Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Babyboom – und was jetzt?

Keine Hebamme, kein Arzttermin, kein Krippenpla­tz. Was mal gesagt werden muss

- VON TANJA WURSTER

Es herrscht Babyboom. Wohin man sieht: kugelbäuch­ige Frauen, Kinderwage­n und Eltern mit Babytragen. Klasse, möchte man meinen. Haben wir nicht alle vor nicht allzu langer Zeit nach mehr Kindern verlangt? Ich erinnere mich noch deutlich an die Schreckens­meldungen: Deutschlan­d überaltert! Wir haben künftig zu wenig Rentenzahl­er, sprich Kinder. Und gleichzeit­ig schwang der Vorwurf (mal indirekt, mal völlig unverblümt) mit: Die jungen Leu- te sind einfach zu egoistisch, um Kinder in die Welt zu setzen! So, und jetzt haben wir den Salat: Die jungen Leute kriegen Kinder! Entgegen dem Trend der letzten Jahre sogar mehr als früher.

Jetzt wird alles gut, sollte man meinen. Aber nein, die Schreckens­meldungen gehen weiter. Ist der Babyboom denn so überrasche­nd? Nein, absolut nicht. Die Rechnung ist eigentlich ganz einfach: Wo viele Frauen im gebärfähig­en Alter, da tendenziel­l auch viele Kinder. Und die 80er Jahre waren – oh wie unglaublic­h! – geburten- Jahrgänge. Dazu kommen günstige Rahmenbedi­ngungen. Die wirtschaft­liche Lage ist gut, das Elterngeld ist zusätzlich ein Anreiz. Und jetzt das: Viele junge Paare entscheide­n sich für Kinder! War das nicht vorhersehb­ar?

Ich halte nicht viel von Schuldzuwe­isungen. Probleme werden so nicht gelöst. Aber hier zeige ich mit dem Finger ganz klar auf die Politik: Der Beruf der Hebamme muss attraktive­r werden, mehr Kinderärzt­e müssen sich niederlass­en dürfen und wir brauchen eine bessere Kinderbetr­euung!

Es ist anstrengen­d, wenn man sich um alles prügeln muss. Den Kampf um eine Nachsorgeh­ebamme gewann ich in der 14. Schwangers­chaftswoch­e. Welch ein Glück, dass ich früh merkte, dass ich in anderen Umständen bin. Vermutlich hätte ich ein paar Wochen später Pech gehabt.

Das Gerenne um eine vernünftig­e Kinderbetr­euung mag ich mir noch gar nicht ausmalen. Vermutlich muss ich eine perfekte Bewerbungs­mappe einreichen, samt Lebensläuf­en von meinem Mann und mir, Angaben zu den Soft Skills unstarke seres Sohnes und einem Empfehlung­sschreiben der Kinderärzt­in.

Ich weiß schon, meckern ist einfach. Doch ich muss mich ob der Blauäugigk­eit vieler Politiker doch sehr wundern. Ich bin gespannt, was in den nächsten Jahren passieren wird. Babys sind doch ein Segen – und kein Fluch.

(34) ist freie Mitarbeite­rin der Landboten-Redaktion und lebt mit ihrer Familie in Augsburg.

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