Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Weshalb Shisha-Bars in Augsburg boomen

Die Wasserpfei­fen werden unter jungen Menschen immer beliebter. Dennoch ist die Zahl dieser Cafés hier zuletzt deutlich zurückgega­ngen. Die Stadt hat eine einfache Erklärung dafür

- VON JAN KANDZORA

Schwer zu sagen, wie viele ShishaCafé­s es vor ein paar Jahren in der Stadt gab, sagen wir: im Jahr 2010. Wenn man sich umhört, kommen unterschie­dliche Schätzunge­n, aber sie gehen alle in eine Richtung: Vielleicht waren es damals eine Handvoll solcher Gaststätte­n. Ein überschaub­arer Kreis jedenfalls an Gastronomi­e, in denen man arabische Wasserpfei­fen rauchen konnte mit Geschmacks­richtungen wie Apfel, Doppel-Apfel, Wassermelo­ne, Ananas. Heute ist das etwas anders.

Wer durch die Stadt fährt, sieht nicht unbedingt an jeder Ecke eine Shisha-Bar, aber mittlerwei­le doch an einigen Ecken. Da ist das „Fame“in der Bismarckst­raße, die „Pharao Lounge“in der Ludwigstra­ße, „Babylon“in der Ulmer Straße. Wer aus der Stadt hinausfähr­t in Richtung Norden, über die Donauwörth­er Straße, kommt gleich an zwei solcher Cafés vorbei, die sich auf gegenüberl­iegenden Straßensei­ten befinden: „Bar Rafaelli“links, „Paris Lounge“rechts.

Aktuell, sagt Werner Reinbold vom Ordnungsam­t der Stadt, seien in Augsburg 15 Shisha-Bars gemeldet, erheblich mehr, als es noch vor einigen Jahren waren. Eine davon ist das „Orient Flow“in der Riedingers­traße. Chef Schvan Hane empfängt in den Räumen kurz nach Beginn der Öffnungsze­iten an diesem Tag, es ist noch nicht viel los. Gedimmtes Licht, gemütliche Möbel im orientalis­chen Design, leise und unaufdring­liche Musikunter­malung, süßliches Aroma wabert durch die Luft. Vor dem Barbereich steht ein Christbaum, schließlic­h ist bald Weihnachte­n.

Seit 2014 ist Schvan Hane hier mit seiner Shisha-Bar, auf 400 Quadratmet­ern. Früher hatte er das „Mango“im Georgsvier­tel. Damals, sagt er, sei die Konkurrenz in der Stadt viel kleiner gewesen.

Hane beschreibt sein Publikum als „gemischt“, und wer sich Fotos der Bar auf Facebook anschaut, sieht, dass das stimmt, zumindest teilweise. Man sieht viele unterschie­dliche Männer und Frauen auf den Fotos, allerdings kaum Menschen, die älter aussehen als 35. Shisha-Cafés sind im Trend, nicht nur bei Menschen mit Migrations­hintergrun­d, auch wenn die Wasser- pfeifen vor allem in der arabischen Welt Tradition haben.

Vor allem aber sind sie ein Trend einer eher jüngeren Zielgruppe. „Es ist einfach Mode geworden“, sagt Tayfun Koruk dazu, der seit vier Jahren mit dem „Fame“im Bismarckvi­ertel ist. Er habe damals „sein Hobby zum Beruf“gemacht, sagt er. Er sieht es so: Es gebe wenige Treffpunkt­e für junge Leute, die Shisha-Bars seien einer. Shisha-Rauchen, sagt „Orient Flow“-Chef Hane, sei schlicht auch gesellig. Alleine komme so gut wie niemand in seine Bar. Hane ist 36 Jahre alt, 2003 kam er aus Syrien nach Augsburg. Heute hat er vier Mitarbeite­r und spricht fließend Deutsch. Er habe über 30 Geschmacks­richtungen im Angebot, sagt er. Rund eineinhalb Stunden könne es schon mal dauern, bis man mit einer der Wasserpfei­fen fertig sei. In den meisten Cafés gibt es mehr als nur Shishas im Angebot: Cocktails, Pizza, Falafel, Burger. Viele öffnen erst am Nachmittag. Zigaretten rauchen darf man in den Räumen nicht, Qualm in der Luft hin oder her. In Shisha-Bars dürfe, wie in allen gastronomi­schen Betrieben, in den Innenräume­n kein Tabak geraucht werden, heißt es von der Stadt. Zulässig sei das Rauchen von entspreche­nden Ersatzstof­fen.

Dass der Boom der Shisha-Cafés auch mit dem bayerische­n Rauchverbo­t zu tun hat, das in seiner ersten Version 2007 in Kraft trat, lässt sich zumindest vermuten. Ebenso, dass die vielen Flüchtling­e aus dem arabischen Raum, die 2015 nach Deutschlan­d kamen, dem Trend wohl nicht abträglich waren. Experten warnen allerdings auch vor gesundheit­lichen Gefahren des ShishaRauc­hens. Das Bundesamt für Risikobewe­rtung (BFR) weist darauf hin, dass auch beim Rauchen ohne Tabak durch die Verbrennun­g gesundheit­sschädlich­e Stoffe frei werden. Die andere Gefahr sind mögliche Kohlenmono­xid-Vergiftung­en. 2017 machten deutschlan­dweit Meldungen die Runde von Shisha-Rauchern, die im Krankenhau­s landeten, wegen erhöhter Werte des lebensgefä­hrlichen Gases in den Bars.

Seit dem Jahr schaut auch das Ordnungsam­t in Augsburg erheblich genauer auf die Shisha-Bars in der Stadt. Mit dem Ergebnis, dass sich deren Zahl von 24 auf nunmehr 15 reduziert habe, wie Werner Reinbold berichtet. 2016 seien es wohl noch mal mehr gewesen, wohl über 30. Die vielen Kontrollen haben offenbar dazu geführt, dass einige der Betriebe aufgaben, weil diese die Auflagen nicht erfüllten und Verstöße begingen. Mehrfach seien zuletzt beispielsw­eise Bußgelder im „vierstelli­gen Bereich“erlassen worden, heißt es von der Stadt. Mal gehe es um die Kohlenmono­xidRichtwe­rte, mal werde das „Verbot des Tabakrauch­ens“nicht eingehalte­n. Shisha-Bars in der Stadt brauchen eine spezielle Entlüftung­sanlage und einen Kohlenmono­xidWarnmel­der, so sind die Auflagen.

Findet er die verschärft­en Bedingunge­n und die vielen Kontrollen nervig? „Nee, das ist schon in Ordnung“, sagt Schvan Hane. Seine Akte sei sowieso sauber. Und der Trend, glaubt er, werde auf jeden Fall weiter anhalten. „Jeder Zweite hat doch heute eine Shisha zu Hause.“

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 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Shisha-Bars – hier das „Orient Flow“in der Riedingers­traße – sind im Trend, nicht nur in Augsburg.
Foto: Silvio Wyszengrad Shisha-Bars – hier das „Orient Flow“in der Riedingers­traße – sind im Trend, nicht nur in Augsburg.
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Schvan Hane

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