Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Carsharing mit Höhen und Tiefen
Mit etwas Planung klappt der Verzicht aufs eigene Auto. Die Akzeptanz in der Familie ist dagegen schwierig
Eine Holzeisenbahn nebst Schienen kann verdammt schwer werden, wenn man sie nur lange genug in einer großen Pappschachtel unter dem Arm durch die Gegend trägt. Es ist Samstag und ich bin auf dem Weg zu Freunden in München – aber zunächst einmal bin ich auf dem Weg zu meinem CarsharingAuto. Die Sonne strahlt vom Himmel, was wohl auch der Grund ist, dass alle Fahrzeuge in der Umgebung meines Wohnortes schon am Nachmittag des Vortags reserviert waren. Als meine Frau mich bat, die Eisenbahn für den Nachwuchs meines Freundes mitzunehmen, habe ich daran allerdings nicht gedacht.
Mein Experiment, auf das eigene Auto zu verzichten und stattdessen die neue „Mobil Flat“der Stadtwerke auszuprobieren, läuft nun einige Wochen. „Mobil Flat“ist ein Pilotprojekt, bei dem für 75 Euro monatlich der öffentliche Nahverkehr im Stadtgebiet, 30 Stunden Carsharing und die Stadtwerke-Leihfahrräder enthalten sind. Ich habe viel über mein eigenes Verkehrsverhalten gelernt – und auch über meine Bequemlichkeit.
Die 137 Carsharing-Autos der Stadtwerke werden rege genutzt, dazu genügt ein Blick auf die App. Rund um meinen Wohnort in Pfersee gibt es sieben Stationen mit zumeist zwei Autos. Allerdings kann das schon mal 25 Minuten Fußmarsch bedeuten, wenn in der Nähe alles ausgebucht ist. Eine Radstation, die mir den Weg abkürzen könnte, habe ich noch nicht entdeckt. Es macht Spaß, immer mal wieder neue Fahrzeuge auszuprobieren. Die Autos gibt es von ganz klein bis ganz groß. Ein VW up ist ebenso zu haben wie ein Mercedes Sprinter. Die Bedienung ist einfach – mittels Chipkarte oder HandyApp lassen sich die Autos aufsperren, der Schlüssel liegt in einem elektronischen Tresor im Handschuhfach. Wenn man das Auto am Ende des Buchungszeitraums verschließt, bekommt man eine detaillierte Abrechnung der Fahrt.
Genau zwei Fahrten dauert die Begeisterung meiner Kinder für die Autos. Dann beginnen sie zu hinterfragen, ob man zum Einkaufen wirklich drei Straßenzüge weit laufen muss. „Unser Auto steht doch noch in der Tiefgarage, Papa...“Carsharing benötigt Vorplanung. Wenn man weiß, wann man fahren will, kann man sich ein Auto bequem in der App reservieren. Leider sind Vorplanung und Familie zumindest bei mir nicht kompatibel. Kranke Kinder von der Schule abholen, spontane Chauffeursdienste zum Sportverein wegen strömenden Regens – da mag ich nicht erst nach einem freien Auto suchen. Und die öffentlichen Verkehrsmittel sind in so einem Fall auch keine Lösung – zumal die Kinder bei der Mobil-Flat gar nicht mitfahren dürfen. Aber
Owir halten durch. Vielleicht müssen wir nur einfach Gewohnheiten ändern.
Fridtjof Atterdal ist Autor der Augsburger Allgemeinen. Aktuell testet er für die Lokalredaktion die neue MobilFlat der Augsburger Stadtwerke. Den monatlichen Pauschalbetrag von 75 Euro im Monat übernimmt die Redaktion. Fridtjof Atterdal wird in den kommenden Wochen regelmäßig über seine Erfahrungen mit der Mobil-Flat der Stadtwerke berichten.