Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Immer mehr Stadtbäume haben schwere Schäden
Anhaltende Hitze im Sommer, Schädlinge und neue Krankheiten bedrohen das Augsburger Grün. Die Stadt fällt mehr Bäume als sie neu pflanzt. Das ruft Kritiker auf den Plan
Das Laub ist weg. Deshalb sieht man es im Winter nicht so genau: Immer mehr Stadtbäumen in Augsburg geht es schlecht. In Zeiten des Klimawandels leiden sie unter umweltbedingtem Stress – und das hat Folgen.
Ein neuer Bericht des städtischen Amtes für Grünordnung kommt zu dem Ergebnis, dass Krankheiten und Schäden an Stadtbäumen seit zehn Jahren deutlich zunehmen. Umweltreferent Reiner Erben (Grüne) und seine Mitarbeiter gehen davon aus, dass sich die angespannte Lage mittelfristig noch weiter verschärfen wird.
Insgesamt gilt Augsburg als eine Großstadt mit relativ viel Grün. Mindestens 80 000 Bäume stehen in öffentlichen Grünanlagen und an Straßen. Sie haben häufig schwierige Standortbedingungen, die ihre Lebenszeit verkürzen, das ist schon länger bekannt. Fachleute zählen auf, was Stadtbäumen generell zu schaffen macht: Stress durch Trockenheit, Hitzeperioden, verdichteter Boden, Streusalz und Schadstoffe im Erdreich. Auch Erdbauarbeiten, wenn neue Leitungen gelegt werden müssen, oder weitere Pflasterungen für Straßen und Gehwege können problematisch für die Baumwurzeln sein.
Geschwächte Bäume sind jedoch anfälliger für Schädlinge und Krankheiten. Dazu kommt, dass sich auch in Augsburg hierzulande neue Baumkrankheiten ausbreiten, die durch Pilze oder Schädlinge ausgelöst werden. „An erster Stelle ist hier das Eschentriebsterben zu nennen“, teilt das Amt für Grünordnung mit.
Eschen machen inzwischen den größten Teil der Stadtbäume aus, die gefällt werden müssen. Aber auch andere heimische Baumarten seien massiv von Krankheiten betroffen, sodass viele Fällungen anstehen – besonders Ahorne, Linden und Birken. Diese Arten müssen auch am intensivsten gepflegt werden, damit keine Sicherheitsrisiken von ihnen ausgehen – beispielsweise, wenn tote Äste abbrechen. Nach Angaben des Grünamtes müssen aus diesen Gründen allein in der Augsburger Innenstadt in diesem Winter 13 große alte Bäume entfernt wer- den, die einen „Ortsbild prägenden Charakter“für ihre Umgebung haben.
Weiter verschärft hat sich die Situation in dieser Sommersaison. Weil es viele Wochen und Monate kaum geregnet hat, gehen die Fachleute von zahlreichen Trockenschäden im Stadtgrün aus. Vieles sei wohl erst im kommenden Jahr deutlich zu sehen. Deshalb werde sich die Situation voraussichtlich auch mittelfristig nicht entspannen, sondern sogar noch verschärfen, sagen die Fachleute.
Weil es in Großstädten wie Augsburg tendenziell wärmer und trockener ist als auf dem flachen Land, müssen die Stadtbäume teilweise künstlich bewässert werden. Die Mitarbeiter des Grünamtes hatten in diesem Jahr besonders viel zu tun. April war der Bedarf an Bewässerung besonders groß. Über 500 Baumstandorte mussten regelmäßig gegossen werden, vor allem Stellen mit jungen Bäumen, die leichter vertrocknen. Der Gießdienst musste zuletzt weitere Bewässerungswagen anschaffen, um für längere Hitzeperioden gerüstet zu sein.
Der wachsende Umweltstress der Augsburger Stadtbäume hat allerdings auch andere problematische Folgen: Mitarbeiter des Augsburger Amtes für Grünordnung sind inzwischen so stark mit der Baumpflege und mit Fällungen beschäftigt, dass sie nicht mehr im selben Umfang nachpflanzen können. Bei der letzten statistischen Erfassung im Oktober standen noch 6770 Bäume zur Pflege an, darunter waren noch 356 Fällungen zu erledigen. In diesem Jahr wurden bislang aber nur 200 Bäume nachgepflanzt, weitere 150 neue sollen im Winter dazu kommen.
Grünamtsleiterin Anette Vedder sagt, „hier wurde eine Kapazitätsgrenze erreicht“. In diesem und kommenden Jahr seien deshalb etwas weniger Neupflanzungen vorgesehen. Nach ihrer Einschätzung bringt es mehr, die gepflanzten Bäume so zu pflegen, dass sie sich gut entwickeln können, als möglichst viele neue zu setzen, die dann möglicherweise durch Pflegemängel Schaden nehmen. Nach Einschätzung der Amtsleiterin sind weitere deutliche Verbesserungen auch nur zu erreichen, wenn der Fachbereich Grünpflege mehr Personal und Geld bekommt.
Die städtische Strategie für BäuSeit me ist jedoch umstritten. Während Anette Vedder sagt, dass die Fällungen im Vergleich zur Gesamtmenge der Bäume eher marginal seien und durch Naturverjüngung und Neupflanzungen gut ausgeglichen werden könnten, sieht man das in Teilen des Stadtrats ganz anders.
„Unterm Strich werden mehr Bäume gefällt als gepflanzt“, kritisiert Christian Pettinger (ÖDP). Dies gehe nun schon seit mehreren Jahren so. Besondere Probleme sieht er deshalb für die Innenstadt. Dort bedeute ein gefällter Baum in der Regel einen Totalverlust von Grün für das Umfeld. Parallel sei zu erwarten, dass im Zuge des Klimawandels immer mehr Bäume im Stadtzentrum absterben. Dies werde sich negativ aufs Stadtklima auswirken.