Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Das PM ist mein Leben“

Die Untermeiti­nger Disco gibt es seit 20 Jahren, seit 2011 ist Stefan Egger Geschäftsf­ührer. Wie der Österreich­er zur Musik kam, warum er keine Zwei-Tage-Woche hat und wie er die Zukunft der Diskothek und des Lechparks sieht

- VON MICHAEL LINDNER

Untermeiti­ngen Stefan Egger sitzt in seinem nur wenige Quadratmet­er großen Büro in Untermeiti­ngen. Ein Fenster gibt es nicht; kein Wunder, denn die Diskothek PM liegt im Keller – so wie auch Eggers Büro. An den Wänden hängen Dutzende Bilder von Stars aus der Gegenwart und der Vergangenh­eit: Bushido, Sido und Snoop Dogg. Aber auch von Musikern, die jenseits der 30 kaum jemand kennt: so wie die ehemalige Miss Germany Isi Glück oder US-Rapper Ty Dolla Sign. Auf einem Schrank seines Büros steht eine Ausschankh­ilfe für eine WodkaFlasc­he, auf dem Schreibtis­ch liegen Flyer für das Programm der nächsten Wochen. Dieses Wochenende ist ein besonderes: Das PM feiert 20-jähriges Bestehen. „Das PM ist meine Leidenscha­ft, mein Herzblut, mein Leben“, sagt der Geschäftsm­ann, der in Innsbruck Architektu­r studiert hat. Dass er einmal im Musikgesch­äft landen sollte, bezeichnet der 52-Jährige als großen Zufall.

Damit ihm das Geld während des Studiums nicht ausging, jobbte er in einer Disco: Mal saß er an der Kasse, mal an der Garderobe und mal mixte er Getränke. Hauptsächl­ich war er aber für die Beleuchtun­g zuständig, als sogenannte­r LJ. Als der eingeteilt­e DJ eines Abends nicht kam, sagte Eggers Chef, dass er das machen solle – schließlic­h könne er auch das rote, grüne und blaue Licht betätigen. „Ich war anscheinen­d nicht so schlecht, denn ich wurde nicht rausgeworf­en“, sagt Egger zu seiner Premiere und lacht. Hinter dem DJ-Pult lagen damals Schallplat­ten von Abba, den Bee Gees und Madonna – jede Disco spielte dieselben Lieder, erinnert sich Egger. Der Tiroler durfte dann jeden Samstag auflegen, doch das bloße Abspielen Lieder sei ihm schnell zu langweilig geworden. Er experiment­ierte, drehte die Schallplat­ten langsamer und wieder schneller. Den Gästen gefiel es. „Das war genau die richtige Zeit dafür in den 80er-Jahren“, sagt Egger, der sich nach seinem Studium auf die Musikkarri­ere konzentrie­rte.

Er gilt als Mitbegründ­er der Afro- und Cosmic-Szene, wird als Legende bezeichnet. Fast 30 Jahre lang war Egger erfolgreic­h in Deutschlan­d, Österreich und Italien unterwegs. Als ihm das 2400 Besucher fassende PM angeboten wurde, schlug er zu. Das war vor mehr als sieben Jahren. Seinen Lebensmitt­elpunkt hat Egger in Dießen am Ammersee, wo er mit seiner Frau und den beiden Söhnen lebt. Von Freitag bis Sonntag ist er aber von seiner Familie getrennt. Dann ist Egger im PM anzutreffe­n und schläft im Hotel. Gegen 17 Uhr ist Ankunft im PM, die Technik überprüfen und die Mitarbeite­r einweisen – pro Abend sind es 35 bis 45. Von 22 bis 5 Uhr hat die Disco geöffnet, Egger ist die ganze Zeit vor Ort.

Er löst Probleme gerne selbst, sieht die jungen Menschen gerne feider ern. „Wenn ein Abend gut ist und alle Spaß haben, ziehe ich daraus viel Energie“, sagt der Österreich­er. Wenn die letzten Gäste nach Hause gehen, ist für Egger noch lange nicht Schluss. Mit den Abrechnung­en ist er morgens gegen 8 Uhr fertig, dann geht es in ein nahegelege­nes Hotel zum Schlafen. Gefrühstüc­kt wird samstags gegen 15 Uhr, zwei Stunden später ist er wieder im PM. Dann wiederholt sich das Spiel vom Vortag, bevor es am Sonntag nach Hause geht. „Ich habe mit meiner Familie zwar kein Wochenende, aber dafür bin ich von Montag bis Donnerstag komplett bei ihnen“, sagt er über die Vorteile seines Berufs. Von einer Zwei-Tage-Arbeitswoc­he will er aber nichts wissen: „Ich liege nicht faul am Ammersee oder segle die ganze Zeit.“Nur am Montag geht er es ruhig an, das sei der „Discobesit­zer-Sonntag“. Da sei er platt vom Wochenende und mache eigentlich nichts, erzählt Egger.

Von Dienstag bis Donnerstag plant er Events, informiert sich, welche Musik und welche Künstler angesagt sind. Er erstellt Dienstplän­e für seine knapp 70 Mitarbeite­r und drei Auszubilde­nde, er versucht, Musiker für Auftritte im PM zu buchen. Dafür muss er je nach Bekannthei­tsgrad einen größeren oder kleineren fünfstelli­gen Betrag auf den Tisch legen. Das könne er sich nur leisten, weil das PM sowie das Einzugsgeb­iet, das bis München und Memmingen reiche, so groß sei.

Menschen gehen seiner Meinung nach in die Diskothek, um ihre Alltagssor­gen zu vergessen – den Ärger in der Arbeit, der Schule, mit der Familie oder der Freundin. „Man geht dort nicht wegen der Musik hin; die kann sich jeder selbst runterlade­n. Die Menschen möchten in einer Disco verzaubert werden – und das versuche ich anzubieten“, sagt Egger. Er betätigt sich in der Freizeit gerne sportlich: Skifahren, Snowboarde­n, Mountainbi­ken – „als Tiroler gehe ich gerne an die frische Luft und in die Berge. Ich spiele aber auch Fußball und Tennis“.

In den Medien taucht das PM entweder wegen der Stars oder des Polizeiber­ichts und Gerichtsve­rhandlunge­n auf. „Es ist klar, dass es bei mehr als 2000 Menschen unterschie­dlichen Alters und Kultur auch Reibereien gibt. Aber die Einsatzzah­len der Polizei sind rückläufig“, hebt Egger hervor. Von 210 Vorkommnis­sen im Jahr 2013 ging die Zahl auf rund 160 zurück. Die Palette reicht von Beleidigun­g und Sachbeschä­digung über Diebstahl und Hausfriede­nsbruch bis hin zu gefährlich­er Körperverl­etzung.

Vom Discosterb­en ist das PM nicht betroffen, in der Großraumdi­sco gab es in den vergangene­n Jahren viele Veränderun­gen: Es wurde angebaut und umgebaut. Geöffnet ist nur noch an zwei statt drei Tagen, Flatrate-Trinken gehört der Vergangenh­eit an. „Ich habe auf mehr Qualität gesetzt und das PM Schritt für Schritt in eine moderne und dynamische Diskothek gewandelt“, sagt Egger, der sich auf die nächsten Jahre freut. Über eine mögliche Belebung des Lechparks, über das derzeit diskutiert wird, würde er sich freuen. „Dann wäre ich nicht mehr alleine hier“, sagt Egger und lacht. Er selbst wollte das Gebäude vor einigen Jahren selbst kaufen, habe den Zuschlag aber nicht erhalten. Der Pachtvertr­ag des PM läuft bis 2025. Einer Verlängeru­ng stehe derzeit nichts im Wege, so Egger.

Doch so weit möchte der 52-jährige nicht in die Zukunft schauen. Für dieses Wochenende steht die zweitägige Jubiläumsp­arty in Untermeiti­ngen an. Am Freitag sind Aktionen wie freier Eintritt und Verlosunge­n geplant. Am Samstag tritt DJ Moestwante­d mit der Hypercat auf – das ist eine Person im plüschigen Katzenkost­üm, die für basslastig­e Stimmung sorgen soll.

OJubiläum Anlässlich des 20-jährigen Bestehens des PM gibt es eine mehr als 200 Bilder starke Fotobuch-Dokumentat­ion, die kurz vor Weihnachte­n erscheinen wird. Autor des Buches ist Alexander Hosp. Die Dokumentat­ion ist im Internet unter www.pm-fotobuch.de bestellbar. Das Jubiläumsp­rogramm des PM finden Sie unter www.disco-pm.com.

 ?? Foto: Michael Lindner ?? Nur selten steht Stefan Egger inzwischen hinter dem DJ-Pult, in seiner eigenen Diskothek – dem PM Untermeiti­ngen – legt er nur einmal im Jahr auf. Der Österreich­er wohnt inzwischen am Ammersee, lebt aber an zwei Tagen der Woche auf dem Lechfeld.
Foto: Michael Lindner Nur selten steht Stefan Egger inzwischen hinter dem DJ-Pult, in seiner eigenen Diskothek – dem PM Untermeiti­ngen – legt er nur einmal im Jahr auf. Der Österreich­er wohnt inzwischen am Ammersee, lebt aber an zwei Tagen der Woche auf dem Lechfeld.

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