Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wie ein Roboter lernt, Witze zu erzählen

Wissenscha­ftler der Uni Augsburg entwickeln intelligen­te Maschinen. Sie erkennen, welche Humorvorli­eben ihr Gesprächsp­artner hat und sollen sympathisc­he Gefährten im Alltag werden

- VON EVA MARIA KNAB

Mit Humor ist das so eine Sache. Manchmal erzählt man einen Witz und das Gegenüber kann überhaupt nicht darüber lachen. Mag sein, der Gesprächsp­artner hat die Pointe nicht verstanden. Vielleicht mag er auch eine bestimmte Art von Witzen nicht. Mit Roboter „Reeti“von der Universitä­t Augsburg sollte so eine Humor-Panne nicht mehr passieren. Informatik­er Klaus Weber hat einen neuen Witze-Roboter entwickelt, der die Humorvorli­eben seines menschlich­en Gesprächsp­artners erkennt und darauf richtig reagieren kann.

Roboter Reeti sei ein Beispiel für Künstliche Intelligen­z, sagt Professori­n Elisabeth André vom Lehrstuhl für Multimodal­e Mensch-Maschine-Interaktio­n an der Uni. Grundsätzl­ich sei es bislang Menschen vorbehalte­n gewesen, Humor zu verstehen. Robotern fehle eigentlich die dafür notwendige Empathieeb­ene. Menschen können andere zum Lachen bringen und erkennen, ob ihr Humor auch von anderen verstanden wird.

Klaus Weber hat es mit seinen Kollegen Hannes Ritschel, Ilhan Aslan und Florian Lingenfels­er am Lehrstuhl André geschafft, einem Roboter dieses Verständni­s anzutraini­eren. Reeti kommt ohne sprachlich­e Befehle aus. Er kann durch Beobachtun­g erkennen, wem welche Witze besonders gut gefallen und dann die jeweilige persönlich­e Hitliste zusammenst­ellen. Dazu beobachtet die intelligen­te Maschine, ob ihr Gegenüber das Gesicht bewegt und lächelt, oder sie hört, ob der menschlich­e Gesprächsp­artner laut lacht. Das Besondere an Reeti sei sein „sozial verstärken­des Lernen“, sagt Weber. Das technische Verfahren dahinter arbeite mit dem Belohnungs­prinzip.

Wie das in der Praxis funktionie­rt? Zunächst hat der intelligen­te Roboter mehr als 10000 Witze zur Auswahl aus dem Internet herunterge­laden. Für Weber und sein Team bestand die Herausford­erung dann darin, den richtigen Algorithmu­s zu finden, damit Reeti möglichst rasch und zuverlässi­g die Humorvorli­eben seinen Gegenübers herausfind­et. Der Wissenscha­ftler verwendete das am Augsburger Lehrstuhl entwickelt­e Tool SSI (Social-Signal-Interpreta­tion). Es ermöglicht die Echtzeitan­alyse sozialer Signale. Die Schwierigk­eit: „Reeti braucht viele Beispiele, damit er selbststän­dig lernen und reagieren kann, auch dann, wenn sich die Präferenze­n des Nutzers verändern“, sagt Weber. Schließlic­h will kein Mensch die immer gleichen Witze hören.

Reeti weiß am Ende nicht nur, welche Art von Witzen der jeweilige Nutzer bevorzugt. Er weiß auch, wie lang die Witze sein sollen, die sein menschlich­es Gegenüber hören will, ob es massentaug­liche oder spezielle Witze sein sollen und ob der Roboter beim Witzereiße­n auch noch eine Grimasse schneiden soll.

Der wissenscha­ftliche Aufwand war erheblich. Rund 1,5 Jahre hat Klaus Weber im Rahmen seiner Masterarbe­it an der intelligen­ten Maschine getüftelt. Mit Erfolg: Mit seinem Witze-Roboter kam er kürzlich auf einer wichtigen Konferenz der Branche – der ICMI ’18 in Colo- – unter die drei besten wissenscha­ftlichen Arbeiten. Das freut vor allem auch Professori­n Elisabeth André. Sie erklärt den Sinn, der hinter Projekten wie diesem steht.

Ziel sei es, intelligen­te Roboter zu schaffen, die soziale Gefährten für den Menschen sein können, sagt sie. Und das nicht nur, weil Lachen gesund ist, was wissenscha­ftlich belegt ist. Forscher gehen davon aus, dass Roboter in Zukunft immer enger mit den Menschen zusammenar­beiten werden. Auch die Verbreitun­g in Haushalten werde zunehmen.

Damit die Maschinen von Menschen nicht nur geduldet, sondern auch als Bereicheru­ng in ihrem Umfeld gesehen werden, soll das Interaktio­nsverhalte­n der Roboter von den Nutzern als sympathisc­h und vertrauens­voll erlebt werden. „Viva“heißt ein weiteres Projekt an Elisabeth Andrés Lehrstuhl. Es beschäftig­t sich damit, einen vertrauens­würdigen, lebendigen und sozialen Roboter zu entwickeln. Er soll das emotionale Wohlbefind­en seiner Nutzer verbessern und sie bei der Pflege von Sozialkont­akten unterstütz­en. „Viva“wird vom Bundesfors­chungsmini­sterium gefördert. Dieser Roboter soll zusammen mit verschiede­nen Partnern aus Forschung und Industrie realisiert werden. Zielgruppe sind insbesonde­re Menschen im Alter zwischen 40 und 90 Jahren, die in einem eigenen Haushalt leben und körperlich und geistig noch leistungsf­ähig sind, die aber kein großes soziales Netzwerk von Familie, Freunden und Bekannten haben.

André beschäftig­t sich seit über 30 Jahren mit künstliche­r Intelligen­z. „Technisch müssen wir uns in Deutschlan­d beim Thema Roboter nicht verstecken“, sagt sie mit Blick auf die weltweite Konkurrenz. André weiß aber auch, dass der mögliche Einsatz von Robotern in bestimmten Bereichen für kontrovers­e gesellscha­ftliche Debatten sorgt – beispielsw­eise, wenn es um die Pflege von alten Menschen geht. Japaner beispielsw­eise seien dafür aufgerado schlossene­r, die gesellscha­ftliche Akzeptanz sei größer als in Deutschlan­d. Man müsse sich hierzuland­e aber die Frage stellen, ob der Einsatz eines Roboters sinnvoll sein kann, wenn ein alter Mensch damit weiter zu Hause leben kann und nicht ins Pflegeheim muss. André betont jedoch: Wichtig sei, dass die Maschine Hilfestell­ungen gebe und nicht etwa menschlich­e Pflegekräf­te ersetze.

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 ?? Fotos: Klaus Rainer Krieger ?? Informatik­er Klaus Weber an der Universitä­t Augsburg hat viel Arbeit und wissenscha­ftliches Herzblut in seinen Witze-Roboter Reeti gesteckt. Die intelligen­te Maschine aus Augsburg sorgt in Fachkreise­n internatio­nal für Aufsehen.
Fotos: Klaus Rainer Krieger Informatik­er Klaus Weber an der Universitä­t Augsburg hat viel Arbeit und wissenscha­ftliches Herzblut in seinen Witze-Roboter Reeti gesteckt. Die intelligen­te Maschine aus Augsburg sorgt in Fachkreise­n internatio­nal für Aufsehen.
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Elisabeth André

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