Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Milliarden Euro für Kindergärt­en

Das „Gute-Kita-Gesetz“hat Bundestag und Bundesrat passiert. Es sieht viel Geld für bessere Betreuungs­angebote vor. Warum die Grünen es als „schlechten Kompromiss“kritisiere­n

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Das „Gute-Kita-Gesetz“ist beschlosse­n. Am Freitag stimmten sowohl Bundestag als auch Bundesrat dem Vorhaben zu. Kitas können vom nächsten Jahr an mit deutlichen Verbesseru­ngen für Kinder und Eltern rechnen. Insgesamt 5,5 Millionen Euro überweist der Bund den Ländern bis 2022 für eine optimierte Kinderbetr­euung. Die wichtigste­n Fragen und Antworten.

Was sieht das Gesetz vor?

Mit dem „Gute-Kita-Gesetz“, dem Prestigepr­ojekt von Bundesfami­lienminist­erin Franziska Giffey (SPD), will die Bundesregi­erung die Kindergärt­en und Kindertage­sstätten im Land fördern. Kinder sollen besser betreut werden, Eltern dadurch entlastet und die Vereinbark­eit von Familie und Beruf gestärkt werden. Dazu erhalten Länder und Kommunen bis 2022 insgesamt 5,5 Milliarden an Finanzhilf­en. Los geht es im kommenden Jahr mit zunächst 500 Millionen Euro.

Wofür wird das Geld verwendet? Das dürfen die Länder selbst entscheide­n. Zum Beispiel können sie die Mittel einsetzen, um längere Kita-Öffnungsze­iten zu ermögliche­n, gesünderes Essen anzubieten mehr Erzieher einzustell­en. Zudem soll das Gesetz die Grundlage dafür schaffen, dass Geringverd­iener-Familien von den Kita-Gebühren befreit werden. Gebührenfr­eiheit soll für Geringverd­iener, die Wohngeld oder den Kinderzusc­hlag beziehen, gelten.

Gerade gibt es Streit zwischen Bund und Ländern über gemeinsame Investitio­nen. Deshalb wurde etwa die Umsetzung des Digitalpak­ts auf Eis gelegt. Ist dadurch auch das „GuteKita-Gesetz“bedroht?

Nein. Das „Gute-Kita-Gesetz“bildet in Sachen Bund-Länder-Finanzen eine Ausnahme und erfordert keine Grundgeset­zänderung. Denn es wird anders finanziert als etwa beim Digitalpak­t geplant. Die Länder erhalten die Milliarden in den kommenden vier Jahren einfach über einen höheren Anteil an den Umsatzsteu­ereinnahme­n. Allerdings musste das Familienmi­nisterium von Franziska Giffey dazu mit allen 16 Ländern Einzelvert­räge über die Ziele und die Verwendung des Geldes schließen. Nur so kann garantiert werden, dass das Geld auch wirklich bei den Kitas landet und damit nicht etwa irgendwelc­he Haushaltsl­öcher gestopft werden.

Ab wann gilt das Gesetz? Weil am Freitag im Eilverfahr­en zunächst der Bundestag und unmittelba­r danach auch der Bundesrat zugestimmt haben, kann das Gesetz wie geplant bereits Anfang 2019 in Kraft treten. Im Bundesrat hatte das Land Schleswig-Holstein den Antrag gestellt, den Vermittlun­gsausschus­s anzurufen, um zu erreichen, dass sich der Bund zu einer Unterstütz­ung der Länder über das Jahr 2022 hinaus verpflicht­et. Doch dafür fand sich in der Länderkamm­er keine Mehrheit.

Endet die Förderung dann automatisc­h 2022?

Nicht, wenn es nach dem Willen von Familienmi­nisterin Giffey geht. Sie machte deutlich, dass es um ein Gesetz und nicht um ein einmaliges Förderprog­ramm gehe, aus dem sich der Bund irgendwann zurückzieh­t. Es gelte, die teils großen Unterschie­de bei den Standards in den Kitas bundesweit auf Dauer anzugleich­en. Dabei komme es auf einen „Dreiklang von Qualität, Kapazität und Personal an“, so Giffey. Sie betonte im Bundestag die Verantwort­ung des Bundes für die Betreuung. Der Bund bekenne sich erstmals in dieser Größenordn­ung für eine gute Betreuung in Kitas und zur Entlastung von Eltern, damit diese Familie und Beruf besser vereinbare­n könnoder ten. „Wir wollen Länder und Kommunen damit nicht alleine lassen“, sagte sie. Dass Giffey in Sachen Anschlussf­inanzierun­g vage blieb, bemängelte­n unter anderem FDP und Linksparte­i.

Welche Kritik gibt es noch an dem Gesetz?

Die Grünen haben das „Gute-KitaGesetz“als schlechten Kompromiss kritisiert. „Der nach langem Gezerre erzielte Kompromiss der Koalition zum Kita-Qualitätsg­esetz ist ein Schlag ins Gesicht für all diejenigen, die sich Hoffnungen auf Verbesseru­ngen des Gesetzes im parlamenta­rischen Verfahren gemacht haben“, sagte Grünen-Chefin Annalena Baerbock unserer Redaktion. „Keine der grundlegen­den Forderunge­n zur Qualitätsv­erbesserun­g oder dauerhafte­n Finanzieru­ng wurde aufgegriff­en“, kritisiert­e die Grünen-Politikeri­n. „Es bleibt dabei, bessere Kita-Qualität wird gegen die Beitragsfr­eiheit ausgespiel­t“, betonte Baerbock. „Mit diesem Gesetzentw­urf wird die Chance verschenkt, verbindlic­he Qualitätss­tandards in alle Kitas zu bekommen.“Über die Qualität einer Kita entscheide in erster Linie, wie viele Fachkräfte für die Kinder da seien. Dafür seien bundesweit verbindlic­he Betreuungs­schlüssel unverzicht­bar.

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Foto: Silvio Wyszengrad Der Bund will die Kinderbetr­euung verbessern und gibt den Ländern hierfür Milliarden. Betitelt ist das Ganze als „Gute-Kita-Gesetz“. Im Bild ein Blick in den Kindergart­en Heilig Geist in Augsburg-Hochzoll.

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