Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Trautner, Mehring & Co. sollen Heim retten
Weil das jahrhundertealte Seniorenheim in Dinkelscherben geschlossen werden soll, fordern die Ratsmitglieder Unterstützung von prominenten Politikern. Diese zeigen sich entsetzt über das Geschehen in der Marktgemeinde
Dinkelscherben Solchen Aufruhr gab es selten in Dinkelscherben. Marktrat Tobias Mayr sagt: „Das toppt alles.“Als Politiker habe er schon viel erlebt. Das Aufregerthema Trinkwasserchlorung zum Beispiel, aber seit klar ist, dass das jahrhundertealte Seniorenheim schließen soll, herrsche beispielloses Entsetzen in Dinkelscherben. Eine Frau habe ihm gegenüber mit Kirchenaustritt gedroht, sollte das Heim tatsächlich dichtmachen. Am Sonntag soll es eine Demonstration vor dem Gottesdienst geben. Nicht nur Mayr fragt sich: „Wie können wir die Schließung verhindern?“Er sucht deshalb Unterstützung bei der Staatsregierung.
Carolina Trautner, Staatssekretärin im Familienministerium, mischt sich in die Diskussion ein. Sie sagt: „Das Seniorenheim in Dinkelscherben ist eine Institution, die nicht kampflos aufgegeben werden darf.“Die Meldung in der vergangenen Woche habe zu großer Unsicherheit unter den Bewohnern, ihren Angehörigen und auch bei den Mitarbeitern geführt. „Natürlich bin ich bereit, politische Unterstützung zu leisten“, sagt Trautner. Sie steht bereits in Kontakt mit Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU). Trautner möchte die Situation vor Ort analysieren. Denn noch liegen ihr „keine verbindlichen Informationen“vor.
Hintergrund: Das Heim gehört der Dinkelscherber Hospitalstiftung. Sie geht auf einen kirchlichen Stifter zurück. Ein Augsburger Domherr hatte das Spitalgebäude im Jahr 1605 gespendet. Die Hospitalstiftung will das Seniorenheim schließen, weil eine notwendige Sanierung des denkmalgeschützten Hospitalgebäudes zu teuer ist. Bisher sind die genauen finanziellen Hintergründe allerdings noch nicht bekannt.
Der Dinkelscherber Bürgermeister Edgar Kalb forderte die Verantwortlichen deshalb auf, bei der kommenden Marktratssitzung am Dienstag, „alle Zahlen, Daten und Fakten für das Altenheim offenzulegen“. Der Anwalt der Hospitalstiftung, Guntram Baumann, erklärte, dass man diese Einladung nicht an- nehmen werde, weil das „nicht ziel- führend“sei. Die Situation scheint festgefahren.
Bürgermeister Kalb hat außer- dem berichtet, dass er Landrat Mar- tin Sailer um Unterstützung gebeten habe. Sailer möchte sich auf Nach- frage persönlich allerdings nicht zur Diskussion um das Seniorenheim äußern. Er verweist stattdessen auf die zuständige Behörde des Land- ratsamtes. Die teilte mit, dass die Umbaumaßnahmen des Heims nicht „unerfüllbar“seien. Dennoch habe man „Verständnis für die Entscheidung der Hospitalstiftung“.
Auch die Freien Wähler in Dinkelscherben bauen auf Unterstützung aus dem Landtag. Abgeordneter Fabian Mehring (Freie Wähler) will sich in den kommenden Tagen zusammen mit Marktrat Peter Kraus ein Bild vor Ort machen. Mehring sagt: „Es gibt ohnehin zu wenig Pflegeeinrichtungen in Bayern.“Dass nun eine so traditionsreiche Institution wie die in Dinkelscherben schließen soll, hält er für „ein völlig falsches Signal“. Sollte sich eine Sanierung des Heims tatsächlich wirtschaftlich nicht rentieren, müsse die Politik die Rahmenbedingungen ändern.
Auch Mehrings Parteifreund und Landtagsabgeordneter Johann Häusler meldet sich zu Wort. Die Plätze in Bayerns Seniorenheimen seien ohnehin knapp. Wenn da ein Seniorenheim schließt, sei das „ein herber Verlust, nicht nur für Dinkelscherben“. Auch Häusler verspricht, politischen Druck ausüben zu wollen. „An den Rahmenbedingungen sollte ein Seniorenheim nicht scheitern.“Häusler wolle den neuen Einfluss der Freien Wähler im Landtag nutzen, auch parteiübergreifend. Ziel sei es, die Schließung zu verhindern, denn: „Einen alten Baum soll man nicht verpflanzen.“
Das sehen wohl auch viele Dinkelscherber so. Am Dienstag um 19 Uhr trifft sich im Gasthaus Vikari das Aktionsbündnis gegen die Schließung des Seniorenheims. Sie erwarten viele Besucher. Das Bündnis hatte bereits für Sonntag Proteste vor der Kirche angekündigt.