Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Ohne ihren Engel wäre sie aufgeschmissen
Ein kleiner Ratsch, die neue Plätzchenkreation oder auch der Disput mit der einst pubertierenden Tochter: Natascha Bertoldi hat eine Nachbarin für alle Fälle
Engel müssen nicht überirdisch sein. Es gibt Menschen, denen man dankbar für ihre Hilfe ist. Wie etwa Natascha Bertoldi. Die Haunstetterin hat einen persönlichen Engel. Der ist 13 Jahre älter als sie, lacht gerne viel und ist ihr oft eine große Hilfe.
„Ohne meinen Engel“, sagt Natascha Bertoldi, „wäre ich aufgeschmissen.“Die 50-Jährige schaut auf den Stuhl neben sich. Dort sitzt er, der Engel. 63 Jahre alt, dunkelblonde Haare, Brille und ein offenes, fröhliches Gesicht. Es ist Nachbarin Christine Vogel. Seit etlichen Jahren kennen sich die beiden Frauen, die mit ihren Familien nebeneinander wohnen. Als 1995 in Haunstetten sechs Grundstücke zum Bebauen frei gegeben wurden, wurden die Bertoldis und die Vogels zu direkten Nachbarn. „Nicht nur die Garagen und Gärten kleben einander, sondern wir auch“, sagt Vogel und lacht. Es vergeht kaum ein Tag, an dem sich die Nachbarinnen nicht sehen, um mal zu ratschen, miteinander zu essen, Tupperdosen mit Selbstgemachtem auszutauschen oder auch Erfahrungen. Gerade von den Ratschlägen ihrer älteren Nachbarin hat Natascha Bertoldi schon oft profitiert. Etwa als ihre eigene Tochter in der Pubertät war.
„Auch wenn ich frühmorgens verheult zu ihr rüberging, weil ich mit meiner damals pubertierenden Tochter einen Disput hatte, war sie mit Ratschlägen für mich da“, erzählt Natascha Bertoldi. „Ich sagte ihr dann immer, alles nur halb so wild“, meint Vogel lächelnd. „Da profitierte sie natürlich von meiner Erfahrung mit meinen Kindern. Denn wenn man selbst schon welche großgezogen hat, sieht man vieles entspannter.“Was das Thema Kinder anbelangt, ist die 63-Jährige für ihre jüngere Nachbarin ein wichtiger Bezugspunkt.
„Meine Eltern leben in Italien, meine Schwester wohnt in Potsdam. Ich kann mir da also keinen Rat einholen. In diesen Situationen ist Christine für mich da.“Es seien genau diese Alltagsdinge, die die freundschaftliche Nachbarschaft ausmachten. Aber auch die Eier, die man sich drüben mal eben borgen darf, oder die Pflanzen, die während der Urlaubszeit gegenseitig gegossen werden. Natascha Bertoldi und Christine Vogel wollen sich nicht mehr missen. Bertoldi stellt fest: „Es müssen nicht die großen Taten sein, die jemanden zu einem Engel machen. Es reicht oft, ein offenes Ohr zu haben.“
In unserer Adventsserie „Mein Engel“stellen wir Menschen vor, die einen Engel haben und sich bei ihm bedanken möchten.
Eltern und Schwester wohnen viel zu weit weg