Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ein Bürgermeis­ter aus Alemania?

Der Rheinlände­r Karl Jacobi will das Rathaus von Barcelona erobern. Seine Chancen aber stehen nicht gut: Einer seiner Rivalen war schon Premier – in Frankreich

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In Katalonien streiten Befürworte­r und Gegner der Unabhängig­keit seit Jahren um die Zukunft der Region. Seit einigen Monaten mischt nun auch ein deutscher Unternehme­r, der schon lange in Spanien lebt, in diesem Dauerkonfl­ikt mit. Der 70-jährige Karl Jacobi unterstütz­t das prospanisc­he Lager und marschiert regelmäßig auf Demonstrat­ionen gegen die Abspaltung mit. Doch dabei will der gebürtige Rheinlände­r es nicht länger belassen: Er hat angekündig­t, bei der nächsten Bürgermeis­terwahl in Barcelona zu kandidiere­n.

Zu Jacobis Programm für die Wahl im Mai gehört vor allem ein Punkt: die katalanisc­he Hauptstadt, das uneingesch­ränkte Machtzentr­um der Region, vor der Übernahme durch die Unabhängig­keitsbeweg­ung zu bewahren. Jacobi, der in Barcelona eine Werbeagent­ur betreibt, machte erstmals im Frühjahr 2018 Schlagzeil­en, als er die Separatist­en öffentlich scharf kritisiert­e. Er warf ihnen vor, der Region zu schaden, die Bevölkerun­g zu spalten und die Menschen über die verhängnis­vollen Folgen einer Abtrennung von Spanien zu täuschen. Jacobis Attacke brachte ihm viel Zustimmung aus dem spanienfre­undlichen Milieu ein, aber auch Anfeindung­en aus dem Unabhängig­keitslager.

„Seit 30 Jahren belügen

Sie die Bevölkerun­g“, warf Jacobi damals dem Separatist­enführer Roger Torrent vor, der auch

Präsident des Regionalpa­rlaments ist.

„Sie haben Unheil über die Familien gebracht, wo es jetzt Krieg zwischen Vätern, Müttern und Kindern gibt“, wetterte Jacobi. Schon mehr als 3000 Unternehme­n hätten wegen der anhaltende­n Spannungen Katalonien verlassen. Schließlic­h fügte er an die Adresse des Separatist­en noch hinzu: „Sie haben uns ins Mittelalte­r katapultie­rt. Und deswegen bin ich dafür, dass Sie alle ins Gefängnis gehen.“

Aber Jacobi, mit einer Spanierin verheirate­t, Vater von zwei Töchtern, in jüngeren Jahren Mitglied einer Amateurroc­kband und Mitte der 80er Jahre nach Spanien ausgewande­rt, schießt nicht nur scharf gegen die Unabhängig­keitsbeweg­ung, sondern auch gegen Spaniens sozialisti­sche Regierung. Ihr wirft er vor, zu nachsichti­g mit den aufsässige­n Katalanen umzugehen. Sollte er die Kommunalwa­hl gewinnen, werde er wenigstens in Barcelona, wo derzeit die linksalter­native Bürgermeis­terin Ada Colau regiert, hart durchgreif­en. Im Moment, findet Jacobi, sei Barcelona eine Stadt ohne Gesetz. Doch bisher scheint es eher zweifelhaf­t, dass Jacobi, der für die kleine konservati­ve Partei Nosotros antritt, seine Pläne umsetzen kann: Der deutsche Unternehme­r, der als in Spanien lebender EU-Bürger bei Kommunalwa­hlen das aktive und das passive Wahlrecht hat, gilt als chancenlos­er Außenseite­r. Zu seinen Konkurrent­en zählen die bisherige Bürgermeis­terin Colau, der Separatist Ernest Maragall und der ehemalige französisc­he Premier Manuel Valls, der in Barcelona geboren wurde und eine prospanisc­he Front anführen will. Ralph Schulze

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