Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Bahnfahrer vor schweren Zeiten
Höhere Preise – und jetzt auch noch Streiks. Worauf sich Pendler einstellen müssen
Augsburg Wer regelmäßig mit dem Zug fährt, dürfte sich aktuell gleich doppelt ärgern: Die Deutsche Bahn hat am Wochenende zusammen mit dem Fahrplanwechsel ihre Preise deutlich erhöht – im Schnitt um 1,9 Prozent im Fern- und 1,5 Prozent im Nahverkehr. Gleichzeitig ließ die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft, kurz EVG, die Tarifverhandlungen mit dem Konzern platzen. Die Folge: Von fünf bis neun Uhr treten Bahnmitarbeiter heute in ganz Deutschland in den Warnstreik. Man werde „in allen Bereichen streiken“, sagte EVG-Sprecher Uwe Reitz am Abend. Die Bahn richtete eine kostenfreie Hotline für Fahrgäste unter der Rufnummer 08000/99 66 33 ein.
Die Gewerkschaft ist unzufrieden mit den Verbesserungen, die das Unternehmen bei den Tarifverhandlungen in Aussicht gestellt hatte. Bei der Bahn sprach man dagegen von einer „völlig überflüssigen Eskalation“. Der Konzern hatte eine Lohnerhöhung von 5,1 Prozent in zwei Stufen und eine Einmalzahlung von 500 Euro in Aussicht gestellt. Die EVG hatte 7,5 Prozent mehr Geld gefordert und kündigte an, erst wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren, „wenn die Bahn deutlich macht, ernsthaft mit uns verhandeln zu wollen“.
Die letzte Streikwelle liegt drei Jahre zurück. Damals hatte insbesondere die Lokführergewerkschaft GDL wochenlang den Verkehr stillgelegt. Anders als bei der EVG ist man bei der GDL aktuell „grundsätzlich zufrieden“mit dem Verlauf der Gespräche. Gewerkschaftschef Claus Weselsky kündigte an, dass es vor Weihnachten keine Lokführerstreiks geben werde: „Wenn, dann rappelt die Kiste im neuen Jahr.“
Für die Bahn kommt der EVGStreik zur Unzeit. Der Konzern hat zahllose Baustellen: Viele ICE-Züge gelten als fehlerhaft. Das Unternehmen kommt mit der Reparatur nicht mehr hinterher – auch, weil tausende Mitarbeiter fehlen. Daneben plagt die Bahn schon seit längerem ein Verspätungsproblem: Zuletzt waren nur 72,7 Prozent aller Fernzüge pünktlich. Wobei Pünktlichkeit bei der Bahn auch noch heißt, bis zu sechs Minuten hinter dem Fahrplan zurückzubleiben. Dazu kommt: Die Bahn muss mehrere in die Jahre gekommene Zugtrassen sanieren. Ein Nebeneffekt sind viele Baustellen und neue Verspätungen.
Gleichzeitig drängen neue Rivalen ins Revier des Konzerns. So wurde bekannt, dass die Bahn einen wichtigen Nahverkehrsauftrag in der Region verliert: den „FuggerExpress“, der Treuchtlingen und Donauwörth auf der einen und Ulm auf der anderen Seite via Augsburg mit München verbindet. Voraussichtlich 2022 soll nach dem Willen der Bayerischen Eisenbahngesellschaft der britische Anbieter GoAhead auf den Strecken fahren. Der Anbieter hat auch die Ausschreibung für die Verbindung München– Lindau gewonnen, die gerade von der DB elektrifiziert wird.
Wie Sie bei einer Verspätung Geld von der Bahn zurückbekommen, lesen Sie in der