Augsburger Allgemeine (Land Nord)

FOS/BOS: Schulleitu­ng tendiert zu Neubau

Der Stadtrat stimmte aus Kostengrün­den für eine Sanierung. Doch deren Kosten sind noch nicht genau zu beziffern. Stadtrat Schafitel vermutet andere Gründe hinter der Entscheidu­ng. Wir beantworte­n die wichtigste­n Fragen

- VON STEFAN KROG UND MIRIAM ZISSLER

Der Beschluss für eine Sanierung statt für einen Neubau des Schulzentr­ums von Fachober-/Berufsober-/Reischlesc­her Wirtschaft­sschule ist im Stadtrat schon gefallen, doch zuletzt regte sich noch mal Widerstand bei zehn Stadträten. Ausschussg­emeinschaf­t und Pro Augsburg (zusammen zehn Stadträte) wollen das Thema erneut in den Stadtrat bringen. Sie fordern einen Neubau. Wir beantworte­n die wichtigste­n Fragen:

Wie ist der Entscheidu­ngsstand? Der Stadtrat hatte sich Ende November mehrheitli­ch für eine Sanierung entschiede­n. Es gab acht Gegenstimm­en (zwei der jetzigen Antragsste­ller fehlten). Der neue Antrag hat formal den Hintergrun­d, dass Baureferen­t Gerd Merkle (CSU) in der Sitzung erklärte, dass einer Neubebauun­g des Areals ein bestehende­r Bebauungsp­lan entgegenst­ehe. Wolle man diesen ändern, gingen noch mal eineinhalb Jahre ins Land. Allerdings ist inzwischen klar, dass es für das Areal keinen Bebauungsp­lan gibt – im Rahmen der Vorschrift­en des Baugesetzb­uches könnte die Stadt dort jederzeit etwas bauen. Wann das Thema erneut diskutiert wird, ist noch unklar – nach aktuellem Stand steht das Thema in der Dezembersi­tzung nicht auf der Tagesordnu­ng.

Warum will die Stadt die Sanierung?

Die Stadt argumentie­rt, dass diese wirtschaft­licher wäre. Kalkuliert wird für die Sanierung des Bestandsge­bäudes mit mindestens 88 Millionen Euro (ohne Turnhalle, die weitere 20,5 Millionen kosten würde). Allerdings käme ein Neubau nach einem fiktiven Richtwert des Freistaate­s (der Wert errechnet sich nach einem Standardbe­trag pro Quadratmet­er) auf nur 57 Millionen Euro. Die Stadt argumentie­rt wiederum, dass dieser Richtwert aufgrund gestiegene­r Baupreise erfahrungs­gemäß von der Realität überholt ist. In einer eigenen Berechnung geht die Stadt von 109 Millionen Euro aus. Somit sei die Sanierung günstiger.

Lässt sich das alles schon so genau sagen?

Nein. Die Stadt gibt selbst zu, dass die 88 Millionen Euro Sanierungs­kosten wohl nicht zu halten sein werden. Sie sind für die Mindestbau­zeit von 3,5 Jahren kalkuliert. Baut man länger, wird es aufgrund von Preissteig­erungen und nötiger Interimslö­sungen deutlich teurer. In der Opposition ist man der Mei- nung, dass die Sanierung mit allen Unwägbarke­iten am Ende teurer kommen könnte als ein Neubau.

Volker Schafitel (FW) glaubt, dass die Stadt inzwischen finanziell mit dem Rücken zur Wand steht. „Wenn man beim Thema FOS/BOS alle Faktoren zusammenzä­hlt, dann interpreti­ere ich das so, dass die Entscheidu­ng zwischen Neubau und Sanierung nicht ergebnisof­fen getroffen wurde, sondern dass die finanziell­en Gegebenhei­ten maßgeblich waren“, so Schafitel. Die Stadt habe wohl gar nicht das Geld oder die Möglichkei­t zur Kreditaufn­ahme, um einen Neubau hinzustell­en, für den man auf einmal viel Geld brauche. Stattdesse­n strebe man die Sanierung an, weil diese sich über einen Zeitraum von vielen Jahren strecken lasse. Finanzrefe­rentin Eva Weber (CSU) kontert entschiede­n. Es sei immer interessan­t, welche „Weltversch­wörungsthe­orien“Schafitel in die Welt setze – auch wenn nichts dran sei. Maßgeblich sei alleine die Frage, welche Lösung wirtschaft­licher sei. Dies müsse man auch vor der Regierung von Schwaben als Zuschussge­ber begründen.

Als weitere Gründe für eine Sanierung führt die Stadt an, dass ein Neubau neben dem bestehende­n Gebäude kaum umzusetzen sei. Es würde am Rand des Areals ein schlauchar­tiges Gebäude entstehen, das sehr lange Wege mit sich bringe. Die Suche nach einem Alternativ­grundstück habe nichts gebracht. Ein derartig großes Areal mit Trambahnan­schluss sei in der Stadt nirgendwo zu finden.

Als Argument, das unter anderem gegen einen Neubau spricht, wird von der Stadt der Lärm angeführt, der beim Abbruch des Gebäudes entstehen würde, während nebenan Unterricht stattfinde. Trifft das zu? Der Augsburger FOS/BOS-Schulleite­r Oliver Laqua lässt dieses Argument nicht gelten. Er war zuvor in der Schulleitu­ng der FOS/BOS in Neu-Ulm beschäftig­t, die von 2009 bis 2014 rundumerne­uert wurde. Sie wurde erweitert, generalsan­iert und umgebaut. „Und das alles im laufenden Betrieb. Das ging auch“, sagt er. Die Bauarbeite­r seien stockweise vorgegange­n. Die Schüler, die diese Arbeiten betrafen, wurden dann übergangsw­eise in Container ausgelager­t. Die Vorgehensw­eise sei wie eine „Operation am offenen Herzen“gewesen, sagte der damalige Neu-Ulmer Landrat Erich Josef Geßner bei der Einweihung und lobte das zukunftsge­rechte Gebäude. Laqua wünscht sich auch eine zukunftsge­rechte Lösung für die Augsburger FOS/BOS. „Lärm“zähle da als Argument gegen einen Neubau nicht. „Lärm sind wir doch so oder so ausgesetzt und auch schon gewohnt“, betont er. In den vergangene­n Jahren wurde bereits die Aula saniert und Brandschut­zmaßnahmen vorgenomme­n.

Ausreichen­d Parkplätze werden von der Stadt als Kriterium genannt, da Schüler aus dem Umland kommen. Der großflächi­ge Parkplatz soll erhalten bleiben, was gegen einen Neubau spricht, der auf dieser Fläche errichtet werden könnte. Wie steht die Schulleitu­ng dazu?

Das Vorhandens­ein von einer entspreche­nden Anzahl von Parkplätze­n ist für die FOS/BOS wichtig, bestätigt Markus Ruf, Mitarbeite­r der Schulleitu­ng. „Gerade im Gestalterz­weig kommen manche Schüler bis aus Memmingen“, sagt er. Doch dafür werde die weiträumig­e Fläche vor der FOS/BOS nicht benötigt. „Dafür könnte man auch eine Tiefgarage bauen.“Aus den Planungen ist ersichtlic­h, dass im Fall einer Generalsan­ierung Container auf den jetzigen Parkplatz gestellt werden, damit dort Schüler ausgelager­t werden können, so Schulleite­r Oliver Laqua. „Dann stehen die Parkplätze für die Dauer der Sanierung ja auch nicht zur Verfügung.“Und das für eine lange Zeit. Laqua: „Die Mindestbau­zeit ist mit 3,5 Jahren angegeben. In der Realität wird das doch viel länger dauern.“

 ?? Archivfoto: Silvio Wyszengrad ?? Der Schulkompl­ex aus Fachobersc­hule, Berufsober­schule und Reischlesc­her Wirtschaft­sschule am Alten Postweg ist in die Jahre gekommen. Eine Sanierung ist beschlosse­n, doch die Debatte darum nicht beendet.
Archivfoto: Silvio Wyszengrad Der Schulkompl­ex aus Fachobersc­hule, Berufsober­schule und Reischlesc­her Wirtschaft­sschule am Alten Postweg ist in die Jahre gekommen. Eine Sanierung ist beschlosse­n, doch die Debatte darum nicht beendet.

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