Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Er kämpft mit Stars gegen das Disco-Sterben
Stefan Egger, 52, ist Geschäftsführer der Großraumdiskothek PM in Untermeitingen. Wir haben mit ihm über sein Unternehmen, Promis wie Bushido, den harten Kampf in der Branche sowie dem schlechten Ruf gesprochen
Untermeitingen Stefan Egger, selbst über Jahrzehnte hinweg ein erfolgreicher DJ, ist seit 2011 Geschäftsführer des PM in Untermeitingen. Stars wie die Rapper Bushido und Snoop Doggy Dogg sind in der Großraumdiskothek, die dieses Wochenende 20 Jahre alt wird, aufgetreten. Im Laufe der Zeit hat sich die Discothekenlandschaft und die Anforderungen an die Clubs stark verändert.
Herr Egger, viele Menschen denken beim Namen PM oft an Schlägereien und Polizei. Wie sehr ärgert Sie das? Stefan Egger: Es ist schade, dass wir oft darauf reduziert werden. Es ist klar, dass es bei mehr als 2000 Menschen unterschiedlichen Alters und Kultur auch Reibereien gibt. Aber die Einsatzzahlen der Polizei sind rückläufig. Zuletzt waren es 161 Einsätze (Anmerkung der Redaktion: 2013 waren es 210). Aber zu diesen Zahlen zählen auch Verkehrsunfälle auf dem Parkplatz oder Beleidigungen. Wenn man das abzieht, bleiben noch etwa 40 Einsätze übrig. Man darf nicht vergessen, dass bei uns mehr Menschen feiern können, als in allen Clubs in der Augsburger Maxstraße zusammen. Die 40 Einsätze sind natürlich immer noch zu viel und wir versuchen, die Zahlen weiter zu senken. Beispielsweise ist bei uns inzwischen alles videoüberwacht und wir treffen uns jedes Jahr mit der Polizei.
Das PM verbindet man aber auch mit Promis: Wie schwer ist es, Musiker wie Snoop Dogg, Sido, Bushido, oder auch Models wie Sarah Nowak und Micaela Schäfer zu engagieren?
Egger: Rechtzeitige Planung ist das Wichtigste, denn die Vorlaufzeit beträgt etwa sechs bis zwölf Monate. Wir haben uns einen guten Ruf aufgebaut und sind auf der Deutschlandkarte eines von fünf Zentren für Auftritte solcher Art – unter anderem neben Berlin und Frankfurt. Das PM ist im Musikgeschäft bekannt, deswegen meldet sich die Hälfte der Stars auch bei uns, um in Untermeitingen aufzutreten.
Lohnen sich die Auftritte finanziell? Egger: Ich habe eine ganz gute Trefferquote, weil ich mich informiere, was bei den jungen Leuten gerade brandaktuell ist. Von 20 Auftritten zahle ich vielleicht bei einem drauf. Unser Vorteil ist, dass wir wegen unserer Größe oft durch die Eintrittsgelder die Künstler teils refinanzieren können. Es sind fünfstellige Beträge, die wir für einen Auftritt ausgeben. Bei den Weltstars ist das etwas anderes: Da rechnet es sich finanziell nicht. Aber ich sehe das mehr als Werbung, weil auch in den überregionalen Medien dann über uns berichtet wird und wir in der Szene im Gespräch bleiben.
Welcher Star hat sie positiv überrascht?
Egger: Ich war von den vermeintlichen deutschen Gangsterrappern positiv überrascht – allen voran von Capital Bra, den Jungs von 187 Strassenbande und Bushido. Über ihn hat man schon so viel Negatives gehört und gelesen, ich war am An- fang selbst etwas verängstigt (lacht). Aber er war sehr zuvorkommend und höflich. Ähnlich war es mit Snoop Dogg: Er war total entspannt und hat zu keiner Zeit raushängen lassen, dass er ein Weltstar ist.
Gab es auch negative Erfahrungen mit einem Promi?
Egger: Genervt hat mich noch nie jemand. (Nach langem Überlegen) Wobei ein Star schon seltsam war – den Namen verrate ich aber nicht. Damit niemand sieht, dass Wodka getrunken wird, mussten wir den Schnaps zuvor in eine Wasserflasche umfüllen. Dann wurde uns gesagt, dass das Publikum keine Fotos machen darf. So etwas geht natürlich nicht: Wie soll ich das bei mehr als 2000 Besuchern machen? Jedem das Handy wegnehmen?
Sie sind lange im Musikgeschäft tätig, Archivfoto: Alexander Hosp traten ab den 80er-Jahren europaweit als DJ auf. Wie hat sich die DiscoLandschaft verändert?
Egger: Früher gab es in jedem Bezirk einen Tanzsaal mit einer Glitzerkugel und einer roten, grünen und blauen Lampe. Ende der 70er-, Anfang der 80er-Jahre war der Beginn der Discozeit mit den Bee Gees, Abba und Madonna. Diskotheken schossen wie Pilze aus dem Boden. Mit dem Jahrtausendwechsel setzte dann das Discosterben ein. Das Freizeitverhalten der Menschen änderte sich: Man kann überall Musik hören, Trendsportarten nahmen zu und die Disco war plötzlich nicht mehr der einzige Ort, an dem man seinen Alltag vergessen konnte. Hinzu kam der demografische Wandel mit immer weniger Jugendlichen. Der Trend geht klar in Richtung kleinerer Clubs. Daher freut es mich umso mehr, dass das PM sich so lange so gut hält. Was ist das Erfolgsrezept des PM? Egger: Wenn man ehrlich ist, war das PM früher eine Landgroßraumdisco, wo man billig saufen konnte – teilweise bei freiem Eintritt. Das war zugleich der Grund des damaligen Erfolgs. Für mich war das eine Katastrophe, denn es war nur die Masse an Besuchern da und FlatrateTrinken entspricht nicht meiner Vorstellung einer Diskothek. Ich habe auf mehr Qualität gesetzt.
Wie wirkt sich das aus?
Egger: In den vergangenen Jahren wurde das PM Stück für Stück modernisiert, umgebaut und erweitert. Wir haben jetzt vier Bereiche, in denen vier DJ unterschiedliche Musik spielen. Wir engagieren angesagte DJ, die ein- bis maximal zweimal im Monat bei uns auftreten. Außerdem holen wir regelmäßig namhafte Künstler.
Und das Publikum hat diesen Wandel mitgemacht?
Egger: Unser Kernpublikum ist zwischen 17 und 23 Jahre alt und kommt direkt aus unserer Gegend, aber auch aus einem Umkreis von 80 Kilometern. Von vielen unserer heutigen Gäste waren früher schon die Eltern bei uns. Die jungen Menschen werden tendenziell vernünftiger: Sie trinken weniger Alkohol, ernähren sich gesünder, machen mehr Sport, aber gehen auch nicht mehr so oft in die Disco. Wir haben deswegen auch nur noch an zwei Tagen in der Woche geöffnet.
Sie wurden als DJ bekannt und haben in Europa große Erfolge gefeiert. Wie hat sich der Wechsel vom DJ-Pult zum Geschäftsführer des PM in Untermeitingen ergeben?
Egger: Ich habe im PM öfters aufgelegt, die Disco wurde mir dann eines Abends für eine hohe Summe zum Kauf angeboten. Es war schon eine finanzielle Herausforderung, aber ich habe als DJ davor gut verdient und bin ein sparsamer und genügsamer Typ. Ich wollte mit 50 oder 60 Jahren nicht mehr jedes Wochenende quer durch Europa reisen und Musik auflegen, deswegen bin ich seit 2011 der Geschäftsführer im PM. Zudem wurde ich in der Zwischenzeit in Dießen am Ammersee sesshaft, da kam das Angebot gerade recht.