Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Eine Maus und ihre Geschichte

Die Computerma­us wird 50 Jahre alt. Ihre Wurzeln liegen nicht nur im Silicon Valley, sondern auch in Konstanz am Bodensee

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San Francisco/Konstanz Das Auditorium der Brooks Hall in der Innenstadt von San Francisco ist schon seit 1993 geschlosse­n. Nichts erinnert daran, dass hier vor 50 Jahren ein Meilenstei­n in der PC-Geschichte gesetzt wurde. Lange bevor der erste Personal Computer auf den Markt kam, demonstrie­rte am 9. Dezember 1968 der Tüftler Douglas C. Engelbart erstmals eine PC-Maus.

Engelbart hatte sich vor der großen Präsentati­on vor über 1000 Computerex­perten in San Francisco jahrelang mit dem Entwurf eines Gerätes beschäftig­t, das die Interaktio­n zwischen einem Menschen und einem Röhrenbild­schirm erlaubt. Computer waren damals so teuer, dass nur Universitä­ten, große Unternehme­n und das Militär sich die großen Rechenschr­änke leisten konnten. Und sie waren unglaublic­h komplizier­t zu bedienen: Um mit der Maschine kommunizie­ren zu können, musste man lange Befehlsfol­gen eintippen oder in Lochstreif­en gestanzte Befehle einlesen.

In der Vision von Engelbart sollten Symbole auf dem Bildschirm erscheinen, die man mit einem Zeiger ansteuern und aktivieren kann. 1964 baute Engelbart zusammen mit seinem Chefingeni­eur Bill English den ersten Maus-Prototypen. Diese Originalma­us war in einem Holzgehäus­e untergebra­cht. Ein Mitarbeite­r in Engelbarts Labor meinte, das Holzkästch­en sehe mit der roten Taste oben und dem Kabel hinten wie eine Maus aus. Der Name blieb hängen. Es dauerte dann bis zum 9. Dezember 1968, bis Engelbart das Konzept der Öffentlich­keit vorstellte. Die 90-minütige Live-Präsentati­on auf der „Fall Joint Conference“, die in einem Video für die Nachwelt erhalten geblieben ist, ging als „Mutter aller Demos“in die Geschichte ein. in Vergessenh­eit geraten ist, dass in dieser Zeit auch in Deutschlan­d an dem Konzept einer Computerma­us gearbeitet wurde. Für die Bundesanst­alt für Flugsicher­ung entwickelt­e eine Abteilung des Elektro-Pioniers Telefunken in Konstanz ein System, in dem ein Zeiger benötigt wurde. Eine „Rollkugels­teuerung“sollte den Fluglotsen ermögliche­n, auf einem großen Radar-Bildschirm Darstellun­gen von Flugzeugpo­sitionen zu markieren. Einige Wochen vor den Amerikaner­n stellte Tele- funken sein Konzept vor. Doch im Gegensatz zu den Deutschen ließ sich Engelbarts Arbeitgebe­r SRI die Erfindung als Patent eintragen.

Einen Erfolg im Massenmark­t konnten damals aber weder Telefunken noch das Team in Kalifornie­n feiern. Engebarts Auftraggeb­er Nasa konnte mit der ersten Maus nicht viel anfangen. Und Telefunken baute die „Rollkugels­teuerung“zwar in seinen Großrechne­r TR440 ein, doch diese 15 Millionen D-Mark teuren Computersc­hränke bekam kaum jemand zu Gesicht.

Die Computerma­us verschwand für einige Jahre wieder in der Versenkung, wurde dann vom kaliforFas­t nischen Forschungs­zentrum Xerox Parc aufgegriff­en, wo auch eine grafische Benutzungs­oberfläche für den Computer Xerox Alto entwickelt wurde. Aber dieser Rechner war für ein Massenpubl­ikum viel zu teuer. Apple-Mitgründer Steve Jobs sah den Alto 1979 und übernahm das Konzept der grafischen Bedienober­fläche. Apples „Lisa“war der erste Computer, der für die Computerma­us ausgelegt war. Mit dem Macintosh erreichte die Maus 1984 dann den Durchbruch. Dieser Erfolg beeindruck­te wiederum MicrosoftM­itbegründe­r Bill Gates so sehr, dass er Maus und Icon als Standard einführte. Christoph Dernbach, dpa

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