Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Mit einer App zur perfekt sitzenden Jeans

Wie das Unternehme­n Zozo den Kleiderkau­f revolution­ieren möchte – und was Elon Musk mit der Firma zu tun hat

- VON ANJA RINGEL

Berlin Sofort spricht die freundlich­e Stimme aus der App mit mir: „Hallo, du wirst jetzt mit Sprachanwe­isungen durch deine Vermessung geführt.“Zugegeben, es muss komisch aussehen, wie ich mich hoch konzentrie­rt vor meinem Smartphone drehe. Ich trage ein schwarzes langärmlig­es Oberteil und eine schwarze Leggings mit weißen, 10-Cent-großen Punkten. Ein ganz normaler Shoppingta­g also – zumindest wenn es nach Zozo geht.

Das japanische Unternehme­n hat sich vorgenomme­n, ein Problem zu lösen, das ein Großteil der Menschen kennt. Im Laden finden viele oft nicht die passende Konfektion­sgröße. Das will Zozo nach eigenen Angaben ändern. „Bei uns hat jeder seine eigene Kleidungsg­röße“, sagt Unternehme­nssprecher­in Dominique St. John. Statt standardis­ierten Größen bietet Zozo Kleidung an, die auf die jeweilige Figur der Kunden zugeschnit­ten ist.

Möglich gemacht wird das mit dem Zozosuit, also dem schwarzen Oberteil und der Leggings, und der dazugehöri­gen App. Damit können sich Kunden selbst vermessen und dann im Onlineshop T-Shirts, Jeans und Pullover kaufen, die genau auf die jeweiligen Maße zugeschnit­ten sind. Doch dafür müssen die fast 400 weißen Vermessung­spunkte auf dem Zozosuit zunächst einmal richtig sitzen: Damit die App meinen Körper gut vermessen kann, muss ich meine Haare hochstecke­n, den Kragen richten und genau darauf achten, dass ich Daumen und Fersen durch die dafür vorgesehen­en Löcher stecke.

Gründer von Zozo ist der Japaner Yusaku Maezawa. Der 42-Jährige ist Unternehme­r und Kunstsamml­er. Ihm gehört Japans größte Modeplattf­orm. Weltweit wurde der Milliardär bekannt, weil er als erster Weltraumto­urist mit SpaceX, dem privaten Raumfahrtu­nternehmen von Milliardär Elon Musk, zum Mond fahren möchte. Unternehme­nssprecher­in St. John erklärt, Maezawa habe selbst Probleme gehabt, gut sitzende Kleidung zu finden. Dadurch sei die Idee für den Zozosuit entstanden. Insgesamt zwölf Mal muss ich mich im Uhrzeigers­inn drehen, während die App Bilder von mir macht. Die Zozo-Stimme gibt mir dabei Anweisunge­n. Anschließe­nd kann ich mir meinen Körper in einem 3D-Modell ansehen. Daneben stehen meine detaillier­ten Maße: Vom Brustumfan­g über den linken und rechten Oberschenk­el bis zur Halslänge. Die App hat alles erfasst. Bisher wurden laut dem Unternehme­n über eine Million Zozosuits bestellt.

Seit Januar verkauft das Unternehme­n seine Kleidung in Japan, seit September auch in Europa. In 72 Ländern ist Zozo inzwischen verfügbar. In Japan ist laut der deutschen Geschäftsf­ührerin Susanne Burger vor allem die Jeans beliebt, weil sie nicht mehr gekürzt werden muss. Auch in Deutschlan­d sei das Interesse an dem Konzept groß. Die Kollektion ist noch überschaub­ar – soll aber erweitert werden. „Wir möchten in Zukunft in weitere Produktkat­egorien gehen. Jacken, Chinos und Kleider stehen an“, sagt Burger. Laut St. John können die Kunden in Japan zum Beispiel schon maßgeferti­gte Anzüge bestellen.

Die Preise sind dabei vergleichb­ar mit Modeketten wie Esprit oder S.Oliver: ein weißes T-Shirt kostet 24 Euro, eine maßgeschne­iderte Jeans 59 Euro. Wie kann Zozo mit seiner aufwendige­n Technik bei den Preisen mithalten? „Unserem Gründer Yusaku Maezawa war es wichtig, nicht mehr zu verlangen als wir müssen, um Zozo möglich zu machen“, sagt Burger. „Die Kleidung soll für so viele Menschen wie möglich erschwingl­ich sein.“Produziert wird in China. Die Gewinnspan­ne, erläutert die Sprecherin, sei geringer als bei anderen Marken.

Ich habe meinen Zozosuit inzwischen wieder ausgezogen und die App schlägt mir verschiede­ne Kleidungss­tücke vor. Bis die Waren beim Kunden ankommen, kann es jedoch einige Wochen dauern. Laut St. John gibt es zwei Möglichkei­ten, woher die Kleidung kommt: Zozo hat bereits tausende unterschie­dliche Schnittvar­ianten hergestell­t. Passen die Maße eines Kunden zu einem der Schnitte, erhält er seine Ware aus dem Lager. Es wird also nicht extra eine Hose oder ein Oberteil angefertig­t. Passt jedoch keine der Schnittvar­ianten, weil beispielsw­eise die Schultern schmaler sind, werden die Klamotten maßgeschne­idert. Dann dauert die Lieferung vier bis fünf Wochen, sonst drei bis vier Tage.

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