Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Babyboom – und was jetzt?
Keine Hebamme, kein Arzttermin, kein Krippenplatz. Was mal gesagt werden muss
Es herrscht Babyboom. Wohin man sieht: kugelbäuchige Frauen, Kinderwagen und Eltern mit Babytragen. Klasse, möchte man meinen. Haben wir nicht alle vor nicht allzu langer Zeit nach mehr Kindern verlangt? Ich erinnere mich noch deutlich an die Schreckensmeldungen: Deutschland überaltert! Wir haben künftig zu wenig Rentenzahler, sprich Kinder. Und gleichzeitig schwang der Vorwurf (mal indirekt, mal völlig unverblümt) mit: Die jungen Leu- te sind einfach zu egoistisch, um Kinder in die Welt zu setzen! So, und jetzt haben wir den Salat: Die jungen Leute kriegen Kinder! Entgegen dem Trend der letzten Jahre sogar mehr als früher.
Jetzt wird alles gut, sollte man meinen. Aber nein, die Schreckensmeldungen gehen weiter. Ist der Babyboom denn so überraschend? Nein, absolut nicht. Die Rechnung ist eigentlich ganz einfach: Wo viele Frauen im gebärfähigen Alter, da tendenziell auch viele Kinder. Und die 80er Jahre waren – oh wie unglaublich! – geburten- Jahrgänge. Dazu kommen günstige Rahmenbedingungen. Die wirtschaftliche Lage ist gut, das Elterngeld ist zusätzlich ein Anreiz. Und jetzt das: Viele junge Paare entscheiden sich für Kinder! War das nicht vorhersehbar?
Ich halte nicht viel von Schuldzuweisungen. Probleme werden so nicht gelöst. Aber hier zeige ich mit dem Finger ganz klar auf die Politik: Der Beruf der Hebamme muss attraktiver werden, mehr Kinderärzte müssen sich niederlassen dürfen und wir brauchen eine bessere Kinderbetreuung!
Es ist anstrengend, wenn man sich um alles prügeln muss. Den Kampf um eine Nachsorgehebamme gewann ich in der 14. Schwangerschaftswoche. Welch ein Glück, dass ich früh merkte, dass ich in anderen Umständen bin. Vermutlich hätte ich ein paar Wochen später Pech gehabt.
Das Gerenne um eine vernünftige Kinderbetreuung mag ich mir noch gar nicht ausmalen. Vermutlich muss ich eine perfekte Bewerbungsmappe einreichen, samt Lebensläufen von meinem Mann und mir, Angaben zu den Soft Skills unstarke seres Sohnes und einem Empfehlungsschreiben der Kinderärztin.
Ich weiß schon, meckern ist einfach. Doch ich muss mich ob der Blauäugigkeit vieler Politiker doch sehr wundern. Ich bin gespannt, was in den nächsten Jahren passieren wird. Babys sind doch ein Segen – und kein Fluch.
(34) ist freie Mitarbeiterin der Landboten-Redaktion und lebt mit ihrer Familie in Augsburg.