Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Anschauungsunterricht
Die Talfahrt des FC Augsburg zeigt sich in acht Punkten. Warum der Besuch bei den Augsburger Panthern ein Mutmacher in dieser Situation ist
Augsburg Am Sonntag wechselten die leidgeprüften Bundesliga-Fußballer des FC Augsburg in die Zuschauerrolle. Sie statteten den Eishockey-Profis der Augsburger Panther einen Besuch im Curt-FrenzelStadion ab und sahen ein 4:2 gegen Iserlohn. Der AEV kletterte auf Platz zwei der DEL.
Den gemeinschaftlichen Ausflug kann man getrost unter der Kategorie Teambuilding-Maßnahme einordnen. Gleichzeitig war es auch Anschauungsunterricht, was ein positiver Lauf mit einem Team machen kann, das eigentlich in der DEL gar nicht dort stehen dürfte, wo es jetzt steht. Wie der FCA gehören die Panther in ihrer Liga finanziell zu den Hinterbänklern. Doch sie gehen derzeit den umgekehrten Weg des FCA. Schlecht gestartet mischen sie nun das Establishment der Liga auf. Ganz anders läuft es seit Wochen beim Fußball-Bundesligisten. Das 0:1 in Leverkusen bedeutete die vierte Niederlage in Serie. Acht Punkte, in denen sich die Talfahrt auf Rang 14 zeigt.
● Psyche Der Glaube an die eigenen Stärken ist in den letzten Wochen mit den vielen Negativ-Erlebnissen verloren gegangen. Von der breiten Brust, mit der die FCA-Spieler ihre Kontrahenten aus Dortmund, München, Leipzig oder Gladbach über 90 fast in Manndeckung unter Dauerdruck setzten, ist kaum mehr etwas zu sehen. Hätte Trainer Manuel Baum im September der Mannschaft befohlen, ohne Fußballschuhe anzutreten, weil es Erfolg versprechend ist, sie hätten es getan. Jetzt zaudern die Spieler oft in den entscheidenden Situationen, machen nicht entschlossen genug ihren Job, was die Gegner ausnützen.
● Trainer Vor wenigen Wochen wurde FCA-Trainer Manuel Baum noch für seine taktischen Raffinessen und Flexibilität gefeiert. Jetzt scheint es, dass das Gesamtkonstrukt ein wenig aus den Fugen geraten ist. Die taktischen Scharniere, die die einzelnen Spieler, aber auch die Mannschaftsteile verbinden, knarzen und quietschen. Weniger und einfacher ist vielleicht in manchen Situationen mehr.
● Torhüter Torhüter-Fehler, die zu so vielen Punktverlusten führen, war man beim FCA in der Ära Marwin Hitz nicht gewohnt. Jetzt muss man den Schweizer Torhüter nicht glorifizieren, doch folgenschwere Aussetzer sah man bei ihm in 141 Bundesligaspielen selten. Dagegen patzte Fabian Giefer (Mainz, Bremen) schon spektakulär und auch Andreas Luthe machte bei ein, zwei Gegentreffern (Dortmund, Stuttgart) keine allzu gute Figur. Fazit: beide Torhüter gehören so nicht zu den Top-Vertretern ihrer Zunft. ● Defensive Mit 23 Gegentoren liegt der FCA derzeit auf Platz elf der Liga, also gar nicht so schlecht. Und die Abwehr spielt auch über die meiste Zeit der Spiele solide. Doch immer wieder gibt es Aussetzer, die Spiele entscheiden. In Leverkusen stellte nicht nur Philipp Max seine Arbeit vor dem 0:1 ein, was fatal war. Auch in Stuttgart war die Abwehr in Überzahl, der Torschütze aber vollkommen ungestört. Auch die schnelle Spieleröffnung aus der Abwehr heraus funktioniert nicht mehr reibungslos.
● Mittelfeld Auch in der Schaltzentrale des FCA läuft es zurzeit sehr holprig. Wurden dort zu Saisonbeginn in der Vorwärtsbewegung ganz oft die richtigen Entscheidungen getroffen, wird derzeit zu oft der richtige Zeitpunkt für die Abspiele verpasst. Und in der Rückwärtsbewegung fällt auf, dass die Abstimmung zwischen Abwehr und Mittelfeld manchmal klemmt.
● Sturm In Leverkusen wäre durchaus mehr drin gewesen. Drei Großchancen in der Schlussphase hätten für ein Tor reichen müssen. Doch sie wurden vergeben. Es zieht sich wie ein roter Faden durch die letzten Spiele, dass die Offensivakteure durch Pech, aber auch Unvermögen klarste Möglichkeiten nicht nützen. ● Formkrise und Verletzungen Wie beschrieben kränkelt der FCA in allen Mannschaftsteilen, weil vor alMinuten lem die Schlüsselspieler derzeit ihrer Bestform aus unterschiedlichen Gründen hinterherlaufen.
● Management Kein einziger der Neuzugänge hat bisher überzeugt. Auch hier sind die Gründe individuell verschieden. Läuft es bei einer Mannschaft gut, ist das kein Problem, da ist der Geduldsfaden dick. Läuft es nicht, reißt er schnell.
● Mutmacher Um nur mal festzustellen: Der FCA ist mit 13 Punkten nicht hoffnungslos abgeschlagen Tabellenletzter. Zudem scheint es mit Hannover, Nürnberg und Düsseldorf drei Teams zu geben, die nicht das Format haben, um durchzustarten. Aber die Situation ist durchaus brenzlig. Allerdings hat das Team ja schon in dieser Saison gezeigt, was es kann. Zudem hat der FCA schon ganz andere Krisen in der Bundesliga gemeistert. Egal wie der Trainer hieß. Was Management, Verein, Trainer, Mannschaft und auch Fans dabei auszeichnete: Sie behielten bisher immer die Ruhe, zogen gemeinsam an einem Strang und sich so aus dem Schlamassel. Und es gibt nicht nur mutmachenden Anschauungsunterricht im Eisstadion, sondern auch im eigenen Archiv. Gestern jährte sich zum dritten Mal die Überraschung von Belgrad, als der FCA mit einem Tor von Raúl Bobadilla zum 3:1 in letzter Minute der Sprung in die K.-o.Runde der Euro League gelang.