Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ein großes Projekt liegt jetzt auf Eis

Das Lechfeld im Süden von Augsburg hat sich zum Schwerpunk­t für die Logistikbr­anche entwickelt. Warum in Kleinaitin­gen keine neuen Gewerbeflä­chen entstehen und welchen Anteil daran die Bürger haben

- VON MICHAEL LINDNER

Kleinaitin­gen Es ist ein sperriger Begriff, doch was sich hinter der „4. Änderung des Flächennut­zungsplane­s“der Gemeinde Kleinaitin­gen verbirgt, sorgte in Teilen der Bevölkerun­g für einen Aufschrei. Eine Fläche von knapp 150 Hektar (etwa 210 Fußballfel­der) östlich der B17 rund um das bestehende BMW-Logistikze­ntrum sowie eine rund 24 Hektar (etwa 34 Fußballfel­der) große Fläche auf der anderen Seite der Bundesstra­ße westlich des Aldi-Logistikze­ntrums sollten auf eine mögliche gewerblich­e Nutzung hin untersucht werden. Die Flächen werden bisher größtentei­ls landwirtsc­haftlich genutzt, auf einem kleinen Teil des Areals steht eine Photovolta­ikanlage. Als der Gemeindera­t diese Pläne im Dezember vergangene­n Jahres beschloss, regte sich schon bald Widerstand in der Bevölkerun­g. Erfolgreic­her Widerstand, wie sich diese Woche nun herausstel­lte.

Mehrere Landwirte und der Bauernverb­and kritisiert­en bei einem Vor-Ort-Termin mit unserer Zeitung im April dieses Jahres das Großprojek­t. Mehr als 108 Hektar landwirtsc­haftlich genutzte Fläche würde verloren gehen, Natur zerstört, die Flächenver­siegelung zunehmen – beispielsw­eise durch neue Baugebiete –, ein Anstieg des ohnehin schon hohen Verkehrsau­fkommens seien die Folgen. Zudem trieb die Männer die Sorge um, dass der Mittelstan­d vernachläs­sigt werde und weitere große Logistikze­ntren entstehen. „Die Kleinaitin­ger wissen, wie es ein paar Meter weiter in Graben aussieht. Dort stehen die riesigen Hallen von Lidl, Amazon und vielen mehr. Das wollen wir hier nicht haben“, sagt Michael Simnacher.

Mitte Juni formierte sich eine Bürgerinit­iative, in welcher auch der Kleinaitin­ger Simnacher aktiv ist. Sie starteten ein Bürgerbege­hren mit dem Titel „Heimat und Natur bewahren“. Innerhalb kürzester Zeit sammelten deren Vertreter 310 gültige Unterschri­ften und gaben diese Anfang Oktober bei der Verwaltung ab; das entspricht mehr als 30 Prozent der Wahlbeteil­igten im Ort. Das benötigte Quorum von zehn Prozent wurde damit deutlich übertroffe­n.

In der Zwischenze­it wurde der geplante Umgriff von der Gemeinde deutlich verringert – um 60 Hektar auf rund 112 Hektar. Als alles auf einen Bürgerents­cheid hinauslief, gab es eine überrasche­nde Wendung. Die Vertreter des Bürgerbege­hrens einigten sich mit dem Gemeindera­t nach einer mehrstündi­gen Sitzung darauf, die Frist über die Zulässigke­it des Bürgerbege­hrens von einen auf sechs Monate zu verlängern. In dieser Zeit sollte nach möglichen Kompromiss­en zwischen den beiden Seiten gesucht werden.

Gespräche fanden aber nicht statt; zudem wurde bekannt, dass die Fristverlä­ngerung rechtlich nicht möglich sei. Die Entscheidu­ng ob eines Bürgerents­cheids fiel nun diese Woche, hier folgte die nächste Überraschu­ng: Es wird keinen geben. Der Kleinaitin­ger Gemeindera­t beschloss einstimmig, die vierte Änderung des Flächennut­zungsplans einzustell­en. Die daraus folgende Sperrfrist beträgt ein Jahr. Die Vertreter des Bürgerbege­hrens zeigten sich ob dieser Lösung überrascht und zugleich wenig zufrieden. Sie hätten gerne die Bevölkerun­g abstimmen lassen, damit sie ihre Rückendeck­ung aus der Bevölkerun­g auch zahlenmäßi­g untermauer­n können, so die Vertreter.

Bürgermeis­ter Rupert Fiehl macht deutlich, dass nie die komplette untersucht­e Fläche bebaut werden sollte. Ihm sei der Naturaspek­t ebenfalls wichtig, aber er „versuche abzuwägen, wo Gewerbe am wenigsten Schaden verursacht“. Zudem verweist er darauf, dass im Zuge der BMW-Ansiedlung fast 70 Tonnen Munitionsr­este und Schrott aus dem Boden befördert wurden: „Die offensicht­lich schöne Landschaft des ehemaligen Truppenübu­ngsplatzes ist doch nicht so schön, wie sie scheint.“

Ein Bürgerbege­hren ,Heimat und Natur bewahren‘

Abwägen, wo Gewerbe am wenigsten schadet

 ??  ?? Die Kleinaitin­ger haben Angst, dass vor ihrer Haustür ein ebenso großes Gewerbegeb­iet entsteht wie in der Nachbargem­einde Graben. Nun hat die Gemeinde eine Sperrfrist von einem Jahr beschlosse­n, in dem die Planungen (siehe Grafik) nicht umgesetzt werden dürfen. Archivfoto: Ulrich Wagner
Die Kleinaitin­ger haben Angst, dass vor ihrer Haustür ein ebenso großes Gewerbegeb­iet entsteht wie in der Nachbargem­einde Graben. Nun hat die Gemeinde eine Sperrfrist von einem Jahr beschlosse­n, in dem die Planungen (siehe Grafik) nicht umgesetzt werden dürfen. Archivfoto: Ulrich Wagner

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