Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Lehrer wollen Zustand nicht länger hinnehmen
Fach- und Berufsoberschule am Alten Postweg sollen saniert werden, doch Start ist frühestens 2020. Nun schlägt die Schulleitung Alarm: Es geht um fehlende Klassenzimmer und unhygienische Zustände
Das Schulleben an Augsburgs größtem Schulkomplex, dem Schulzentrum mit Fachoberschule, Berufsoberschule und Reischlescher Wirtschaftsschule am Alten Postweg, gleicht immer mehr einem Provisorium. Zwar gab es die lang herbeigesehnte Entscheidung des Stadtrats über die bauliche Zukunft der Einrichtung, doch wird die Sanierung frühestens ab dem Jahr 2020 beginnen. Doch die Schulleitung – Oliver Laqua, Gerald Friedel und Markus Ruf – will ihrem Lehrerkollegium und den Schülern die Zustände nicht zumuten.
In manchen Bereichen müssten dringend vor der Generalsanierung Maßnahmen getroffen werden, um die Arbeitsabläufe erträglich zu halten, sagt Schulleiter Oliver Laqua. Stein des Anstoßes ist ein kleiner Brand im Verwaltungsgebäude, der sich vor 17 Monaten abspielte und folgenschwere Auswirkungen hatte. So mussten sich die Mitarbeiter der Schulleitung sowie des Sekretariats neue Räumlichkeiten suchen – das Lehrerzimmer wurde auch umquartiert. Laqua und sein Stellvertreter Gerad Friedel belegen nun ein Klassenszimmer, Markus Ruf und seine Kollegen teilen sich ein weiteres, die Sekretärinnen ebenfalls. Die Sanitätsliege befindet sich auf dem Gang – abgeschirmt ist sie lediglich durch einen Holzparavent. „So sind keine vertraulichen Gespräche möglich. Privatsphäre gibt es hier keine“, betont Laqua. Für die 64 Klassen gibt es derzeit nur 50 Zimmer. Einige Klassen, die kein festes Zimmer haben, sind als „Wanderklassen“im Schulhaus unterwegs, zwei Klassen wurden an die Berufsschule ausgelagert. Container, die nun vor der Schule aufgestellt wurden, werden nach den Winterferien für ein wenig Entspannung sorgen. Laqua: „Dort entstehen zwölf Klassenräume.“
Von Entspannung kann im Lehrerzimmer keine Rede sein: Über 130 Lehrer haben einen Raum bezogen, in dem kein Fenster geöffnet werden kann. Wenn es regnet, müssen Eimer aufgestellt werden, und bis vor wenigen Wochen gab es kein fließendes Wasser. Das gibt es nun, doch so mancher Lehrer will es nicht nutzen. Grund: „Seit über zwei Wochen sind die Duschen bei den Turnhallen gesperrt, weil dort Legionellen aufgetreten sind“, erklärt Markus Ruf. Eine Lehrerin berich- tet, dass sie zuvor immer Leitungswasser getrunken habe und sich das nun nicht mehr traut. Schulleiter Laqua betont, dass er eine Fürsorgepflicht habe. Auch der Augsburger Kreisverband der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft moniert die Zustände im Interimslehrerzimmer. „Es ist eine Zumutung“, so der Vorsitzende Tobias Bevc.
Die Stadt setzt wie berichtet darauf, das Schulzentrum für voraus- sichtlich 88 Millionen Euro zu sanieren. Allerdings ist schon heute klar, dass diese Summe überschritten wird, weil sie für die kürzest mögliche Bauzeit von dreieinhalb Jahren ab 2020 gerechnet ist. Doch die Stadt hat gar nicht das Geld, um die Summe in dieser Kürze aufzubringen – also muss zeitlich gestreckt werden, was teurer wird. Auch wenn man von diesem Unsicherheitsfaktor absieht, ist die Sanierung grundsätzlich umstritten. Denn laut einer Musterberechnung für einen Neubau, wie sie der Freistaat Bayern fordert, käme gemäß den Richtlinien aus München eine Summe von nur 57 Millionen heraus – somit wäre der Neubau günstiger. Allerdings hält die Stadt dem mehrere Punkte entgegen: Auf dem Schulgelände selbst sei ein Neubau nicht möglich, weil man dann um die Bestandsschule herum bauen müsste und ein Gebäude mit ewig langen Gängen herauskäme. Ein Ersatzgrundstück, das über einen Straßenbahnanschluss verfügt und auf dem sich neben dem Schulbau auch Sportflächen und Parkplätze unterbringen ließen, gibt es laut Stadt nicht. Auch Haunstetten Südwest kommt aus Sicht der Stadt dafür nicht infrage. Und vor allem hält die Stadt die 57 Millionen Euro angesichts der Baupreissteigerungen in jüngster Zeit für unrealistisch. Eine eigene Berechnung der Stadt kommt auf 109 Millionen Euro für einen Neubau. „Als Bildungsreferent habe ich nie etwas gegen einen Schulneubau, aber man muss die anderen Argumente zur Kenntnis nehmen“, so Bildungsreferent Hermann Köhler.
Wie berichtet, hatte der Stadtrat angesichts der von der Stadtverwaltung vorgetragenen Gründe mehrheitlich für eine Sanierung gestimmt. Allerdings ist noch ungewiss, ob die Regierung von Schwaben, die für die Verteilung von Fördergeldern zuständig ist, einer Sanierung letztlich zustimmen wird. Grundsätzlich habe die Regierung aber schon signalisiert, den Weg einer Sanierung mitgehen zu können, sagt Köhler. Maximal wird es 37 Millionen Euro an Förderung für eine Sanierung geben. Diesem Betrag liegt der Förderanteil an den fiktiven Kosten für einen Neubau zugrunde. Stadtrat Christian Pettinger (ÖDP) berichtet, dass die Ausschussgemeinschaft derzeit Handlungsoptionen zur Sanierung überprüfe. So habe Baureferent Gerd Merkle (CSU) in der zurückliegenden Stadtratssitzung immer wieder damit argumentiert, dass die Bebauung des Geländes – beispielsweise auf dem bestehenden Parkplatz – wegen des Bebauungsplanes nicht möglich sei. Dies würde eine Änderung des Bebauungsplanes bedeuten und damit günstigstenfalls 1,5 Jahre Verzögerung mit sich bringen. Eine Überprüfung seinerseits habe jedoch ergeben, dass für dieses Areal gar kein Bebauungsplan vorliege, so Pettinger.
Unabhängig von dieser baurechtlichen Frage sagt die Stadt, dass ein Abbruch des Gebäudes mit Unterrichtsbetrieb in einem danebenstehenden Ausweichgebäude wegen des Lärms kaum möglich sei. Auch die Parkplätze seien an dieser Schule mit vielen volljährigen Schülern auch aus dem Umland kaum verzichtbar.