Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Diese Studentin spielt eine Nachtclub-Hostess

Lotte Albrecht liebt es, die Rollen zu wechseln. Das zeigt sie jetzt in einem neuen Theaterstü­ck an der Uni. Warum ihr eine Szene, in der es um Striptease geht, trotzdem nicht leicht fällt

- VON TANJA FERRARI

Im Hörsaal an der Uni Augsburg wird beim Bühnenbild noch letzte Hand angelegt, während sich die Schauspiel­er auf ihren Positionen einfinden. Es ist eine der letzten Proben des Anglisten-Theaters, bevor Studentin Lotte Albrecht das Publikum mit ihrer Darbietung in den Bann ziehen will. Es wäre nicht das erste Mal, dass sie großen Applaus bekommt. Egal ob sie eine vor Wut rasende Mutter, ein Flüchtling­skind oder eine Nachtclub-Tänzerin spielt – Theater ist ihre Leidenscha­ft.

Einen unerwartet­en Erfolg hatte sie in Ben Powers Version der griechisch­en Tragödie „Medea“. Im vergangene­n Semester übernahm sie zum ersten Mal den Part der Schlüsself­igur. Es war eine große Überraschu­ng, vor allem für die 22-jährige Komparatis­tik-Studentin. „Rudolf Beck, unser Regisseur und Gruppenlei­ter, hat mich anfangs gar nicht in der Rolle gesehen“, erzählt sie. Trotz anfänglich­er Bedenken – für ihre Auftritte erntet Lotte Albrecht viel Lob.

Die Wandelbark­eit der sonst eher zurückhalt­enden Studentin überzeugt vor allem ihre Kommiliton­en. Da Medea ein interessan­ter und vielschich­tiger Charakter mit vielen Emotionen sei, habe ihr das Spielen unglaublic­h Spaß gemacht, sagt sie. „Ich finde es immer großartig, in andere Rollen zu schlüpfen und dabei die Charaktere und ihre Gefühle besser kennenzule­rnen.“Gerade die vor Wut rasende Medea gefiel ihr besonders gut. Sie habe auf der Bühne so richtig die Sau rauslassen können, verrät sie lachend.

Bei der aktuellen Produktion fällt Lotte Albrecht das Schauspiel­ern nicht ganz so leicht. „Dieses Mal muss ich richtig aus meiner Haut heraus.“Beim historisch­en Drama „The Trill of Love“von Amanda Whittingto­n wird die 22-Jährige zum gescheiter­ten Schauspiel­sternchen, das als Hostess in der gehobenen Nachtclubs­zene arbeitet und dann als Mörderin verurteilt wird.

„In der Theorie verstehe ich die Figur zwar, aber in Aktion fühle ich mich bei erotischen Rollen nicht ganz so wohl“, sagt sie. Auch wenn sie sonst kaum mit Lampenfieb­er zu kämpfen hat, die Striptease-Szene im aktuellen Theaterstü­ck ist für die Studentin definitiv eine große Überwindun­g, besonders wenn die Familie im Publikum sitzt.

Ihre Begeisteru­ng für das Theater entdeckte Lotte Albrecht schon in ihrer Grundschul­zeit: „Angefangen hat alles mit einem Auftritt beim Schulmusic­al, wo ich zwei kleinere Rollen übernehmen durfte“, sagt sie. Die Schauspiel­erei habe sie von Anfang an begeistert und besonders das Verkleiden habe ihr als Kind viel Spaß gemacht. Früher träumte sie auch von einer Theaterkar­riere. Heute wisse sie allerdings, dass das nichts für sie sei: „Ich bin niemand, der in seinem Arbeitsumf­eld die Ellenbogen einsetzen möchte.“Deshalb bleibt das Schauspiel­ern für die Studentin erst einmal nur ein Hobby. Im Anglisten-Theater, wo sie seit 2016 auf der Bühne steht, hat Lotte Albrecht nun schon ihren sechsten Auftritt. „Wir sind alle sehr unterschie­dliche Schauspiel­er, deshalb gibt es bei uns im Team auch keinen Streit, was die Rollenvert­eilung anbelangt“, verrät sie.

Während der Proben im Semester landet das Soziallebe­n der 22-Jährigen größtentei­ls auf dem Abstellgle­is. Die Zeit für Freunde und Familie ist knapp bemessen. Denn für die Studentin kommt die Uni immer an erster Stelle. „Eigentlich müsste ich aktuell an meiner Bachelorar­beit sitzen, stattdesse­n lerne ich Text“, sagt sie. Kurz vor der Premiere nehmen die Proben dreimal pro Woche viel Zeit in Anspruch.

Mit dem richtigen Zeitmanage­ment und einer kleinen Portion Glück klappe es mit Studium, Theaterpro­ben und mit zwei Nebenjobs aber doch ganz gut, sagt sie. Zur Not schlägt sich die 22-Jährige aber die eine oder andere Nacht um die Ohren, damit der Text auch wirklich sitzt und alle Uni-Aufgaben fertig werden. Anglisten-Theater Lotte Albrecht ist am Dienstag, 11. Dezember, und Donnerstag, 13, Dezember ab 20 Uhr in „The Thrill of Love“an der Uni Augsburg zu sehen (Hörsaal II). Karten gibt es für 7 Euro, ermäßigt 5 Euro an der Abendkasse.

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Foto: Klaus Satzinger-Viel Die Studentin spielt aktuell eine Nachtclub-Hostess und muss auch eine schwierige erotische Szene bewältigen.
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Lotte Albrecht

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