Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Fit mit Musik für die Seele
Wer singt, hat zum Altwerden keine Zeit, sagt die Leiterin der Neusässer Silverbirds Inge Gah mit Überzeugung
Neusäß Wer in einem Chor singt, der ist nie allein, und lebt, insbesondere im Alter, gesünder. Gemeinschaft erleben und sich zusammen bei altbekannten Liedern an frühere Zeiten erinnern, das lockt die rüstigen Senioren der Stadt Neusäß alle 14 Tage ins Haus der Musik, um sich nach Lust und Laune Lieder zu wünschen und zu singen. „Alle Repertoirewünsche werden erfüllt“, erklärt die Initiatorin Inge
Gah, die mit viel Herzblut im Hintergrund die Fäden zieht. Und so möchte diesen Termin keines der inzwischen 43 Mitglieder missen. Sie sei eben ein quirliger Wassermann und habe zum Altwerden keine Zeit, erklärt die 83-Jährige, der man ihr Alter kaum glaubt.
Aktiv war sie ihr ganzes Leben lang, gründete 1972 den Kindergarten in Ottmarshausen, den sie anschließend bis zur Eingemeindung nach Neusäß auch selbst leitete. Sorge tragen für Jung und Alt, für Heimkinder in Baschenegg, schwerst kranke Nonnen in Ursberg sowie Begleitung von Menschen im Hospiz, prägte ihr Leben. Gerade in diesen oft nicht leichten Situationen fiel es Gah auf, wie stark Musik auf Menschen in allen Lebenslagen einwirkt. Selbst Menschen, durch Demenz bereits geistig weit entfernt, werden von der Musik erreicht. Allerdings gibt es einiges zu beachten in der musikalischen Arbeit mit Senioren. So dürfe man mit älteren Menschen nicht zu lange und zu viel proben. Dies überanstrengt sie, denn sie können sich nicht mehr so lange konzentrieren. Genau diese Fehler wollte Gah vermeiden. Natürlich brauchte sie dringend einen passenden Partner aus der Musikszene für ihr Vorhaben. Beim Besuch eines Veeh-Harfen-Konzerts im Notburgaheim war ihr sofort klar, dass die Leiterin Brigitte Anzenhofer genau die Richtige war, den geplanten Chor zu leiten. „Wir haben uns gesucht und gefunden“, beschreibt Inge Gah das musikalisch fruchtbare Gespann. Und dann fackelte sie auch nicht mehr lange: Sie nahm Kontakt mit der Stadt Neusäß auf, denn jetzt musste ein Übungsraum her und auch die Bezahlung der Chorleiterin musste sicher gestellt sein. Dabei fand die Chorinitiatorin wiederum mit Musikschulleiter Achim Binanzer einen wichtigen Mitstreiter, der alle 14 Tage einen Übungsraum kostenlos zur Verfügung stellt. Er freut sich über die „musikalische Flexibilität“, die in den Räumen der Musikschule jetzt bestehe.
Regina Malcolmsson vom betreuten Wohnen in Neusäß unterstützte beim Druck von Plakaten und Flyern, und so konnte Inge Gah bereits beim folgenden Seniorennachmittag des Volksfests Neusäß und in Neusässer Geschäften auf den neuen Singkreis aufmerksam machen. Zum ersten Kennenlerntag kamen bereits erfreuliche zwölf sangesfreudige Senioren. „Zwei Drittel Frauen, ein Drittel Männer“, erinnert sie sich und erzählt, dass inzwischen die „Sangesbrüder“voller Inbrunst mitsingen und dabei uralte Schlager von Heino und Freddy bevorzugen. Die Silverbirds waren geboren. Alle genießen es, gemeinsam zu singen und sich bei so manchen Wanderoder Volksliedern an frühere schöne Zeiten zu erinnern.
Aber singen und proben allein genügt den Silverbirds schon lange nicht mehr. Seit drei Jahren sind sie aktiv am kulturellen Leben der Stadt Neusäß beteiligt. Sie sind eine besondere musikalische Einheit, und das zeigen sie nicht nur mit ihrem mitreißenden Gesang, sondern auch mit ihrem Outfit, für das Inge Gah akribisch Sorge trägt. Alles muss passen, und so hat sie persönlich für alle einen Schal in der roten Stadtfarbe besorgt. Wie ein Feuerwerk habe die Gesangsgruppe auf ihn gewirkt, als der Vorhang aufging, lobte sodann auch Bürgermeister Richard Greiner.
Ein wenig Lampenfieber ist bei allen Auftritten bei Inge Gah, die stets mit auf der Bühne steht, immer dabei. Dabei weiß sie: Alle Lieder sitzen und alle Sänger geben ihr Bestes. Besonders berührende Momente erlebt sie selbst immer bei Konzerten des Chors im Pflegeheim in Neusäß. „Die Demenzkranken singen aus vollem Herzen mit und kennen oftmals alle Strophen. Diese Freude ist uns höchstes Lob.“