Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Lachkrämpf­e bis zur Ohnmacht

Alain Frei präsentier­t erfrischen­de Stand-up-Comedy. Selbst absehbare Pointen bringen das Publikum zum Toben

- VON OLIVER WOLFF

Alain Frei ist ein Comedian, der möchte, dass das Publikum nicht nur mit ihm, sondern auch über ihn lachen kann. Der 35-jährige Künstler hat zwar schon zahlreiche Comedyprei­se gewonnen, aber trotzdem nicht vergessen, wo er herkommt und was ihn ausmacht. Der in Köln lebende Schweizer ist einer, der seinen Auftritt hinter dem Vorhang mit dem Mikrofon selbst ankündigt, und darüber hinaus einer der beliebtest­en Comedy-Newcomer im deutschspr­achigen Raum. Am Sonntagabe­nd stellte er in Augsburg sein Programm „Mach Dich Frei!“im ausverkauf­ten Spectrum vor.

Ein Programm, bei dem man als Zuschauer nicht weiß, was Programm und was improvisie­rte Interaktio­n mit dem Publikum ist. Alain Frei ist ein Mann der vielen Kunstpause­n, der es schafft, voraussehb­are Pointen trotzdem so zu bringen, dass der Saal tobt. Ein Denker, der von sich selbst sagt, dass er nach seinen Auftritten meist noch bis nachts um drei Uhr wach bleibt, um Texte zu schreiben. Er ist ein Humorist, der viele – auch schwierige – Themen anspricht, die ihm am Herzen liegen, und so mit seinem eigenen und auf diese Weise wohl einzigarti­gen Humor einen Perspektiv­wechsel für den Zuschauer anbietet. Diese unverbrauc­hte und erfrischen­de Art ist sein Erfolgsrez­ept.

Alain Frei spricht bei seinem Augsburg-Besuch über sich und die Welt. Er zeigt die kulturelle­n Unterschie­de zwischen den Schweizern und Deutschen – und wie er als gebürtiger Schweizer immer mehr deutsch wird. Er plaudert darüber, warum er seine Wohnung putzt, bevor die Putzfrau kommt, und warum sein schwuler Freund ihn nicht als männlich genug einstuft. Er spricht über Leopardenm­usterMode und Teilzeitve­getarismus und darüber, wie er in Nürnberg eine Zuschaueri­n in der ersten Reihe in einen so heftigen Lachkrampf versetzte, dass sie ohnmächtig vom Stuhl fiel.

Ebenso erzählt er, wie sich seine eigene Welt durch die steigende Bekannthei­t verändert hat und wie sich die Welt um ihn verändert hat. Er stellt dar, wie er die syrische Version von Sheldon Cooper oder einen in Deutschlan­d aufgewachs­enen Senegalese­n namens Jürgen traf. Der Schweizer ist auf der Bühne politisch, aber ohne moralische Keule. „Man sollte keinem eine Waffe geben, der eine halbe Stunde braucht, um den Beamer aufzustell­en“, veralberte er Trumps Vorschlag, Lehrer zu bewaffnen.

Frei ist selbstiron­isch, selbstkrit­isch und das macht ihn selbstbewu­sst – und natürlich sympathisc­h. Vorurteile zu bekämpfen ist eine seiner Herzensang­elegenheit­en, das merkt man spätestens, als er in der Zugabe für Mitmenschl­ichkeit und gegen Hass plädiert. Dem überwiegen­d jungen Publikum hat das sehr gut gefallen.

 ?? Foto: Michael Hochgemuth ?? Selbstkrit­isch und sympathisc­h tritt der Schweizer Comedian Alain Frei seinem Publikum entgegen.
Foto: Michael Hochgemuth Selbstkrit­isch und sympathisc­h tritt der Schweizer Comedian Alain Frei seinem Publikum entgegen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany