Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Luthe beißt sich durch

Der FCA verteidigt in Leverkusen aufopferun­gsvoll, kann die vierte Niederlage in Folge aber nicht verhindern. Torhüter spielt nach Zusammenpr­all mit eingerisse­ner Zunge

- VON ANDREA BOGENREUTH­ER

Leverkusen Schon wieder hat der FC Augsburg Aufbauarbe­it für einen Bundesliga-Gegner geleistet und die eigene Situation damit verschlech­tert. Weil das 0:1 (0:0) bei Bayer Leverkusen nun schon die vierte Niederlage in Folge ist, rutschen Mannschaft und Stimmung langsam, aber stetig in den Keller. Der eingewechs­elte Lucas Alario erzielte den Treffer des Tages (75.) für die Werkself, nachdem sich der FCA bis dahin nach Kräften gegen den Leverkusen­er Sturmlauf gewehrt hatte. Doch wie schon so oft in dieser Saison fiel der Gegentreff­er im letzten Drittel der zweiten Halbzeit. Entspreche­nd bedient war FCA-Trainer Manuel Baum: „Es ist eine wirklich ärgerliche Niederlage für uns. Aber wir haben hinten wieder den einen entscheide­nden krassen Fehler zu viel gemacht und vorne nicht getroffen.“

Dabei hatte es vor dem Anpfiff eine gute Nachricht für den FC Augsburg gegeben: Stürmer Alfred Finnbogaso­n stand in der Startelf, obwohl er die Woche über nur ein reduzierte­res Programm absolviert hatte. Aus privaten Gründen war sein Ersatz Julian Schieber nicht im Kader, stattdesse­n saß als Finnbogaso­n-Ersatz Dong Won Ji mal wieder auf der Bank. Allerdings spielte Finnbogaso­n über die komplette Spielzeit kaum eine Rolle. Zwar durfte der FCA in den ersten fünf noch flott vorwärts spielen, doch dann hatte Leverkusen seine Betriebste­mperatur erreicht. Der FCA konnte sich kaum mehr aus der Umklammeru­ng der BayerElf befreien, die brandgefäh­rlich wurde, sobald Havertz, Bellarabi oder Volland in Schussposi­tionen kamen. Die vereinzelt­en, mühsam vom FCA herausgesp­ielten Chancen waren hingegen zu unpräzise und brachten Leverkusen nie ernsthaft in Bedrängnis.

Kurzer Schockmome­nt dann für die Augsburger nach einem heftigen Zusammenst­oß ihres Torhüters mit Leverkusen­s Stürmer Kevin Volland. Der hatte versucht, einen Bellarabi-Pass noch zu bekommen, rutschte in den Ball und traf den herausstür­zenden Andreas Luthe zwar ohne Absicht, aber dennoch mit voller Wucht mit dem Knie im Gesicht. Der Allgäuer eilte sofort zum liegenden Keeper, um sich zu entschuldi­gen, doch Luthe brauchte erst einmal eine kurze Behandlung, bevor er wieder richtig zu sich kam, sich hochrappel­n und weiterspie­len konnte (30.). Denn er hatte sich bei dem Zusammenpr­all so stark auf die Zunge gebissen, dass ein Stück anriss und auch ein Zahn beschädigt wurde. „Ich habe das Gefühl, von einem Auto angefahren worden zu sein. Die Zunge hat ziemlich geblutet, aber während des Spiels hat es aufgehört“, erzählte Luthe anschließe­nd mit steifem Nacken und mit zusammenge­kniffenen Zähnen, denn er wollte das lädierte Stück nicht zeigen. „Nichts für schwache Nerven“, sagte er schmunzeln­d. Er habe weitergesp­ielt „weil die Ärzte alles abgefragt haben und ich alles gewusst habe. Wie ich heiße, wie es steht und so weiter.“Dass Luthe sich nicht schont, zeigt auch die Tatsache, dass er seit Jahren mit einem lädierten kleinen Finger an der rechten Hand spielt. Für eine Operation hatte er nie Zeit. Seitdem tapt er den Finger vor jedem Training und jedem Spiel an den Ringfinger und spielt mit einem Spezialhan­dschuh. Behindert wird er davon nicht, was er in Leverkusen öfters bewies.

Schmerzhaf­ter fühlte sich für ihn und die Kollegen stattdesse­n die Niederlage an, die der FCA trotz des 0:0 zur Halbzeit wieder einmal nicht verhindern konnte. „Wir waren nicht konsequent am Verteidige­n, und dann macht Leverkusen mit seiner Qualität das Tor“, ärgerte sich Luthe. Dabei wurden die Gastgeber umso unruhiger, je länger der FCA die Null hielt. Wie etwa in PerMinuten son von Leon Bailey, der Gelb sah, nachdem er in seiner aufbrausen­den Art nach einem Zweikampf mit Raphael Framberger eine Mannschaft­srangelei provoziert­e (49.). Die Pfiffe unter den Bayer-Anhängern nahmen zu – und waren in der 74. Minute komplett vergessen. Denn da wurde der eingewechs­elte Lucas Alario seiner Jokerrolle gerecht, als er eine Bender-Vorlage nicht richtig erwischte, der Ball aber trotzdem an Khedira, Max und Luthe vorbei ins Tor ging. Danach kam der FCA zwar noch zu Chancen – darunter die größte, als Dong Won Jis abgefälsch­ter Schuss an die Querlatte knallte –, stand am Ende aber wieder mit leeren Händen da und steuert so auf die Abstiegsrä­nge zu. Was bei Manuel Baum die Erinnerung an frühere Tiefpunkte hochkommen ließ. „In Augsburg gab es immer wieder Situatione­n, die nicht einfach waren. Wir wissen ganz gut, wie wir damit umgehen müssen. Wir werden weiterhin nach außen geschlosse­n auftreten, denn ich bin mir hundertpro­zentig sicher, dass wir die Qualität im Kader haben.“Leverkusen Hradecky – L. Bender, Tah (64. Wendell), Dragovic, Jedvaj – Ch. Aranguiz (73. Alario), Baumgartli­nger – Bellarabi, Havertz, Bailey (72. Brandt) – Volland FC Augsburg Luthe – Framberger, Gouweleeuw, Hinteregge­r, Max – R. Khedira, Baier – Hahn (81. M. Richter), Gregoritsc­h, Caiuby (88. Cordova) – Finnbogaso­n (61. Ji) Tore 1:0 Alario (75.) Zuschauer 25 558 Schiedsric­hter Dankert (Rostock)

„Ich habe das Gefühl, von einem Auto angefahren worden zu sein.“FCA-Torhüter Andreas Luthe

 ?? Foto: Wundrig, Fotostand ?? Schmerzhaf­te Begegnung: Leverkusen­s Kevin Volland stieß mit Andreas Luthe zusammen. Der Augsburger erlitt dabei einen Riss der Zunge.
Foto: Wundrig, Fotostand Schmerzhaf­te Begegnung: Leverkusen­s Kevin Volland stieß mit Andreas Luthe zusammen. Der Augsburger erlitt dabei einen Riss der Zunge.
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