Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Mord: Heute startet der Prozess
Was sich die Tochter des Opfers Angelika Baron erhofft
Es ist ein Prozess, wie es ihn in Augsburg noch nie gab. Mehr als 25 Jahre, nachdem die Prostituierte Angelika Baron umgebracht worden ist, steht ab Donnerstag ein Tatverdächtiger vor dem Landgericht. Die Staatsanwaltschaft wirft Stefan E., einem 50 Jahre alten Augsburger, vor, die damals 36-jährige Frau ermordet zu haben. Wahrscheinlich erscheint, dass es auf einen aufwendigen Indizienprozess hinausläuft – die Schwurgerichtskammer hat Termine bis April 2019 angesetzt und plant, mehr als 120 Zeugen und mehrere Sachverständige zu laden.
Zum Prozessstart wird auch die Tochter des Opfers vor Ort sein. Angelika Friedl lebt heute in Nordrhein-Westfalen und ist extra für die Verhandlung angereist. Sie erhoffe sich durch den Prozess Antworten auf die Frage, warum ihre Mutter im September 1993 umgebracht worden ist, sagt sie. „Die wichtigsten Prozesstage werde ich mitnehmen.“Erinnerungen an ihre Mutter hat sie nicht. Friedl kam bereits im frühen Kindesalter zu Pflegeeltern, die sie später adoptierten. Zwar wusste sie irgendwann, dass ihre leibliche Mutter nicht mehr lebte – erfuhr aber erst 2015, was Angelika Baron zugestoßen war. Überregionale Aufmerksamkeit erzeugte der Mord 1993 nicht. Später, als sich das Internet längst etabliert hatte, fand man im Netz über das ungeklärte Verbrechen lange nichts. Angelika Friedl hofft, dass der Täter nach all der Zeit noch verurteilt wird.
Der angeklagte Tatverdächtige, Stefan E., bestreitet allerdings vehement, Angelika Baron vor mehr als einem Vierteljahrhundert umgebracht zu haben. Neben diesem Vorwurf hat ihn die Staatsanwaltschaft auch wegen Vergewaltigung angeklagt. 2017 soll der 50-Jährige demnach eine Frau aus seinem privaten Umfeld vergewaltigt haben.
Deutschlandweit kam es zuletzt immer wieder vor, dass sogenannte „Cold Cases“vor Gericht landeten – also alte, lange ungeklärte Mordfälle. Oft spielt dabei eine Rolle, dass Techniken zur DNA-Analyse besser werden und alte Spuren doch noch zu Ermittlungserfolgen führen. Nicht in jedem Fall reichten die Beweise für eine Verurteilung aus.
» Ein Video-Interview mit Angelika Friedl sehen Sie unter: augsburger-allgemeine.de