Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Ein großes Projekt liegt jetzt auf Eis
Das Lechfeld im Süden von Augsburg hat sich zum Schwerpunkt für die Logistikbranche entwickelt. Warum in Kleinaitingen keine neuen Gewerbeflächen entstehen und welchen Anteil daran die Bürger haben
Kleinaitingen Es ist ein sperriger Begriff, doch was sich hinter der „4. Änderung des Flächennutzungsplanes“der Gemeinde Kleinaitingen verbirgt, sorgte in Teilen der Bevölkerung für einen Aufschrei. Eine Fläche von knapp 150 Hektar (etwa 210 Fußballfelder) östlich der B17 rund um das bestehende BMW-Logistikzentrum sowie eine rund 24 Hektar (etwa 34 Fußballfelder) große Fläche auf der anderen Seite der Bundesstraße westlich des Aldi-Logistikzentrums sollten auf eine mögliche gewerbliche Nutzung hin untersucht werden. Die Flächen werden bisher größtenteils landwirtschaftlich genutzt, auf einem kleinen Teil des Areals steht eine Photovoltaikanlage. Als der Gemeinderat diese Pläne im Dezember vergangenen Jahres beschloss, regte sich schon bald Widerstand in der Bevölkerung. Erfolgreicher Widerstand, wie sich diese Woche nun herausstellte.
Mehrere Landwirte und der Bauernverband kritisierten bei einem Vor-Ort-Termin mit unserer Zeitung im April dieses Jahres das Großprojekt. Mehr als 108 Hektar landwirtschaftlich genutzte Fläche würde verloren gehen, Natur zerstört, die Flächenversiegelung zunehmen – beispielsweise durch neue Baugebiete –, ein Anstieg des ohnehin schon hohen Verkehrsaufkommens seien die Folgen. Zudem trieb die Männer die Sorge um, dass der Mittelstand vernachlässigt werde und weitere große Logistikzentren entstehen. „Die Kleinaitinger wissen, wie es ein paar Meter weiter in Graben aussieht. Dort stehen die riesigen Hallen von Lidl, Amazon und vielen mehr. Das wollen wir hier nicht haben“, sagt Michael Simnacher.
Mitte Juni formierte sich eine Bürgerinitiative, in welcher auch der Kleinaitinger Simnacher aktiv ist. Sie starteten ein Bürgerbegehren mit dem Titel „Heimat und Natur bewahren“. Innerhalb kürzester Zeit sammelten deren Vertreter 310 gültige Unterschriften und gaben diese Anfang Oktober bei der Verwaltung ab; das entspricht mehr als 30 Prozent der Wahlbeteiligten im Ort. Das benötigte Quorum von zehn Prozent wurde damit deutlich übertroffen.
In der Zwischenzeit wurde der geplante Umgriff von der Gemeinde deutlich verringert – um 60 Hektar auf rund 112 Hektar. Als alles auf einen Bürgerentscheid hinauslief, gab es eine überraschende Wendung. Die Vertreter des Bürgerbegehrens einigten sich mit dem Gemeinderat nach einer mehrstündigen Sitzung darauf, die Frist über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens von einen auf sechs Monate zu verlängern. In dieser Zeit sollte nach möglichen Kompromissen zwischen den beiden Seiten gesucht werden.
Gespräche fanden aber nicht statt; zudem wurde bekannt, dass die Fristverlängerung rechtlich nicht möglich sei. Die Entscheidung ob eines Bürgerentscheids fiel nun diese Woche, hier folgte die nächste Überraschung: Es wird keinen geben. Der Kleinaitinger Gemeinderat beschloss einstimmig, die vierte Änderung des Flächennutzungsplans einzustellen. Die daraus folgende Sperrfrist beträgt ein Jahr. Die Vertreter des Bürgerbegehrens zeigten sich ob dieser Lösung überrascht und zugleich wenig zufrieden. Sie hätten gerne die Bevölkerung abstimmen lassen, damit sie ihre Rückendeckung aus der Bevölkerung auch zahlenmäßig untermauern können, so die Vertreter.
Bürgermeister Rupert Fiehl macht deutlich, dass nie die komplette untersuchte Fläche bebaut werden sollte. Ihm sei der Naturaspekt ebenfalls wichtig, aber er „versuche abzuwägen, wo Gewerbe am wenigsten Schaden verursacht“. Zudem verweist er darauf, dass im Zuge der BMW-Ansiedlung fast 70 Tonnen Munitionsreste und Schrott aus dem Boden befördert wurden: „Die offensichtlich schöne Landschaft des ehemaligen Truppenübungsplatzes ist doch nicht so schön, wie sie scheint.“
Ein Bürgerbegehren ,Heimat und Natur bewahren‘
Abwägen, wo Gewerbe am wenigsten schadet