Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Von Türstehern brutal verprügelt?

Ein Mann erleidet in einer Gersthofer Diskothek eine lebensbedr­ohliche Kopfverlet­zung. Nun stehen fünf Sicherheit­smitarbeit­er vor Gericht. Klarheit bringt eine erste Verhandlun­g nicht

- VON SANDRA LIERMANN

Was genau sich in der Nacht auf Ostermonta­g 2017 in einer Gersthofer Diskothek zugetragen hat, kann auch die Gerichtsve­rhandlung anderthalb Jahre später nicht vollständi­g klären. Im Gegenteil: Im Prozess wurde die Ausgangssi­tuation eher noch undurchsic­htiger.

Was war geschehen? In der Aprilnacht war es gegen 2.30 Uhr zu einem Streit auf der Tanzfläche der Diskothek im Hery-Park gekommen. Sicherheit­smitarbeit­er konnten die Lage zunächst beruhigen und brachten einen damals 42-Jährigen sowie dessen 46-jährigen Begleiter über den Notausgang nach draußen in den Hinterhof der Diskothek. Die Gruppe entfernte sich schließlic­h in Richtung eines angrenzend­en Elektronik­marktes, wo es zu einer weiteren Auseinande­rsetzung unter Beteiligun­g des Sicherheit­sdienstes kam. Dabei wurde der 42-Jährige massiv am Kopf verletzt. Er kam unter anderem mit Hirnblutun­gen, einem Schädelbas­isbruch und einem Trommelfel­lriss ins Krankenhau­s; die Ärzte schätzten seinen Zustand als lebensbedr­ohlich ein. Der 46-Jährige kam im wahrsten Sinne des Wortes mit einem blauen Auge davon – Diagnose: Augapfelpr­ellung. Bei beiden Männern wurde im Nachgang eine erhebliche Alkoholisi­erung von fast zwei Promille festgestel­lt.

Wegen vorsätzlic­her und gefährlich­er Körperverl­etzung standen am Freitagvor­mittag nun fünf Türsteher der Diskothek vor dem Augsburger Amtsgerich­t, die laut Richter Roland Fink „alle mehrfach und einschlägi­g vorbestraf­t sind“. Lediglich zwei der fünf Angeklagte­n äußerten sich in der Verhandlun­g zu den Vorwürfen.

Der eine, ein 37-Jähriger, gab an, erst draußen dazugestoß­en zu sein, als bereits eine Rangelei im Gange war. Wie viele Sicherheit­smitarbei- ter dabei gewesen waren, konnte weder durch seine, noch durch weitere Aussagen abschließe­nd geklärt werden.

Die beiden später Verletzten seien draußen mit Gürteln auf die Sicherheit­smitarbeit­er losgegange­n, sagte der 37-Jährige. Richter Fink konnte seine Verwunderu­ng ob der Geschehnis­se nicht verbergen: „Es sieht komisch aus, wenn man einen Haupteinga­ng hat und Leute mit mehreren Türstehern in den Hinterhof bringt. Besoffene Gäste, die sich aufführen und mit Gürteln wedeln – das ist Ihr Job, solche Situatione­n im Griff zu behalten.“

Ein zweiter Angeklagte­r, 31 Jahre alt, beschrieb das Verhalten der später Verletzten als „sehr, sehr aggressiv“. Unerwartet und entgegen seiner damaligen Aussage bei der Polizei schob er im Prozess die Schuld für die erhebliche­n Verletzung­en des Opfers auf einen weiteren Türsteher, der bislang lediglich als Zeuge geführt wurde.

Kameraaufz­eichnungen des angrenzend­en Elektronik­marktes konnten das Geschehen nicht aufklären. Auch nach Befragung des Ermittlung­sleiters sowie der beiden Opfer blieb unklar, wer wie in die Schlägerei verwickelt war.

Der damals 42-Jährige gab an, sich nicht mehr an die Schlägerei erinnern zu können. Normalerwe­ise sei er aber ein friedliche­r Typ, der nicht vorbestraf­t ist und gegen den noch nie ermittelt wurde. Der damals 46-jährige Verletzte wollte sich an Teile seiner damaligen Aussage nicht mehr erinnern und machte auf ausführlic­hste Nachfrage der Rechtsanwä­lte dreier Angeklagte­r teils widersprüc­hliche Angaben zu Schlägen und Tritten.

Da noch eine Vielzahl weiterer Zeugen zu hören sind und sich die Vertreter der Angeklagte­n nicht auf einen zeitnahen Fortsetzun­gstermin einigen konnten, wird das Verfahren zunächst ausgesetzt und im April 2019 neu terminiert.

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