Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Die „Malta-Masche“der Reichsbürger
Immer wieder spielt ein spezieller Erpressungstrick in Gerichtsverfahren eine Rolle. Es geht oft um irrsinnig hohe Geldforderungen, wie ein aktuelles Beispiel zeigt
Die sogenannte „Malta-Masche“, mit der „Reichsbürger“Behördenmitarbeiter und Justizangehörige durch horrende Geldforderungen unter psychischen Druck setzen wollen, hat zwar faktisch noch nie funktioniert. Trotzdem hinterlässt der Erpressungs-Trick bei Betroffenen oft ein ungutes Gefühl. Wieder einmal hat sich das Amtsgericht mit einem Fall befassen müssen, bei dem die „Malta-Masche“eine Rolle spielt. Aber dazu später mehr.
Die 65-Jährige, die unter der Anklage der versuchten Nötigung und Beleidigung vor Richterin Susanne Scheiwiller steht, ist bei der Justiz nicht unbekannt. Ihr Strafregister weist bereits acht Eintragungen auf – zumeist einschlägiger Art. Die Frau, die von Hartz IV lebt, beteuert zwar, sie sei keine Reichsbürgerin, ihr Verhalten lässt aber zumindest auf eine große geistige Nähe zu den obskuren Leugnern der Bundesrepublik Deutschland schließen.
Konkret geht es um zwei Anklagepunkte: Einmal hat sie, was sie gar nicht bestreitet, in Zusammenhang mit einem Zwangsvollstreckungsverfahren dem Bürgermeister ihrer Heimatgemeinde und einem Gemeindebeamten „Inkompetenz“und „Schwachsinnigkeit“vorgeworfen. Beide ließ sie dann über die Inselrepublik Malta ins amerikanische Schuldenregister Uniform Commercial Code (UCC) eintragen mit Fantasieforderungen von 50 000 Euro bis hin zu einigen Milliarden.
Im zweiten Fall war eine Augsburger Amtsrichterin Adressat von Forderungen der Angeklagten, ein Strafbefehlsverfahren nicht weiter zu betreiben. Die 65-Jährige verlangte von der Richterin eine „eidesstattliche Erklärung“und schickte ihr noch den Durchschlag eines US-Steuerformulars zu. Zu welchem Zweck, ist nicht ganz klar.
Ein Einsehen hat die Angeklagte, der ein psychiatrischer Gutachter eine „schizoide Störung“bescheinigt, nicht. Was sie getan habe, falle unter die Meinungsfreiheit, beharrt sie. Als Zeuge sagt neben dem Bürgermeister auch der Gemeindebeamte aus, der nach eigenem Bekunden „sehr gerne verreist“. Obwohl der Eintrag ins US-Schuldenregister inzwischen über das Innenministerium gelöscht worden ist, wolle er vorerst nicht mehr in die USA, er habe immer noch ein „ungutes Gefühl“. Richterin Scheiwiller verurteilt die 65-Jährige, die sechs Wochen in Untersuchungshaft gesessen hatte, am Ende zu einer fünfmonatigen Bewährungsstrafe.
Die „Malta-Masche“, der die Bundesregierung inzwischen über diplomatische Kanäle einen Riegel vorgeschoben hat, funktionierte so: Auf das Online-Handelsregister UCC des US-Bundesstaates Washington kann jeder ungeprüft zugreifen. Dort kann man eine Forderung eintragen, die man dann an ein offenbar von Reichsbürgern gegründetes Inkasso-Unternehmen in Malta abtritt. Die Inkasso-Firma kann dann die Forderung europaweit eintreiben, falls der Betroffene nicht persönlich innerhalb von 30 Tagen vor Gericht widersprochen hat. Letztlich hat die Masche noch nie Erfolg gehabt, denn solche Forderungen müssten wiederum über deutsche Gerichte zugestellt werden. Ende 2016 hat Malta der Bundesrepublik zugesichert, den Missbrauch des Mahnverfahrens wegen Betrugs zu verfolgen.
Die Betroffenen sprechen von einem „unguten Gefühl“