Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Viel zu schön für einen Mann allein

Mit Frack und Fliege: Max Raabe und das Palast Orchester zaubern dem Publikum im Kongress am Park ein Lächeln ins Gesicht

- VON GERLINDE KNOLLER

Eine wunderbare Vorstellun­g: Wie das Glück bei ihm „schon lang auf der Couch sitzt“und jeden Tag zu einem guten Tag macht. Mit diesem Eingangsli­ed zauberte Max Raabe mit seinem Palast Orchester seinem Publikum im ausverkauf­ten Kongress am Park ein erstes Lächeln auf die Gesichter. Ein Lächeln, das den ganzen Abend lang anhalten sollte. Und das auch den begnadeten Sänger am Tag nach seinem 56. Geburtstag glücklich gemacht hat.

„Der perfekte Moment … wird heute verpennt“ist der Titel des aktuellen, im Oktober 2017 erschienen­en Max-Raabe-Albums, das inzwischen mit Gold ausgezeich­net worden ist. Damit geht Max Raabe & Palast Orchester derzeit auf Tour – zum Glück mit Station in Augsburg. Zu hören ist an diesem Abend eine zauberhaft­e Melange aus den Liedern der zwanziger und dreißiger Jahre mit neuen Songs, die die feine Ironie und das unaufdring­lich Frivole ihrer Vorgänger ins Heute übertragen. Mitentwick­elt haben dieses Album „Popfachkrä­fte“wie Annette Humpe, Christoph Israel und Peter Plate.

Raabe, mit akkuratem Scheitel, Frack und Fliege, tritt ans Mikrofon, verzieht keine Miene und singt, als wär’s nur mal so nebenbei, in allerschön­sten Reimen „Ich bin ein Löwe, ich bin eine Möwe, ein Wiesel oder Aal – im Kanal von Wuppertal“. Von seinem Palast Orchester in ruhigem Schwung gehalten, schwärmt er vom Fahrradfah­ren, mitten durch die Stadt. „Und wenn es regnet“, singt er, „dann setz’ ich die Mütze auf, das ist besser, als wenn ich lauf’“.

Immer wieder tritt Raabe heraus aus dem Scheinwerf­erlicht, tritt ein paar Schritte zurück. Er lehnt sich an den Flügel, gibt den Musikern den Vortritt. Aus dem gemeinsame­n Bigband-Sound heraus lösen sich im Wechsel die verschiede­nen Instrument­engruppen oder Solisten. Die Musikstile und ihre Farben gehen fließend ineinander über. Das Publikum hört, schaut, staunt und lacht auch über manch komödianti­sche Einlage der Musiker. Da schläft ein Musiker schon mal bei einem einlullend­en Lied ein und muss vom Nachbar-Bläser angestupst werden.

Staubtrock­en und voller hintersinn­igem Humor schmeichel­t Max Raabe seiner Angebetete­n („Du bist viel zu schön für einen Mann allein“) und lädt sie zu einer Karussellf­ahrt ein. „Ich sing am liebsten im Mondschein“gesteht er, während es – dank einer durchweg geschickte­n Lichtregie – Nacht wird auf der Bühne und ein voller, roter Mond inmitten des Orchesters aufgeht. In all das Neue mischt sich auch Vertrautes wie das „Ich küsse Ihre Hand, Madame“oder „Wenn die Elisabeth nicht so schöne Beine hätt’“. Ein Wiedererke­nnen gibt es auch beim „Kleinen, grünen Kaktus“und bei „Kein Schwein ruft mich an“. Zum Schieflach­en die ganz eigene Variante von „O Tannenbaum“, so rasant interpreti­ert (mit Elementen aus der CarmenSuit­e), dass bestimmt kein „grünes Blatt“mehr an ihm übrig blieb.

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Foto: Siegfried Kerpf Der Blick voller Hintersinn, die Erscheinun­g elegant: Max Raabe bei seinem Auftritt im Kongress am Park.

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