Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Alles verloren und zurückgekä­mpft

Im August zerstörte eine Brand das Unternehme­n von Marion Schwaller-Barina in Gersthofen. Doch ihr ist der Neuanfang gelungen – mit der Hilfe von Freunden, Bekannten und Fremden

- VON MARIA HEINRICH

16. August 2018. Dieses Datum wird Marion Schwaller-Barina niemals in ihrem Leben wieder vergessen. An diesem Tag verlor die Unternehme­rin ihre gesamte Existenz, als ein Feuer ihre Firma Natusat in Gersthofen zerstörte. Vier Monate später sagt sie: „Ich wünsche niemandem, dass er so einen Brand miterleben muss. Das ist wirklich der Super-Gau.“

Natusat verkauft Futtermitt­el für Pferde sowie Reitzubehö­r und bietet Diagnoseve­rfahren für kranke Pferde an. Im August zerstörten die Flammen das gesamte Firmenarea­l, Giftstoffe entwickelt­en sich aus dem Rauch und nisteten sich in den Futtersäck­en, Satteldeck­en und Halftern ein. Marion Schwaller-Barina hatte nichts mehr, es entstand ein Schaden von einer halben Million Euro: „Man kann sich nicht vorstellen, was für eine Lawine nach so einem Schicksals­schlag auf einen zurollt.“

Die Unternehme­rin berichtet von zermürbend­en Behördengä­ngen, langen Diskussion­en mit der Bank und den Verhandlun­gen mit den Versicheru­ngen. „Sie stehen wirklich hinter uns und haben uns aus gutem Willen zwei zusätzlich­e Zahlungen überwiesen. Nur damit konnten wir überhaupt wieder von vorne anfangen.“

Nächtelang saßen Schwaller-Barina und ihre Mitarbeite­r da und schrieben unzählige Listen mit Dingen, die sie neu anschaffen mussten. „Da stand alles drauf, damit wir nichts vergessen. Wir hatten ja nicht mal mehr Radiergumm­is oder ein Lineal.“

Am 5. September geschah dann das Unerwartet­e für Marion Schwaller-Barina. Ein Unternehme­r aus Königsbrun­n meldete sich bei ihr, übergab ihr sofort und ohne Vorleistun­gen den Schlüssel zu einem Gebäude in Welden, in das das Unternehme­n einziehen konnte. Die 57-Jährige erinnert sich: „Er sagte zu uns: ,Ihr braucht Hilfe, die gewähre ich euch.‘ Und dann hat er uns ohne Wenn und Aber eingelasse­n. Ohne ihn hätte der Neustart unseres Unternehme­ns gar nicht funktionie­rt, wir hätten niemals wieder Fuß fassen können.“

Doch auf die gute Nachricht folgte wieder eine schlechte: „An einem Donnerstag im Sommer hat uns der alte Vermieter geschriebe­n, wir müssen bis zum nächsten Montag ausziehen und alle verbrannte­n Produkte und den Schrott ausräumen.“

Auf Facebook postete die Unternehme­rin einen Hilferuf und suchte nach Freiwillig­en, die ihr beim Umzug helfen könnten. Über 40 Freunde, Lieferante­n, Bekannte und sogar Fremde kamen ihr zu Hilfe. Zum Beispiel das Backhaus Siegel aus Gersthofen mit seinen Mitarbeite­rn, der Inhaber der Jet-Tankstelle aus Friedberg, der mit seinem Radlader vorbeikam, die Spedition Nuber aus Lechhausen, die einen 40-TonnenLast­wagen bereitstel­lte, und die Abfallents­orgung Fischer und Hohner aus Gersthofen, die den verbrannte­n Schrott wegbrachte. „Das war einfach unglaublic­h, wie sich alle für uns eingesetzt haben.“

Einige Lieferante­n hätten für den Neuanfang sogar kostenfrei­e Waren bereitgest­ellt und Zahlungsfr­isten verschoben, berichtet SchwallerB­arina. „Diese Menschen haben uns bei der ganzen Trauer und dem Elend aufrechtge­halten. Ohne diese ganze Unterstütz­ung hätten wir nicht weitermach­en können.“Die Nerven hätten in dieser Zeit bei ihr, ihrer Familie und den Mitarbeite­rn blank gelegen. „Es ist mir deshalb ein Anliegen, mich bei allen Helfer von Herzen zu bedanken. Sie können stolz darauf sein, dass sie uneigennüt­zig so viel Gutes getan haben.“Auch die Versicheru­ng von Schwaller-Barina weiß die Hilfsberei­tschaft der Menschen zu schätzen und sponsort für Weihnachte­n kleine Dankesgesc­henke für die Helfer.

Mit der Unterstütz­ung ihrer Mitarbeite­r und den vielen Freiwillig­en ist es Marion Schwaller-Barina gelungen, knapp sechs Wochen nach dem Brand, am 27. September, wieder die ersten Produkte an Kunden rauszuschi­cken. „Mittlerwei­le sind unsere Produkte zu 80 Prozent wieder lieferbar, Natusat erzielt wieder einen ähnlichen Umsatz wie vor dem Brand. Wir haben das Gröbste überstande­n.“

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Foto: Andreas Lode Nur in Schutzklei­dung konnte die Lagerhalle kurz nach dem Brand betreten werden.

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