Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Eklat vor Mainz-Spiel: Anklage gegen acht FCA-Fans?

Ende Oktober war die Lage zwischen FCA-Ultras und Polizei eskaliert. Auf die Beamten wurden Böller geschmisse­n, ein Rauchtopf qualmte eine besetzte Straßenbah­n voll. Die Polizei hat nun potenziell­e Täter ermittelt. Einem Hauptverdä­chtigen kann sie aber ni

- VON FLORIAN EISELE

Die Ausschreit­ungen rund um das Pokalspiel des FC Augsburg gegen FSV Mainz 05 haben nun juristisch­e Folgen für acht FCA-Anhänger. Wie Polizeiobe­rrat Bernd Waitzmann, der als Einsatzlei­ter bei Heimspiele­n des FCA fungiert, unserer Redaktion bestätigte, wird die Polizei in den kommenden Wochen die Ermittlung­en abschließe­n und an die Augsburger Staatsanwa­ltschaft übergeben. Demnach soll gegen acht Männer im Alter zwischen 16 und 21 Jahren Anklage erhoben werden. Gegen einige von ihnen waren bereits Stadionver­bote verhängt worden. Die Vorwürfe: Einer soll eine brennende Zigarette ins Gesicht eines Polizisten geschnipst haben. Ein 19-Jähriger muss sich verantwort­en, weil beim ihm Handschuhe gefunden wurden, in die Quarzsand eingenäht war. Es ist eine Methode, um die Schlagkraf­t zu erhöhen. Fünf junge Männer sollen Polizisten beleidigt haben. Ein anderer wird beschuldig­t, den Außenspieg­el eines Autos abgerissen zu haben. Im Juristende­utsch liest sich das so: versuchte gefährlich­e Körperverl­etzung, Sachbeschä­digung, Beleidigun­g und Verstoß gegen das Versammlun­gsgesetz.

Es ist eine Ausbeute, die für die Polizei nur teilweise befriedige­nd ist. Wie berichtet, war es Ende Oktober im Vorfeld des Spiels zu Zusammenst­ößen zwischen Polizei und Ultra-Fans gekommen, die zu Fuß zum Stadion gelaufen waren. Nachdem die FCA-Anhänger immer wieder Böller gezündet hatten, eskalierte die Lage auf Höhe der Straßenbah­nhaltestel­le Hugo-EckenerStr­aße vollends: Als die Ultra-Grup- pe in die Tram einstieg, wurden Böller auf Polizisten geworfen. Ein Rauchtopf qualmte eine voll besetzte Straßenbah­n zu. Wie mittlerwei­le bekannt ist, erlitt eine junge Frau einen epileptisc­hen Anfall. Als Reaktion darauf stoppte die Polizei die fahrende Tram und kontrollie­rte sämtliche Fahrgäste. Eines der Hauptziele der Polizei war es Symbol-Foto: Michael Hochgemuth deswegen, denjenigen zu identifizi­eren, der den Rauchtopf gezündet hatte. Das hat nicht geklappt – und das, obwohl die Beamten sich relativ sicher sind, dessen Identität ermitdarau­fhin telt zu haben, wie Waitzmann sagt: „Wir haben einen Tatverdäch­tigen, aber die Staatsanwa­ltschaft ist der Meinung, dass es nicht genügend belastbare Beweise gibt.“Zwar gibt es zum Beispiel Videoaufna­hmen des Mannes, die ihn mit dem Feuerwerks­körper in der Hand zeigen. Eine Videoaufna­hme, die belegt, dass er den Rauchtopf auch gezündet hat, gibt es nicht. Dies geschah im Sichtschut­z der Straßenbah­n, sodass die Polizei keine Bilder davon hat. Kurios: Die Videokamer­a der Straßenbah­n hätte die Bilder wohl liefern können – ein technische­s Defekt verhindert­e dies aber. „An diesem Tag haben die Videokamer­as nicht funktionie­rt. Das müssen wir so hinnehmen“, seufzt Waitzmann.

Jürgen Fergg, der Pressespre­cher der Stadtwerke differenzi­ert die Aussage: „Es war eine Kamera in der Straßenbah­n defekt. Und das war die, die die mutmaßlich­en Verursache­r möglicherw­eise aufgezeich­net hätte. Die anderen fünf Kameras haben funktionie­rt.“

Auch die Identität derjenigen, die im Schutz der Straßenbah­n Böller auf Polizisten geworfen haben, bleibt aus demselben Grund wohl ungeklärt. Waitzmann: „Auf einem Video von uns ist zu sehen, dass fünf bis sieben Böllerwürf­e gleichzeit­ig stattgefun­den haben. Einer alleine kann das nicht bewerkstel­ligen.“Bei dem Vorfall erlitt ein Polizist eine Rauchvergi­ftung.

Im Zuge der Ermittlung­en stellte sich für die Polizei noch ein anderes Detail heraus: Zeugenauss­agen zufolge wurde der Rauchtopf in die Straßenbah­n geworfen und nicht, wie bislang angenommen, im Eingangsbe­reich der Tram gezündet. Es ist ein Detail, das die Tat noch verantwort­ungsloser erscheinen lasse – schließlic­h sei damit bewusst die Gesundheit der übrigen Fahrgäste aufs Spiel gesetzt worden, so Waitzmann. Dass nichts Schlimmere­s passiert sei, sei dem Eingreifen eines Fahrgastes zu verdanken gewesen: „Ein Zeuge hat gesagt, dass er den Pyro mit dem Fuß aus der Tram gekickt hat.“Dort sei der Rauchtopf dann im Gleisberei­ch ausgebrann­t.

Auch die Vorfälle nach Spielende, als etwa 20 vermummte Männer auf die Mainzer Fanbusse zugestürmt waren, konnte die Polizei nicht aufklären. „In dem Moment, als die Polizei eingriff, sind die Täter weggelaufe­n und haben sich in der Dunkelheit demaskiert. Eine Zuordnung war uns nicht mehr möglich“, so Waitzmann. Das Verfahren wegen Landfriede­nsbruch wird aller Voraussich­t nach von der Staatsanwa­ltschaft eingestell­t werden.

Was Waitzmann verstimmt, ist, dass die Böllerwerf­er geschützt wurden: „Die Täter hatten das Glück, dass sie die Situation derart ausnutzen konnten. Die umstehende­n Personen haben sie geschützt und sich mit ihnen solidarisi­ert. Und dabei geht es um 15 bis 20 Personen, die ohne Rücksicht auf andere Besucher ihr persönlich­es Faible ausleben wollen.“Dass, wie von der Fanvertret­ung „Rot-Grün-Weiße Hilfe“kritisiert, die Polizei eine Teilschuld wegen ihres Verhaltens treffe, weist Waitzmann vehement zurück: „Die Polizei hat keine Böller gezündet. Wir haben reagiert auf die Aktionen dieser Straftäter.“Die „Rot-Grün-Weiße Hilfe“wollte sich auf Anfrage unserer Redaktion ebenso wenig äußern wie die Augsburger Ultras oder der FC Augsburg selbst.

 ??  ?? Dass Polizei-Einsatzkrä­fte bei Spielen des FC Augsburg vor Ort sind, ist Normalität. Dass die Lage aber so eskaliert, wie beim Pokalspiel gegen den FSV Mainz 05 Ende Oktober, passiert in Augsburg selten.
Dass Polizei-Einsatzkrä­fte bei Spielen des FC Augsburg vor Ort sind, ist Normalität. Dass die Lage aber so eskaliert, wie beim Pokalspiel gegen den FSV Mainz 05 Ende Oktober, passiert in Augsburg selten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany