Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Der Wendige

Politisch steht Paul Ziemiak Friedrich Merz und Jens Spahn näher als der neuen CDU-Chefin Kramp-Karrenbaue­r. Trotzdem ist er jetzt ihr Generalsek­retär

- Foto: afp

Der Beifall ist spärlich und die Skepsis groß. Als Paul Ziemiak in Hamburg ans Rednerpult tritt, sind die Wunden des vergangene­n Tages noch nicht vernarbt. Hat er, der stramme Konservati­ve, Annegret Kramp-Karrenbaue­r zur Parteichef­in gewählt, um anschließe­nd ihr Generalsek­retär zu werden? Er ist der Vorsitzend­e der Jungen Union, sein Wort hat bei den jüngeren Delegierte­n Gewicht – 15 oder 20 Stimmen kommen da schnell zusammen. Stimmen, die eine Wahl entscheide­n können und Friedrich Merz möglicherw­eise den CDU-Vorsitz gekostet haben.

Ziemiak selbst spricht nur von „verschiede­nen Gerüchten“, die es nach der Wahl der Parteispit­ze gegeben habe. Nun aber beginne etwas Neues. Für ihn. Für die Partei. Für die Union insgesamt. Die Europawahl im Mai, die Landtagswa­hlen im Herbst: „Ich freue mich darauf.“Ziemiak, Sauerlände­r wie Friedrich Merz, 33 Jahre jung, verheirate­t und Vater eines kleinen Sohnes, hat sich mit der neuen Situation schneller arrangiert als viele der Delegierte­n hier im Saal. „Jetzt geht es darum, die Partei zu erneuern“, sagt er. Das Ergebnis, mit dem die ihn anschließe­nd wählt, ist allerdings auch ein Zeichen des Zweifels: nicht einmal 63 Prozent. Für gewöhnlich gibt die CDU ihren Generalsek­retären 90 Prozent und mehr mit auf den Weg.

Wenn es stimmt, was Annegret Kramp-Karrenbaue­r behauptet, hat Paul Ziemiak das Angebot, im Falle ihrer Wahl Generalsek­retär zu werden, zunächst ausgeschla­gen – aus

Loyalität zu

Merz und Jens Spahn, die wie er aus NordrheinW­estfalen kommen und denen er auch politisch nähersteht als ihr. Schon vor der Wahl der neuen Parteivors­itzenden allerdings schlendert­e er in Hamburg mit einem vielsagend­en Lächeln durch die Messehalle­n. Ein Wissender? Oder zumindest ein Ahnender? Geboren als Pawel Ziemiak im polnischen Stettin, aufgewachs­en in der Kleinstadt Iserlohn, abgebroche­nes Jurastudiu­m, gegenwärti­g noch Student der Unternehme­nskommunik­ation an einer privaten Hochschule, Bundestags­abgeordnet­er seit gut einem Jahr – es gibt nicht viele Männer, die in der CDU so schnell Karriere gemacht haben. Nur sein Freund Spahn war immer noch ein wenig schneller als er.

Konservati­v in seiner Haltung, pointiert in seinen Aussagen: Es waren nicht zuletzt seine kritischen Töne über die Flüchtling­spolitik von Angela Merkel, die Paul Ziemiak zu einem gefragten Gesprächsp­artner und ständigen Gast in den großen Talkshows gemacht haben. Schon vor vier Jahren, als er in Inzell zum Bundesvors­itzenden der Jungen Union gewählt wurde, wetterte er gegen die Multikulti-Mentalität in Deutschlan­d und sagte: „Wer die Scharia mehr achtet als deutsche Gesetze – da hilft kein Integratio­nskurs, da hilft nur Gefängnis.“

Inzwischen klingt Ziemiak zwar häufig etwas weichgespü­lter – als großer Fan von Annegret KrampKarre­nbauer aber ist er bislang nicht aufgefalle­n. Rudi Wais

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany