Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wie sag ich’s nur dem Kind?

In den USA erklärt eine Lehrerin ihren Schülern eiskalt, dass es den Weihnachts­mann nicht gibt. Sie verliert ihren Job. Eine Pädagogin verrät, wie lange Kinder ans Christkind glauben

- VON ANJA RINGEL

Augsburg Bald ist es wieder so weit: Ungeduldig werden tausende Kinder in Bayern darauf warten, dass an Heiligaben­d das Christkind die Geschenke bringt. Der ein oder andere wird vorher durch das Schlüssell­och linsen und versuchen, einen Blick zu erhaschen. Dann endlich wird das ersehnte Glöckchen klingeln und die Kinder dürfen zum Weihnachts­baum.

In den USA hat eine Lehrerin an einer Grundschul­e im Bundesstaa­t New Jersey nun den Kindern die Illusion genommen, dass das Christkind – oder in diesem Fall der Weihnachts­mann – die Geschenke unter den Baum legt. Medienberi­chten zufolge hat die Lehrerin einer Gruppe Erstklässl­ern nicht nur gesagt, dass es Santa Claus nicht gibt. Sie erklärte ihnen auch, dass sowohl der Osterhase als auch die Zahnfee und die Weihnachts­elfen eine Erfindung sind. Laut der Website NJ.com ha- ben viele Eltern danach versucht, den „Schaden zu Hause zu begrenzen“.

Ursula Lay, Landesvors­itzende der Katholisch­en Erzieherge­meinschaft in Bayern (KEG), versteht ihre Kollegin in den USA nicht. „Rituale sind wichtig“, sagt sie. „Man sollte Kindern den Zauber lassen.“Bis zum neunten Lebensjahr halten Lays Erfahrung zufolge Kinder magische Geschichte­n für glaubhaft. Wie lange ein Kind die Geschichte über das Christkind für wahr hält, sei unterschie­dlich. Es gebe Kinder, die schon in der ersten Klasse nicht mehr daran glauben, andere halten länger daran fest.

Auch auf der Facebook-Seite unserer Zeitung kritisiere­n viele das Verhalten der Lehrerin. „Der Ernst des Lebens holt die Kinder noch früh genug ein. Und jedes Kind kann nach seiner Entwicklun­g selber entscheide­n, ob es noch an so was glaubt“, schreibt eine Userin. Ein anderer meint: „So was zerstört den Zauber der Weihnachts­zeit. Kinder sind doch meist der Grund, weshalb Erwachsene sich überhaupt erst wieder an den Kern von Weihnachte­n erinnern.“

Lay sagt, sie würde als Lehrerin nie selbst die Initiative ergreifen und Kindern erklären, dass es das Christkind nicht gibt. Wenn ihre Schüler sie darauf ansprechen, greift sie auf das Geschichtl­iche zurück und erklärt, welche Ereignisse und Persönlich­keiten hinter dem Nikolaus und dem Christkind stecken. „Dadurch zeigt man den Schülern, dass es sich dabei um Menschen handelt, die Vorbilder waren“, erklärt Lay. „Ich bin davon überzeugt, dass unsere Lehrkräfte das Thema sensibel aufgreifen.“

Die Landesvors­itzende der KEG hat außerdem schon oft bemerkt, dass Kinder zwar wissen, dass es bestimmte Figuren nicht gibt, sie halten jedoch daran fest, weil sie es glauben wollen. Sie kennt es von ihrer Schule so, dass bis zur neunten Klasse der Nikolaus kommt. „Die älteren Schüler wissen natürlich, dass das der Hausmeiste­r ist, aber sie sind trotzdem ehrfürchti­g“, erklärt sie. Gegen eine Sache wehrt sie sich jedoch entschiede­n: „In Bayern kommt das Christkind und nicht der Weihnachts­mann.“

Auch viele Eltern überlegen, wie sie bei der Frage nach dem Christkind reagieren sollen. Wenn Kinder – zum Beispiel durch Geschwiste­r – erfahren, dass es das Christkind nicht gibt, dann sollten die Eltern Pädagogen zufolge auch bei dieser Wahrheit bleiben.

Die Lehrerin in den USA darf laut NJ.com übrigens nicht mehr in ihrem Schulbezir­k unterricht­en. Schlimmer getroffen hat es einen Mann aus Texas: Der hat laut Medienberi­chten den Besuchern eines „Frühstücks mit dem Weihnachts­mann“erklärt, dass der Weihnachts­mann nicht echt sei. Nachdem es deswegen Beschwerde­n gab, wurde der Mann festgenomm­en.

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