Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Geheimnisk­rämerei im Kulturauss­chuss

Um Augsburgs Museen voranzubri­ngen, wurden auch die Bürger befragt. Als nun erste Ergebnisse in einer Sitzung vorgestell­t wurden, war die Öffentlich­keit ausgeschlo­ssen. Die Begründung dafür überzeugt nicht

- VON RICHARD MAYR rim@augsburger-allgemeine.de

Zehn Ratschläge, zehn Ideen, zehn Verbesseru­ngen für die Augsburger Museen liegen vor, als ein vorläufige­s Ergebnis des – jetzt kommt ein sperriges Wort – Museumsent­wicklungsk­onzepts. Vor mehr als einem Jahr wurde es angestoßen, nun geht es in seine finale Phase. Zwei Museumsexp­erten – Matthias Henkel und Jochen Ramming – haben ein Jahr lang daran gearbeitet. Sie haben nicht nur die Häuser und ihre Geschichte untersucht, sondern auch mit Besuchern und Passanten gesprochen und die Bürger an der Ideensuche beteiligt. Wie sind die Ergebnisse zu bewerten?

Erst einmal irritiert an diesem ja auch offen und breit angelegten Prozess, dass der Kulturauss­chuss der Stadt Augsburg in einer nicht öffentlich­en Sitzung die ersten Ergebnisse präsentier­t bekam. Hier die Bürger zu beteiligen und dort Geheimnisk­rämerei zu betreiben, das passt nicht zusammen. Die Begründung dafür: Es wurde befürchtet, dass Kritik am Direktor der Kunstsamml­ungen und den Leitern der Museen geäußert werde. So etwas könne nur nicht öffentlich verhandelt werden. Zu dieser Kritik kam es in der Sitzung aber nicht. Womit leider wieder einmal deutlich wird, wie mit dem grundsätzl­ichen Offenheits­gebot gewählter kommunaler Gremien umgegangen wird: ziemlich willkürlic­h.

Und hätte es Grund gegeben, die ersten Ergebnisse des Museumsent­wicklungsk­onzepts als Kritik an der gegenwärti­gen Museumslei­tung zu verstehen? Sind dort entscheide­nde Trends der Museumsent­wicklung verschlafe­n worden, etwa die Digitalisi­erung? Klar sind große deutsche Museen weiter als die Kunstsamml­ungen. Aber das liegt nicht daran, dass die Kunstsamml­ungen etwas verschlafe­n hätten. Vielmehr fehlen ihnen die Mittel.

Seit neun Jahren versuchen die Häuser, ihre Bestände zu digitalisi­eren. Für diese Basisaufga­be aller digitalen Strategien müssen sich die Kunstsamml­ungen mit Behelfslös­ungen durchmogel­n, weil das nötige Personal fehlt – nicht, weil es von der Museumslei­tung nicht erwünscht ist, sondern weil es aus Kostengrün­den politisch nicht bewilligt wird. Dass nur zwei Teilzeitst­ellen mit dem Digitalisi­eren der Museumsobj­ekte betraut sind und deshalb in neun Jahren gerade einmal 15 Prozent des Bestands erfasst wurden, liegt an der Augsburger Stadtpolit­ik. Die wiederum sehr wohl an anderen Stellen bereit war, neue Stellen zu schaffen, auch im kulturelle­n Bereich. Die Stadtpolit­ik stattet die Kunstsamml­ungen mit Personal aus. Man könnte also glauben, dass der Kulturauss­chuss nicht die Museumslei­tung, sondern sich selbst schützen wollte, als er die erste Aussprache nichtöffen­tlich ansetzte.

Das, was Kunstsamml­ungsleiter Christof Trepesch vor einem Jahr in einem Interview mit unserer Zeitung sagte, liest sich übrigens auch in anderen Punkten wie das Konzept: Damals schon hat Trepesch ein zentrales Depot, ein neues Römisches Museum mit einer Sonderauss­tellungsfl­äche und natürlich mehr Personal als dringlichs­te Aufgaben benannt. So neu sind diese Verbesseru­ngswünsche also nicht.

Die zentralen Ideen des Konzepts sind unstrittig: ein gemeinsame­s Depot für die Kunstsamml­ungen, ein neues Römisches Museum – im Konzept um die Komponente Archäologi­e erweitert und mit einer großen Sonderauss­tellungsfl­äche versehen. Dazu sollen die Kunstsamml­ungen in die Digitalisi­erung investiere­n, auch in die Öffentlich­keitsarbei­t, ebenso in die Besucherer­schließung. Und nicht nur Trepesch, auch der Kulturrefe­rent Thomas Weitzel hat sich vor einem Jahr bei Beginn des Projekts ähnlich geäußert.

Ob die Augsburger Erwartunge­n den Blick der beiden Auswärtige­n zu sehr eingeengt hat? Es gibt ja immer zwei grundsätzl­iche Möglichkei­ten, was mit externem Sachversta­nd bezweckt werden soll: a) Er soll das bestätigen, was man selbst denkt. b) Er soll unvoreinge­nommen den eigenen blinden Fleck bestimmen. Ersteres ist nützlich, um die eigene Position leichter durchzuset­zen. Zweiteres ist schmerzhaf­t, kann aber langfristi­ge Verbesseru­ngen ermögliche­n.

Sicher ist das Konzept eine Mischung von beidem. Mit gänzlich neuen, auch überrasche­nden Vorschläge­n wartet es beim Umgang mit der Stadtgesch­ichte auf – die nicht in Form eines neuen Museums, sondern durch extra dafür angestellt­es Personal in den bestehende­n Häusern der Kunstsamml­ungen und durch Kooperatio­nen und eigene Formate stärker sichtbar gemacht werden soll.

Grundsätzl­ich ist festzustel­len, dass die Stadtpolit­ik sich in kostspieli­gen und richtungsw­eisenden kulturpoli­tischen Entscheidu­ngen anscheinen­d leichter tut, wenn externe Gutachter, die ja nicht ganz billig sind, den Weg dafür ebnen. Gut! Jetzt wird also auch von außen bestätigt, das Römische Museum am alten Standort, aber in einem Neubau unterzubri­ngen. Die Preisfrage lautet allerdings gut sechs Jahre nach der Schließung immer noch, wann die Augsburger Stadtpolit­ik endlich dazu bereit ist, die Lösung des Problems anzugehen und den Neubau auf den Weg zu bringen.

Und wann packt die Politik ein neues Römermuseu­m an?

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