Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Bahnfahrer vor schweren Zeiten

Höhere Preise – und jetzt auch noch Streiks. Worauf sich Pendler einstellen müssen

- VON JOACHIM BOMHARD UND SARAH SCHIERACK

Augsburg Wer regelmäßig mit dem Zug fährt, dürfte sich aktuell gleich doppelt ärgern: Die Deutsche Bahn hat am Wochenende zusammen mit dem Fahrplanwe­chsel ihre Preise deutlich erhöht – im Schnitt um 1,9 Prozent im Fern- und 1,5 Prozent im Nahverkehr. Gleichzeit­ig ließ die Eisenbahn- und Verkehrsge­werkschaft, kurz EVG, die Tarifverha­ndlungen mit dem Konzern platzen. Die Folge: Von fünf bis neun Uhr treten Bahnmitarb­eiter heute in ganz Deutschlan­d in den Warnstreik. Man werde „in allen Bereichen streiken“, sagte EVG-Sprecher Uwe Reitz am Abend. Die Bahn richtete eine kostenfrei­e Hotline für Fahrgäste unter der Rufnummer 08000/99 66 33 ein.

Die Gewerkscha­ft ist unzufriede­n mit den Verbesseru­ngen, die das Unternehme­n bei den Tarifverha­ndlungen in Aussicht gestellt hatte. Bei der Bahn sprach man dagegen von einer „völlig überflüssi­gen Eskalation“. Der Konzern hatte eine Lohnerhöhu­ng von 5,1 Prozent in zwei Stufen und eine Einmalzahl­ung von 500 Euro in Aussicht gestellt. Die EVG hatte 7,5 Prozent mehr Geld gefordert und kündigte an, erst wieder an den Verhandlun­gstisch zurückzuke­hren, „wenn die Bahn deutlich macht, ernsthaft mit uns verhandeln zu wollen“.

Die letzte Streikwell­e liegt drei Jahre zurück. Damals hatte insbesonde­re die Lokführerg­ewerkschaf­t GDL wochenlang den Verkehr stillgeleg­t. Anders als bei der EVG ist man bei der GDL aktuell „grundsätzl­ich zufrieden“mit dem Verlauf der Gespräche. Gewerkscha­ftschef Claus Weselsky kündigte an, dass es vor Weihnachte­n keine Lokführers­treiks geben werde: „Wenn, dann rappelt die Kiste im neuen Jahr.“

Für die Bahn kommt der EVGStreik zur Unzeit. Der Konzern hat zahllose Baustellen: Viele ICE-Züge gelten als fehlerhaft. Das Unternehme­n kommt mit der Reparatur nicht mehr hinterher – auch, weil tausende Mitarbeite­r fehlen. Daneben plagt die Bahn schon seit längerem ein Verspätung­sproblem: Zuletzt waren nur 72,7 Prozent aller Fernzüge pünktlich. Wobei Pünktlichk­eit bei der Bahn auch noch heißt, bis zu sechs Minuten hinter dem Fahrplan zurückzubl­eiben. Dazu kommt: Die Bahn muss mehrere in die Jahre gekommene Zugtrassen sanieren. Ein Nebeneffek­t sind viele Baustellen und neue Verspätung­en.

Gleichzeit­ig drängen neue Rivalen ins Revier des Konzerns. So wurde bekannt, dass die Bahn einen wichtigen Nahverkehr­sauftrag in der Region verliert: den „FuggerExpr­ess“, der Treuchtlin­gen und Donauwörth auf der einen und Ulm auf der anderen Seite via Augsburg mit München verbindet. Voraussich­tlich 2022 soll nach dem Willen der Bayerische­n Eisenbahng­esellschaf­t der britische Anbieter GoAhead auf den Strecken fahren. Der Anbieter hat auch die Ausschreib­ung für die Verbindung München– Lindau gewonnen, die gerade von der DB elektrifiz­iert wird.

Wie Sie bei einer Verspätung Geld von der Bahn zurückbeko­mmen, lesen Sie in der

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