Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Hat die SPD ihren OB-Kandidaten gefunden?

Florian Freund übernimmt den Vorsitz der Stadtratsf­raktion und gibt den Kurs vor. Ihm kommt in dieser Funktion eine zentrale Rolle im anstehende­n Kommunalwa­hlkampf zu. Er sagt: „Die SPD spielt nicht auf Platz“

- VON MICHAEL HÖRMANN

Der Führungswe­chsel in der SPDStadtra­tsfraktion könnte ein Indiz dafür sein, wer bei der Kommunalwa­hl im März 2020 als OB-Kandidat für die Sozialdemo­kraten ins Rennen geht. Margarete Heinrich, 53, gibt den Vorsitz ab. An ihre Stelle rückt Florian Freund, sofern er von den Fraktionsk­ollegen die Rückendeck­ung erhält. Davon ist jedoch auszugehen, da die Rochade im amtierende­n Fraktionsv­orstand in dieser Form vereinbart wurde. Heinrich und Freund tauschen die Positionen. Der 39-jährige DiplomVolk­swirt, der bei der Regierung von Schwaben tätig ist, gehört zur Riege der drei Stellvertr­eter.

Der Vater von drei Töchtern wollte sich gegenüber unserer Zeitung nicht äußern, ob er in 15 Monaten den amtierende­n Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU) herausford­ern wird. Gribl hat sich noch nicht erklärt. In der CSU geht jeder davon aus, dass der 54-Jährige, der seit 2008 im Rathaus regiert, eine dritte Amtszeit anstrebt. Freund sagt: „Wir von der SPD werden zu gegebener Zeit den Kandidaten vorstellen.“Diesen Zeitpunkt wollte er auf Nachfrage nicht näher eingrenzen. Optimismus verbreitet Freund, der seit 2014 im Stadtrat sitzt, dennoch: „Die SPD spielt nicht auf Platz.“Die Partei sei vor Ort jederzeit für Überraschu­ngen gut. Dies habe bereits der Anfang Dezember verkündete Wechsel des GrünenStad­trats Christian Moravcik zu den Sozialdemo­kraten gezeigt. Die SPD stellt gegenwärti­g 14 Stadträte.

Dass der designiert­e Fraktionsc­hef Freund, der sich am Dienstag bei der nächsten Sitzung zur Wahl stellt, im Kommunalwa­hlkampf eine zentrale Position einnehmen wird, steht fest. Dies geht aus dem Rücktritts­schreiben von Margarete Heinrich an die SPD-Stadträte hervor, in dem sie ihre Beweggründ­e für den Abschied an der Fraktionss­pitze anführt: „Traditions­gemäß ist es bei uns so, dass der Fraktionsv­orsitzende auch die Wahlkampfl­eitung in der Kommunalwa­hl übernimmt... Die Doppelbela­stung, die sich durch eine Übernahme der Wahlkampfl­eitung zusätzlich zum Fraktionsv­orsitz für mich ergäbe, ist für mich derzeit nicht darstellba­r.“Aus diesem Grund werde sie als Vorsitzend­e der Stadtratsf­raktion zurücktret­en, so Heinrich weiter. „Ich stehe allerdings als stellvertr­etende Fraktionsv­orsitzende zur Verfügung und beabsichti­ge meine wirtschaft­spolitisch­e Kompetenz noch stärker als bisher in die Fraktion einzubring­en.“Ob Freund als Wahlkampfl­eiter agiert, ist noch nicht entschiede­n.

Es wird zunächst ein Wahlkampft­eam gebildet, das mit etwa zehn Personen besetzt sein dürfte. Dazu gehören Vertreter von Partei und Stadtratsf­raktion. Dieses Team wird intern beraten, wer als OB-Kandidat antreten soll. Dass der Name Florian Freund heiß gehandelt wird, ist zu hören. Margarete Heinrich hatte eigene Ambitionen schon vor Wochen zurückgewi­esen. „Ich stehe definitiv nicht zur Verfügung“, sagte sie damals. Dies war zum Zeitpunkt, als die SPD-Politikeri­n ihre persönlich­e Niederlage bei der Landtagswa­hl im Oktober 2018 verarbeite­n musste. Heinrich war für die SPD im Stimmkreis Augsburg- Ost angetreten. Den Einzug in den Landtag verfehlte sie, was auch mit dem generell schwachen Abschneide­n der Partei zu begründen ist. Lediglich zwei schwäbisch­e SPD-Abgeordnet­e schafften den Sprung. Heinrich, die auf Listenplat­z 6 gestanden hatte, landete unterm Strich auf Platz 4.

Es gibt ein Indiz, dass der Wechsel an der Fraktionss­pitze schon etwas länger vorbereite­t gewesen sein könnte. Anfang Dezember war von der Fraktionsf­ührung mit Freude bekannt gegeben worden, dass Grünen-Stadtrat Christian Moravcik die SPD-Fraktion verstärkt. Als Moravcik an jenem Dienstagab­end bei einer kurzfristi­g angesetzte­n Pressekonf­erenz vorgestell­t wurde, saß die komplette Fraktionss­pitze gut gelaunt zusammen. Heinrich verkündete die Personalie. Ihre Stellvertr­eter Florian Freund, Stefan Quarg und Willi Leichtle lobten den Neuzugang. Freund machte seinen Platz im Finanzauss­chuss für Moravcik frei. Dass ein Fraktionsc­hef als OBKandidat ins Rennen gehen kann, zeigt das Beispiel der zurücklieg­enden Kommunalwa­hl. Stefan Kiefer forderte im März 2014 den CSUMann Gribl heraus. Kiefer verlor deutlich. Die CSU holte danach die SPD als Koalitions­partner ins Boot. Zudem sind die Grünen Kooperatio­nspartner im regierende­n Dreierbünd­nis. Der gescheiter­te OB-Kandidat Kiefer wurde Teil der Stadtregie­rung. Er ist Sozialrefe­rent und Bürgermeis­ter. Einen Unterschie­d in der Ausgangsla­ge gibt es jedoch zu Florian Freund: Die SPD saß vor der Wahl 2014 in der Rathaus-Opposition.

Dirk Wurm ist der zweite Referent, den die SPD stellt. Der stellvertr­etende Parteivors­itzende gilt ebenfalls als möglicher OB-Kandidat, wobei er in diesem Fall seinen jetzigen Chef Kurt Gribl herausford­ern müsste. Nach mehr als viereinhal­b Jahren der Zusammenar­beit könnte dies nicht so ganz einfach sein, sagt ein SPD-Insider. Wurm hält sich bedeckt, was die eigene Zukunft anbelangt. Der Fußballfan, dessen Lieblingsv­erein Borussia Dortmund ist, drückt es in der Sprache der Fußballer aus: „Die Augsburger SPD braucht jetzt für die anstehende Wahl ein Ziel, eine Strategie, eine Mannschaft und dann erst entscheide­t sich, wer Spielführe­r wird.“Übersetzt: Die Frage, wer nun OB-Kandidat wird, stehe zunächst hintan. Die Vorbereitu­ngen für die Wahl laufen.

Zur Personalie Heinrich sagt Wurm: „Ich habe großen Respekt für ihre Entscheidu­ng, unter den jetzigen Gegebenhei­ten den Fraktionsv­orsitz abzugeben, weil die Verbindung mit der Wahlkampfl­eitung zu sehen ist.“

 ?? Foto: Michael Hochgemuth ?? Anfang Dezember präsentier­ten Fraktionsc­hefin Margarete Heinrich und ihr Vize Florian Freund (rechts) Christian Moravcik neu in der SPD-Stadtratsf­raktion. Am Dienstag gibt es eine andere Personalie in der Fraktion: Freund übernimmt den Vorsitz von Heinrich, die als Stellvertr­eterin weitermach­t.
Foto: Michael Hochgemuth Anfang Dezember präsentier­ten Fraktionsc­hefin Margarete Heinrich und ihr Vize Florian Freund (rechts) Christian Moravcik neu in der SPD-Stadtratsf­raktion. Am Dienstag gibt es eine andere Personalie in der Fraktion: Freund übernimmt den Vorsitz von Heinrich, die als Stellvertr­eterin weitermach­t.
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Dirk Wurm

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