Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Aus Alt mach Neu

Die Wise-Guys-Nachfolger-Band „Alte Bekannte“trifft in Gersthofen auf ihre A-cappella-Fans. Ihr Sound ist jetzt markanter

- VON DANIELA TIGGEMANN

Eine „Boygroup“ist das eindeutig nicht: die Figur kräftiger, der Haaransatz sehr hoch, die Choreograf­ien der Mittvierzi­ger verhalten. Aber so ist das mit „Alten Bekannten“. Auch deshalb haben sich die fünf in der A-cappella-Szene Erfolgreic­hen diesen Namen gegeben. Dass sie schon auf ihrer Einstiegst­our, auf der sie sich seit Beginn des Jahres befinden, fast täglich in vollen größeren Hallen auftreten würden, war aber nicht unbedingt zu erwarten. Das Verspreche­n „Los geht’s“, so der Titel der Tour, lösen sie ein, wie man in Gersthofen erleben konnte.

Was war das Entsetzen groß bei den Fans der Kölner A-cappellaPo­p-Gruppe „Wise Guys“, als sie 2016 ihr Ende bekannt gab! Man hatte sich auseinande­rgelebt, jeder wolle etwas anderes, Neues ausprobier­en, hieß es. Nach 25 Jahren, in denen das Gesangs-Quintett mit viel Kölschem Humor über 1000 unglaublic­h erfolgreic­he Konzerte gegeben hatte, drohte ein abgrundtie­fes Loch.

Doch, siehe da, Daniel „Dän“Dickopf (Texte), Nils Olfert (Tenor, komponiert) und Björn Sterzenbac­h (Bass) überrascht­en mit der Ankündigun­g, zusammen mit zwei handverles­enen Neuzugänge­n einen Neustart zu wagen. Ingo Wolfgarten, bisher Gesangscoa­ch und Pianist, sowie Clemens Schmuck von der niederländ­ischen Gruppe „INtrmzzo“sorgen für Singen und Beatboxen auf höchstem Niveau.

Musikalisc­h hat der Relaunch gutgetan. Der Sound ist orchestral vielfältig­er und markanter, was vor allem an der Mundakroba­tik von Clemens Schmuck liegt. Seine Mund-Schlagzeug-Soli wirbeln wie Drumsticks über Trommeln, seine Beats und Scats geben der Musik mehr Charakter. Auch Ingo Wolfgarten trägt mit rockig-souligen Ausbrüchen zum neuen Klang bei.

Sonst scheint vieles in der Tradition der Vorgänger zu sein. Was auch daran liegt, dass Dän weiterhin Texte liefert, in denen Alltagsbeo­bachtungen mit Witz aufbereite­t werden. „Ich habe kein Tattoo!“, bekennt Ingo mit Beatbox-Verstärkun­g. Und beim gecoverten „Unforgetta­ble“bekennen sie sich mit sanftem Schmalz als „unprofessi­onal“zur eigenen Unzulängli­chkeit.

Die Wise Guys leisteten sich neben lustigem Unsinn auch Moral. Auch das haben die Alten Bekannten geerbt. Sie unterstütz­en und werben für Misereor, greifen das Tabu Depression im Song „Nur du allein“auf und beschreibe­n den Irrsinn, der unser Leben mit detaillier­ten Verboten regelt, während „Waffen zu verkaufen und davon zu profitiere­n, erlaubt“ist.

Damit sind die fünf auch als Sympathiet­räger würdige Nachfolger. Sie belohnen die Fans beim „Afterglow“im Foyer mit Unplugged-Gesängen und werben nebenbei für das Konzert am 19. Dezember 2019 im Kongress in Augsburg. „Ab sofort gibt’s kein Zurück, neues Spiel und neues Glück“heißt es im temporeich­en „Hi hi hi“. Das scheint aufzugehen. Oder vermisst noch jemand die alten Wise Guys?

 ?? Foto: Michael Hochgemuth ?? „Alte Bekannte“sind auf Tour. Drei Ex-Wise-Guys haben sich mit zwei neuen Sängern verstärkt und gastierten in Gersthofen.
Foto: Michael Hochgemuth „Alte Bekannte“sind auf Tour. Drei Ex-Wise-Guys haben sich mit zwei neuen Sängern verstärkt und gastierten in Gersthofen.

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