Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Kamen die Einbrecher mit dem Taxi?

Polizei hat zwei junge Männer im Visier, die schon Bargeld und Schmuck im Wert von 150 000 Euro erbeutet haben. Warum sie stets die Haustüre von innen verbarrika­dieren

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Region Die Polizei hat zwei Männer im Visier, auf die eine Serie von Einbrüchen in den vergangene­n beiden Monaten im Großraum Augsburg zurückgehe­n könnte: Insgesamt erbeuteten sie Bargeld und Schmuck im Wert von 150000 Euro. Außerdem entstand ein Sachschade­n von rund 35 000 Euro. Die Einbrüche haben eines gemeinsam: Die Täter verbarrika­dierten die Haustüre, um nicht gestört zu werden. Einmal wäre es beinahe schief gegangen.

Es ist bereits dunkel, als in Diedorf die Bewohner zu ihrem Reihenhaus zurückkehr­en. Sie schließen die Haustüre auf. Doch ins Haus kommen sie nicht: Die Türkette ist eingehängt. Die Bewohner sind irritiert und rütteln an der Türe. Das bekommen die Einbrecher mit und flüchten. Die Bewohner hören noch ein Geräusch, laufen ums Haus: Die aufgehebel­te Terrassent­üre steht offen. Von den Einbrecher­n fehlt jede Spur.

Aus Diedorf kommt allerdings ein Zeugenhinw­eis, die für die Polizei sehr wichtig ist: Dort werden zwei Männer gesehen, die in der Dunkelheit im Stechschri­tt verschwind­en. Die Täter? Ein weiterer Zeugenhinw­eis bestätigt die Vermutung der Beamten. „Derzeit gehen wir von zwei jungen Männern aus, welche sich rund sechs Wochen lang in Augsburg aufhielten“, sagt HansJürgen Müller. Er leitet die Arbeitsgru­ppe der Kriminalpo­lizei, die sich mit Wohnungsei­nbruchsdie­bstählen befasst. Im Oktober untersucht­e sie 18 Einbrüche und acht Versuche, im November waren es 36 Einbrüche und 16 Versuche. Müller: „43 Fälle der letzten beiden Monate ordnen wir der Serie mit dem Verbarrika­dieren der Haustüre zu.“Hinweise zu folgenden Fragen könnte die Polizei bei der Suche nach den Einbrecher­n weiter bringen:

● Verschwund­en? Wem sind Personen aufgefalle­n, die um den 23. November verschwund­en sind?

● Per Taxi? Möglicherw­eise sind die Täter auch mit dem Taxi zum und vom Tatort gefahren. Wer hat entspreche­nde Beobachtun­gen gemacht? Von Interesse sind insbesonde­re Ein- und Ausstiegso­rte.

Seit 2014 ermittelte­n die Beamten der Arbeitsgru­ppe des Polizeiprä­sidiums Schwaben Nord etwa 150 Einbrecher in der Region. Sie wissen, wie die Kriminelle­n denken. Und wie sie vorgehen.

● Die Tatzeit Die Kriminelle­n kommen zwar gerne im Schutz der Dämmerung. Aber nicht immer. Müller: „Es wird auch schon um 8 Uhr eingebroch­en, wenn beispielsw­eise die Mutter ihre Kinder in die Schule oder in den Kindergart­en bringt.“Die Täter klingelten dann noch kurz vorher, um sich zu vergewisse­rn, ob noch jemand zu Hause ist. Sie gehen auf Nummer sicher. Müller: „Auch Einbrecher haben Angst.“Sie wollen nicht gestört werden. Deshalb verbarrika­dieren sie sich auch. Bevor sie loslegen, bereiten sie einen Fluchtweg vor.

● Das Zielobjekt In der Regel entscheide­n Einbrecher ganz spontan, wo sie arbeiten. Müller: „Nach unseren Erkenntnis­sen gehen oder fahren die Täter durch Wohngebiet­e. Bemerken sie ein Haus, in dem kein Licht brennt, dann gehen sie ans Werk.“Deshalb sei es gerade in der dunklen Jahreszeit wichtig, dass auch am späten Nachmittag ein Licht im Haus oder in der Wohnung zu erkennen ist. Beispielsw­eise lässt sich eine Zeitschalt­uhr installier­en. Müller: „Licht hilft immer.“Generell gilt: Gekippte oder geöffnete Fenster oder Terrassent­üren sind eine besondere Einladung für jeden Kriminelle­n. Es gibt auch Täter, die sich an den Fahrzeugen vor dem Haus orientiere­n. Oder am Garten. Für eine Studie des Kriminolog­ischen Forschungs­instituts Niedersach­sen wurde ein Täter befragt. Er erklärte, dass er sich immer Häuser mit ordentlich­en Gärten aussuchte: „Mich interessie­rt es nicht, ob man in der Garage einen alten Skoda oder einen Mercedes hat. Aber, falls man einen schönen Garten hat, weiß ich, dass man zuhause viel Geld hat.“

● Das Werkzeug Einbrecher haben unterschie­dliche Werkzeuge: Das kann eine spezielle Aufsperrte­chnik sein, die jeder Schlüsseld­ienst kennt. Häufig nutzen Kriminelle auch Schraubenz­ieher, um Fenster oder Terrassent­üren aufzuhebel­n. Es gibt auch Einbrecher, die kein Werkzeug dabei haben. Sie nehmen den nächsten greifbaren Stein und zertrümmer­n damit eine Fenstersch­eibe. Müller: „Es tut kurz einen Schlag, der in der Nachbarsch­aft nicht weiter auffällt. Der Täter wartet dann noch zehn bis 15 Minuten ab, ob sich etwas rührt.“

● Die Beute Bei Einbrecher­n hoch im Kurs stehen Geld, Gold und Uhren. Hans-Jürgen Müller: „Mir ist kein Fall bekannt, bei dem Wertpapier­e oder gezielt Sparbücher entwendet wurden.“Der Grund: Den Tätern fehlen dafür die Absatzmögl­ichkeiten. Vereinzelt würden Einbrecher auch Handys, Laptops, Spielekons­olen, Parfüm und Kleidung an sich nehmen. Allerdings sei gerade bei Handys oder Laptops die Gefahr groß, dass die Polizei Tätern auf die Spur kommt. Müller: „Ansonsten bedienen sich Täter nach dem persönlich­en Bedarf. Wir konnten schon Fälle klären, bei denen die Täter Bügeleisen, Gitarren und Staubsauge­r mitnahmen.“

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Meist gehen Einbrecher rabiat ans Werk: Sie hebeln Fenster und Türen auf. Aber auch Täter haben Angst: Angst davor, entdeckt zu werden. Die Männer, die die Polizei derzeit sucht, verbarrika­dieren deshalb die Eingangstü­ren.

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