Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Männer in der Kinderwelt
Immer noch sind Erzieher eine Seltenheit – vor allem im Landkreis Augsburg. Dabei biete die Arbeit mit den Kindern viel, sagen zwei Berufseinsteiger im Diedorfer Hort
Sie erlernen den Beruf des Erziehers. Im Gespräch mit zwei Berufsanfängern, die im Diedorfer Hort arbeiten, über ihre Erfahrungen.
Diedorf Mit Kindern basteln, bei jedem Wetter draußen sein, Fußball spielen und toben: So sieht der Arbeitsalltag von Tobias Baur und Lukas Schulz aus. Tobias Baur ist als angehender Kinderpfleger im Hort in Diedorf. Bald ist seine Ausbildung zu Ende. Lukas Schulz ist im zweiten Jahr seiner fünfjährigen Erzieherausbildung an der Fachakademie für Sozialpädagogik. Er macht in der Kindertagesstätte sein Erzieherpraktikum. Damit sind die beiden jungen Männer eine Seltenheit: Im Landkreis Augsburg liegt der Anteil der männlichen Erzieher bei gerade mal 2,3 Prozent. Damit ist die Zahl der Männer in dem Beruf im Vergleich zum Vorjahr sogar leicht gesunken.
Als Gründe dafür, warum sich Männer eher gegen diesen Beruf entscheiden, nennen die beiden jungen Männer in dem Diedorfer Hort unter anderem die Bezahlung. „Mir ist es jedoch nicht so wichtig, dass ich viel verdiene. Ich freue mich jeden Tag auf die Arbeit und die positive Stimmung hier“, erklärt Lukas Schulz. Tobias Baur ergänzt: „Zudem haben wir genug Freizeit und immer am Wochenende frei. Das ist im Einzelhandel schon anders.“Auch lasse sich die Arbeit gut mit ihren Hobbys verbinden: Fußball oder Gitarre spielen – das sind Dinge, die die zwei auch privat gerne machen.
Ihren Arbeitsalltag beginnen die beiden vormittags mit der Organisation und dem Aufräumen. „Dabei stehen wir ständig unter Strom, es gibt immer was zu tun“, erklärt Baur. Denn um 11.20 Uhr kommen die ersten Kinder, und dann geht es los mit Basteln oder Spielen. Ein wesentlicher Bestandteil des Tages ist das Mittagessen, welches alle Kinder mit den Erziehern zusammen einnehmen.
Auch Gruppenbesprechungen mit den Kindern gehören zum Tag von Erziehern dazu. Anschließend werden Hausaufgaben und eine Brotzeit gemacht. Die Erzählrunden mit den Kindern sind besonders wichtig, um alle offenen Fragen der Schützlinge zu beantworten. „Wir machen das, um die Interessen der Kinder aufzugreifen. Die Kinder sollen hier im Hort mitbestimmen, was getan wird. Und dann können wir auch mal Dinge zu erklären, die die Eltern zu Hause aus Zeitgründen nicht besprechen“, sagt Schulz.
Warum sie sich für den doch noch außergewöhnlichen „Männerberuf“Erzieher entschieden haben? „Ich bin absolut kein Büromensch“, so Lukas Schulz. Zudem mögen beide die Vielseitigkeit des Berufs sowie die Naturbezogenheit. Nicht nur die Kinder lernen von ihnen, auch umgekehrt sei das der Fall: „Wir können durch unseren Beruf die Welt auch mal aus Kinderaugen sehen“, erklärt Tobias Baur. Und in welchem Beruf ginge das schon.
Hinzu kommt, dass sich die Unbeschwertheit der Kinder auch übertrage. „Wir denken dadurch positiv und sind immer gut gelaunt“, erklärt der angehende Kinderpfleger.
Erziehung sei aber doch Frauensache, mit diesem Vorurteil kommen die beiden schon ab und zu in Kontakt. Manche Eltern seien zunächst überrascht, einen Mann im Hort zu sehen. Vielleicht wirkten solche Vorbehalte abschreckend auf andere. „Ich denke, dass viele Männer es gar nicht erst ausprobieren. Wenn man vorurteilsfrei hier reinkommt, kann man auch als Mann viel Freude haben“, sagt Tobias Baur. Was inzwischen häufiger vorvielleicht kommt: Unter den Schülerpraktikanten, übrigens oft selbst ehemalige Hortkinder, sind immer wieder auch Jungen. Einige würden sich sicher für einen sozialen Beruf entscheiden, ist sich der angehende Erzieher sicher.
Das würde zumindest die Staatsregierung freuen. Die wünscht sich nämlich mehr männliche Erzieher. Heute gelte als sicher, dass es für Kinder ein Vorteil ist, wenn sie sowohl weibliche als auch männliche Vorbilder und Bezugspersonen haben, sagt eine Sprecherin des Sozialministeriums. Die beiden jungen Männer bestätigen die Aussage aus ihrer Erfahrung: „Wir haben von den Kolleginnen, den Eltern sowie den Kindern selbst schon viel Zuspruch bekommen.“Inzwischen würden manche Eltern auch gezielt das Gespräch mit ihnen suchen, erklärt Baur.
Das liege vielleicht an der anderen Denkweise von Männern in einigen Bereichen. „Ein Mix aus Männern und Frauen ist ideal, um verschiedene Sicht- und Denkweisen zu bekommen“, erklärt Schulz. Und Gruppenleiterin Margarete Seitz ist sicher: Durch die beiden jungen Männer ist ihr Team noch besser geworden.