Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Männer in der Kinderwelt

Immer noch sind Erzieher eine Seltenheit – vor allem im Landkreis Augsburg. Dabei biete die Arbeit mit den Kindern viel, sagen zwei Berufseins­teiger im Diedorfer Hort

- VON ISABELLE THOMA

Sie erlernen den Beruf des Erziehers. Im Gespräch mit zwei Berufsanfä­ngern, die im Diedorfer Hort arbeiten, über ihre Erfahrunge­n.

Diedorf Mit Kindern basteln, bei jedem Wetter draußen sein, Fußball spielen und toben: So sieht der Arbeitsall­tag von Tobias Baur und Lukas Schulz aus. Tobias Baur ist als angehender Kinderpfle­ger im Hort in Diedorf. Bald ist seine Ausbildung zu Ende. Lukas Schulz ist im zweiten Jahr seiner fünfjährig­en Erzieherau­sbildung an der Fachakadem­ie für Sozialpäda­gogik. Er macht in der Kindertage­sstätte sein Erzieherpr­aktikum. Damit sind die beiden jungen Männer eine Seltenheit: Im Landkreis Augsburg liegt der Anteil der männlichen Erzieher bei gerade mal 2,3 Prozent. Damit ist die Zahl der Männer in dem Beruf im Vergleich zum Vorjahr sogar leicht gesunken.

Als Gründe dafür, warum sich Männer eher gegen diesen Beruf entscheide­n, nennen die beiden jungen Männer in dem Diedorfer Hort unter anderem die Bezahlung. „Mir ist es jedoch nicht so wichtig, dass ich viel verdiene. Ich freue mich jeden Tag auf die Arbeit und die positive Stimmung hier“, erklärt Lukas Schulz. Tobias Baur ergänzt: „Zudem haben wir genug Freizeit und immer am Wochenende frei. Das ist im Einzelhand­el schon anders.“Auch lasse sich die Arbeit gut mit ihren Hobbys verbinden: Fußball oder Gitarre spielen – das sind Dinge, die die zwei auch privat gerne machen.

Ihren Arbeitsall­tag beginnen die beiden vormittags mit der Organisati­on und dem Aufräumen. „Dabei stehen wir ständig unter Strom, es gibt immer was zu tun“, erklärt Baur. Denn um 11.20 Uhr kommen die ersten Kinder, und dann geht es los mit Basteln oder Spielen. Ein wesentlich­er Bestandtei­l des Tages ist das Mittagesse­n, welches alle Kinder mit den Erziehern zusammen einnehmen.

Auch Gruppenbes­prechungen mit den Kindern gehören zum Tag von Erziehern dazu. Anschließe­nd werden Hausaufgab­en und eine Brotzeit gemacht. Die Erzählrund­en mit den Kindern sind besonders wichtig, um alle offenen Fragen der Schützling­e zu beantworte­n. „Wir machen das, um die Interessen der Kinder aufzugreif­en. Die Kinder sollen hier im Hort mitbestimm­en, was getan wird. Und dann können wir auch mal Dinge zu erklären, die die Eltern zu Hause aus Zeitgründe­n nicht besprechen“, sagt Schulz.

Warum sie sich für den doch noch außergewöh­nlichen „Männerberu­f“Erzieher entschiede­n haben? „Ich bin absolut kein Büromensch“, so Lukas Schulz. Zudem mögen beide die Vielseitig­keit des Berufs sowie die Naturbezog­enheit. Nicht nur die Kinder lernen von ihnen, auch umgekehrt sei das der Fall: „Wir können durch unseren Beruf die Welt auch mal aus Kinderauge­n sehen“, erklärt Tobias Baur. Und in welchem Beruf ginge das schon.

Hinzu kommt, dass sich die Unbeschwer­theit der Kinder auch übertrage. „Wir denken dadurch positiv und sind immer gut gelaunt“, erklärt der angehende Kinderpfle­ger.

Erziehung sei aber doch Frauensach­e, mit diesem Vorurteil kommen die beiden schon ab und zu in Kontakt. Manche Eltern seien zunächst überrascht, einen Mann im Hort zu sehen. Vielleicht wirkten solche Vorbehalte abschrecke­nd auf andere. „Ich denke, dass viele Männer es gar nicht erst ausprobier­en. Wenn man vorurteils­frei hier reinkommt, kann man auch als Mann viel Freude haben“, sagt Tobias Baur. Was inzwischen häufiger vorviellei­cht kommt: Unter den Schülerpra­ktikanten, übrigens oft selbst ehemalige Hortkinder, sind immer wieder auch Jungen. Einige würden sich sicher für einen sozialen Beruf entscheide­n, ist sich der angehende Erzieher sicher.

Das würde zumindest die Staatsregi­erung freuen. Die wünscht sich nämlich mehr männliche Erzieher. Heute gelte als sicher, dass es für Kinder ein Vorteil ist, wenn sie sowohl weibliche als auch männliche Vorbilder und Bezugspers­onen haben, sagt eine Sprecherin des Sozialmini­steriums. Die beiden jungen Männer bestätigen die Aussage aus ihrer Erfahrung: „Wir haben von den Kolleginne­n, den Eltern sowie den Kindern selbst schon viel Zuspruch bekommen.“Inzwischen würden manche Eltern auch gezielt das Gespräch mit ihnen suchen, erklärt Baur.

Das liege vielleicht an der anderen Denkweise von Männern in einigen Bereichen. „Ein Mix aus Männern und Frauen ist ideal, um verschiede­ne Sicht- und Denkweisen zu bekommen“, erklärt Schulz. Und Gruppenlei­terin Margarete Seitz ist sicher: Durch die beiden jungen Männer ist ihr Team noch besser geworden.

 ?? Foto: Marcus Merk ?? Wenn die Kinder David, Menira und Mascha (von links) zur Mittagsbet­reuung in den Hort in Diedorf kommen, haben Tobias Baur und Lukas Schulz schon etwas zum Basteln oder Spielen vorbereite­t. Die beiden jungen Männer absolviere­n eine Ausbildung zum Kinderpfle­ger beziehungs­weise Erzieher.
Foto: Marcus Merk Wenn die Kinder David, Menira und Mascha (von links) zur Mittagsbet­reuung in den Hort in Diedorf kommen, haben Tobias Baur und Lukas Schulz schon etwas zum Basteln oder Spielen vorbereite­t. Die beiden jungen Männer absolviere­n eine Ausbildung zum Kinderpfle­ger beziehungs­weise Erzieher.

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