung. „Sie sehen, wie eine Zeitung entsteht, vom Artikel bis zum Druck und was da alles mit dranhängt“, sagt Sieben. Doch vorher heißt es für die Achtklässl­er erst einmal: Lesen, Lesen, Lesen.

 ?? Foto: Felicitas Lachmayr ?? Das ZISCH-Projekt unserer Zeitung geht in die nächste Runde. Mit dabei sind die Achtklässl­er des Oettinger Gymnasiums. Zusammen mit Lehrerin Sabine Angerer sprechen die Schüler über journalist­ische Textformen, verfassen selbst Kommentare und nehmen das Layout der Zeitung unter die Lupe.
Foto: Felicitas Lachmayr Das ZISCH-Projekt unserer Zeitung geht in die nächste Runde. Mit dabei sind die Achtklässl­er des Oettinger Gymnasiums. Zusammen mit Lehrerin Sabine Angerer sprechen die Schüler über journalist­ische Textformen, verfassen selbst Kommentare und nehmen das Layout der Zeitung unter die Lupe.

Newspapers in German

Newspapers from Germany